Obdachlosigkeit ist ein großes Thema Neue Sozialarbeiterin in Königswinter tritt in große Fußstapfen

Königswinter · Seit rund vier Wochen ist Anja Neukirchner die neue Sozialarbeiterin in Königswinter. Eine erste Beobachtung hat die 33-Jährige bereits gemacht: In der Siebengebirgsstadt ist die Bedrohung, aufgrund von Schulden obdachlos zu werden, hoch.

 Die neue Sozialarbeiterin Anja Neukirchner (links) und ihre Chefin Hildegard Walter.

Die neue Sozialarbeiterin Anja Neukirchner (links) und ihre Chefin Hildegard Walter.

Foto: Frank Homann

Tiefe Spuren hat Alfred Kurschilgen in seinen vielen Jahren als Sozialarbeiter in Königswinter hinterlassen, bis er vor einem Jahr in Rente ging. Da hat es eine 33-Jährige, die aus Cottbus kommt, als Nachfolgerin naturgemäß erst einmal nicht ganz leicht. Doch Anja Neukirchner vermittelt nicht den Eindruck, als ob ihr vor der Aufgabe im Siebengebirge ernsthaft bange wäre.

„Sie tritt in große Fußstapfen. Aber sie hat sich bereits toll eingearbeitet und ein Netzwerk geschaffen“, sagt Hildegard Walter, die Geschäftsbereichsleiterin Soziales in der Königswinterer Verwaltung. Durch die Flüchtlingswelle beschäftigt die Stadt zurzeit neben Neukirchner als Sozialarbeiterin für den allgemeinen Bereich drei weitere Sozialarbeiter im Bereich Asyl, die nach Kurschilgens Ausscheiden dessen Aufgaben vorübergehend mitbetreuten. Sind die Asylbewerber erst einmal anerkannt, fallen sie ab sofort in die Zuständigkeit von Anja Neukirchner.

Zu ihren Aufgaben gehört generell die Unterstützung von Hilfesuchenden in den verschiedensten schwierigen Lebenslagen. „Ich versuche, Menschen in Notlagen zu helfen, ihre Probleme eigenständig zu lösen. Wenn ich nicht mehr gebraucht werde, habe ich meinen Job gut gemacht“, sagt sie.

Vermittlerin und Helferin in Notlagen

Trotz ihres jungen Alters hat sie bereits einige sehr unterschiedliche Stationen in ihrer Vita aufzuweisen. Nach dem Studium „Soziale Arbeit“ in Cottbus war sie in einer Schutzeinrichtung für Kinder und Jugendliche tätig, dann als Fallmanagerin in einem Jobcenter und zuletzt beim Jugendamt der Stadt Cottbus im Allgemeinen Sozialdienst und im Bereich Hilfen zur Erziehung, wo sie es auch mit Kinderschutzfällen zu tun hatte.

Die Stelle des Sozialarbeiters ist zwar keine Pflichtaufgabe der Kommune, sondern eine freiwillige Leistung, dadurch aber nicht weniger notwendig. „Königswinter hat den wahnsinnigen Vorteil, dass es diese Stelle hier gibt. Ich sehe mich als Vermittlerin, um die oft verwirrende Bürokratie aufzudröseln“, sagt Neukirchner. „Oft wissen die Leute nicht, wer ihr Ansprechpartner ist. Jetzt gibt es bei der Stadt wieder jemanden, der ihnen helfen kann“, so Walter.

Einige überraschende Erfahrungen hat Anja Neukirchner in ihren ersten vier Wochen in Königswinter auch schon gesammelt. „Die Bedrohung von Obdachlosigkeit aufgrund von Schulden ist hier ein relativ großes Thema“, sagt sie. Wie zum Beispiel die alleinerziehende Mutter mit ihren drei Kindern, die in eine nicht selbst verschuldete Notlage geraten ist und von ihrem Vermieter auf die Straße gesetzt wird. „Da bekommt man kurz erhöhten Puls. Denn wir können ja leider auch nicht zaubern und eine Schublade aufziehen, in der eine Wohnung oder Geld drin sind.“

Mit mindestens zwei derartigen Fällen pro Woche habe sie bisher in Königswinter zu tun gehabt. Solche Zustände kennt sie aus Cottbus nicht. „Da gibt es einfach mehr Sozialwohnungen“, sagt sie. Auch aus dem wahren Grund, weshalb sie vom Spreewald ins Siebengebirge übergesiedelt ist, macht Anja Neukirchner kein Geheimnis. „Ich bin der Liebe wegen ins Rheinland gezogen“, sagt sie. Das Siebengebirge hat sie auch nach Feierabend immer im Blick – sie wohnt in Alfter.

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