So gesehen Hänsel am Flughafen

Meinung | Bonn · Gepäckrückgabe nach einem märchenhaften System hat GA-Redakteurin Katrin Janßen am Airport Köln/Bonn beobachtet. Eine Kolumne.

 Gepäck auf einem Förderband am Airport: Jeder Fluggast hofft, dass nicht ausgerechnet sein Koffer verloren geht.

Gepäck auf einem Förderband am Airport: Jeder Fluggast hofft, dass nicht ausgerechnet sein Koffer verloren geht.

Foto: picture alliance / dpa

Erinnern wir uns an unsere Kinderzeit: Hänsel und Gretel wurden von der Stiefmutter in den dunklen Wald hinausgeschickt. Aber zumindest beim ersten Mal fanden die Kinder sicher zurück nach Hause, weil Hänsel kleine Steine fallen ließ. Diese Spur konnten sie zurückverfolgen.

Nun ist der Köln/Bonner Flughafen nicht gerade ein dicht belaubter dunkler Wald. Aber verwirrend kann er vielleicht doch sein. Was dann wiederum die Szene erklären könnte, die sich dort am Samstagabend abspielte. Gerade eingetroffen: der Flug aus Tegel. Und weil es sich um eine kleine Maschine handelte und diese auch fast ausgebucht war, hatte ein Teil der Fluggäste sein Handgepäck vor dem Einsteigen in Berlin am Flieger abgeben müssen – es wurde gemeinsam mit den Koffern im Bauch der Maschine verstaut.

In Bonn wurden die Fluggäste gebeten, in der Nähe des Gebäudes an der Rollbahn zu warten, das Handgepäck werde direkt geliefert. Aufatmen, der schnelle Fluchtweg über die extra dafür vorgesehene Tür schien gesichert. Erst recht, als tatsächlich das Handgepäck, Stück für Stück, aus dem Flieger geholt und mit Schwung auf den kleinen Flughafenwagen mit Anhänger geladen wurde. Schwupps, alles rein und ordentlich aufs Gas gedrückt.

Doch offensichtlich machte sich der Fahrer Sorgen, ob er anschließend auch den Weg zurück zum Flieger finden würde, um das restliche Gepäck abzuholen. Jedenfalls verzichtete er darauf, die hintere Klappe des Anhängers zu schließen, und so plumpste bei der flotten Fahrt zu den Wartenden zu deren Entsetzen alle zwei Meter ein Koffer auf die Fahrbahn – bis zum „Endhaltepunkt“.

Eines hatte der Fahrer dabei jedoch nicht bedacht: So wie Hänsel beim zweiten Mal Brotkrumen streute, die von Vögeln gefressen wurden, so haben Koffer auf Flughäfen offenbar eine ähnliche Wirkung auf deren Mitarbeiter: Diese sprinteten sofort los, um die verstreuten Gepäckstücke einzusammeln und mit reuigem Blick ihren Besitzern zu bringen.

Bleibt nur noch die Frage, ob der arme Hänsel je den Weg zurück zum Flieger gefunden hat. Oder ob er noch übers Rollfeld irrt. Und daher auch heute noch ein Häufchen Fluggäste an einem Rollband sitzt und darauf wartet, dass auch ihr Gepäck irgendwann wieder auftaucht.

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