Befragung in Königswinter Händler schrecken vor Online-Handel zurück

KÖNIGSWINTER · Die Zukunft des Einzelhandels ist digital, ist Andreas Pätz von der Wirtschaftsförderungsgesellschaft überzeugt. Bei den Einzelhändlern herrscht jedoch große Skepsis, wie eine Befragung der Uni Bonn gezeigt hat.

„Die Zukunft des Einzelhandels ist digital“, sagte Andreas Pätz, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderungs- und Wohnungsbaugesellschaft Königswinter (WWG). Im alten Stadttheater stellte er die Ergebnisse der Händlerbefragung unter dem Motto „Wie digital ist der Einzelhandel in Königswinter?“ vor.

Frederic Ostermann von der Universität Bonn hatte die Erhebung mit Unterstützung der WWG erstellt. Denn: „Um in der Zukunft wettbewerbsfähig zu sein, ist es für den stationären Einzelhandel wichtig, sich digital aufzustellen“, so Ostermann.

Von den 120 angeschriebenen Einzelhändlern aus der Altstadt und aus Oberpleis nahmen 42 an der Befragung teil. Die meisten stammen aus der Branche der Dienstleistungen. Festgestellt wurde durch die Erhebung auch: Viele Fachhändler verfügen über eine geringe Verkaufsfläche.

Ostermann: „Viele Selbstständige und Fachhändler bedeuten zwar ein hohes Maß an Individualität, jedoch fehlen große Ketten als Magnetbetriebe, die Laufkundschaft anziehen und von denen Einzelunternehmen profitieren können. Deshalb sind innovative Ideen notwendig.“

Fast alle Befragten finden einen Internetauftritt sinnvoll

Der Stand der Digitalisierung ist sehr unterschiedlich. 31 Händler besitzen eine eigene Homepage, bei einem ist sie in Planung, so gut wie alle Befragten sind bei Facebook präsent. Ein Internetauftritt wird als sinnvoll angesehen – allerdings investieren die meisten Händler monatlich nur weniger als 30 Minuten in die Pflege ihres Internetauftritts.

Mangelnde Zeit ist auch der häufigste Grund, auf den eigenen Internetauftritt zu verzichten. Entsprechend sehen die Zahlen für den Online-Verkauf aus. 27 der 42 Befragten bieten ihre Produkte und Dienstleistungen nicht im Internet an. 13 bejahten diese Frage, bei zwei Händlern ist ein Internetverkauf in Planung. Sieben verwenden ihren eigenen Online-Shop zum Vertrieb. Ostermann: „Der eigene Online-Shop ist der beliebteste Verkaufskanal der Händler, weit vor der Nutzung des Branchenriesen Amazon.“

Fehlendes Know-how und technische Komplexität sind Hindernisse für den eigenen Online-Handel. Fazit: „Eine wesentliche Aufgabe wird darin bestehen, Händlern die Angst vor dem fehlenden digitalen Fachwissen sowie vor dem hohen finanziellen und zeitlichen Aufwand zu nehmen.“

Händler sind nicht ausreichend informiert

Eine Erkenntnis aus der Studie: „Größtenteils haben sich die Händler gar nicht mit den digitalen Möglichkeiten auseinandergesetzt und wissen nicht um die sich bietenden Chancen. Insbesondere sind der Online-Kauf, die Online-Reservierung und die Vor-Ort-Abholung zu nennen, mit denen sich erst wenige Händler beschäftigt haben.“

Die Befragung lässt auch erkennen: Dem Wissen um die große Bedeutung der Digitalisierung steht die Praxis entgegen. „Nur die wenigsten handeln so, dass sie in Zukunft digital aufgestellt sind.“ Die Meinung der Händler zur Digitalisierung und zur Zukunft des Einzelhandels sei pessimistisch.

Die Studie sagt aus: „Viele sehen den Einzelhandel in Königswinter schlecht aufgestellt. Doch anstatt konkrete Unterstützungswünsche zu benennen, lehnen drei Viertel der Händler Hilfsangebote ab.“

Händler sind sich uneinig über Machbarkeit

In der Diskussion sagte ein Teilnehmer, der zeitliche Aufwand sei nicht machbar. „Dann ist man weder on- noch offline.“ Er sah eher die Gefahr, dass der stationäre Handel und damit auch das Stadtbild unter dem Online-Handel leiden würde.

Ein anderer Händler indes war begeistert. Ursprünglich hatte er sich auf das Online-Terrain begeben, um jahreszeitlich flaue Zeiten zu überbrücken. Mittlerweile sei das ein wichtiger Umsatzfaktor. Er riet den Kollegen, sich einen Experten zu holen. „Ich beschäftige mich 20 bis 40 Stunden pro Woche mit meinem Online-Handel.“

Werbekreisvorsitzender Wilfried Thomas meinte: „Die Sache ist so komplex, dass man nicht direkt 'Ja' zum Online-Handel sagt. Die Einzelhändler wissen, ein bisschen Hilfe wird nicht reichen.“ Einige Händler signalisierten am Ende ihre Bereitschaft, sich in einer Arbeitsgruppe mit dem Thema digitaler Wandel zu beschäftigen.

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