Vorkaufsrecht für Grundstück Eigentümer in Berghausen entsetzt über Vorgehen der Politik

Siebengebirge · Die Königswinterer Politik lässt ein Vorkaufsrecht für die ehemalige Gaststätte „Müller's Marie“ in Berghausen prüfen. Die Eigentümer sind entsetzt darüber, dass zuvor überhaupt nicht mit ihnen gesprochen wurde.

 Cigdem Yildizbas und ihr pflegebedürftiger Mann Osman vor der ehemaligen Gaststätte Müller's Marie.

Cigdem Yildizbas und ihr pflegebedürftiger Mann Osman vor der ehemaligen Gaststätte Müller's Marie.

Foto: Frank Homann

Als am Dienstag ein Fotograf um ihr Haus in Berghausen schlich, um Aufnahmen zu machen, hatte Cigdem Yildizbas bereits ein ungutes Gefühl. Als sie später erfuhr, dass die Stadt zurzeit prüft, ob die Ausübung des Vorkaufsrechts für ihr Grundstück an der Berghausener Straße möglich ist, war sie vollends fassungslos.

Hintergrund: Die Koalition (CDU, FDP, GAK) hatte am Montag den Antrag im städtischen Haupt-, Personal- und Finanzausschuss gestellt. Das in Rede stehende Grundstück befinde sich schließlich in unmittelbarer Nachbarschaft zum Dorfplatz in zentraler Lage und biete eine optimale Möglichkeit, die in städtischer Hand befindliche Gemeinbedarfsfläche zu erweitern, hieß es. Das Grundstück habe zudem bereits mehrfach zum Verkauf gestanden. Ein Vorkaufsrecht kann nur ausgeübt werden, wenn ein Grundstück verkauft werden soll und ein Gemeinbedarf besteht.

"Das Gebäude verfällt"

„Das Gebäude verfällt zusehends“, sagte CDU-Ratsmitglied Roman Limbach im Ausschuss. Auch sein Fraktionschef Josef Griese wies auf die Nähe zum Dorfplatz hin, den der Bürgerverein „sehr gut möbliert hat und auch unterhält“. Björn Seelbach (SPD) wunderte sich allerdings, warum man denn dann nicht direkt in Kaufverhandlungen mit dem Eigentümer eintrete. „Es ist nicht klar, wie die Eigentumsverhältnisse sind und ob es Verkaufsabsichten gibt. In dieser Lage ein Grundstück zu haben, wird jedoch niemals zum Nachteil der Stadt sein“, antwortete Limbach.

Eigentümer sind entsetzt

Die Eigentümer aber sind entsetzt, dass über ihr Grundstück gesprochen wird, ohne dass zuvor mit ihnen selbst geredet wurde. Von 1990 bis 2008 führten sie die Gaststätte „Müller's Marie“, nachdem ihre Vorgängerin Maria Müller aufgehört hatte und das Gebäude nebst Saal an sie verkauft hatte. Den Namen „Müller's Marie“ behielten sie bei. „Keiner wollte die Kneipe damals übernehmen“, sagt Cigdem Yildizbas.

Die 64-Jährige und ihr vier Jahre älterer Mann Osman hatten vorher das Hotel Soentgen an der Siegburger Straße in Oberpleis geführt, anschließend den Kiosk am Busbahnhof. „Wir suchten damals in Oberpleis eigentlich nur eine größere Wohnung, weil ich schwanger war. Das Hotel Soentgen war das einzige, was wir gefunden haben. Dort konnten wir auch wohnen“, erzählt die Türkin.

In Berghausen setzten sie dann ihre gastronomische Karriere fort. „Freundinnen aus Berghausen hatten mir erzählt, dass dort ein neuer Gaststättenbetreiber gesucht wird“, so Yildizbas. Als erstes großes Ereignis erinnert sie sich an die Wahl des Berghauseners Herbert Krämer zum Königswinterer Bürgermeister, als ihre Kneipe voll war und kräftig gefeiert wurde. Erst im Juli 2008 endete für Cigdem und Osman ihre Zeit als Wirte.

Überlegungen zum Verkauf

Ihr Sohn Arda führte den Betrieb noch für kurze Zeit weiter. „Aber er hat ebenso wenig Unterstützung wie wir bekommen“, sagt seine Mutter. Drei Gründe waren für sie und ihren Mann fürs Aufhören ausschlaggebend: Gesundheitliche Probleme, finanzielle Schwierigkeiten und die Auflagen der Stadt. So hätten Yildizbas gerne wieder den Dorfsaal in Betrieb genommen, erhielten jedoch wegen baulicher Mängel und fehlender Toiletten keine Genehmigung.

Das neue Dach für rund 50 000 Mark hätten sie sich sparen können. Im Gegenteil: Die Stadt befürchtete sogar, dass der Saal irgendwann einstürzen würde und schickte einen Bauamtsmitarbeiter. „Der hat damals alle unsere Pläne mitgenommen. Die habe ich niemals wiedergesehen“, sagt Cigdem Yildizbas. Als sie vorübergehend ihre Rechnungen für Strom und Gas nicht bezahlen konnten, habe es schon die Überlegung gegeben, das Haus zu verkaufen. Angebote habe es genug gegeben. 120 000 Euro habe man ihr geboten.

"Wir wollen hier wohnen bleiben"

Zwischenzeitlich drohte sogar eine Zwangsversteigerung durch die Banken. „Aber ich habe immer gekämpft und es geschafft. Jetzt ist das Haus schuldenfrei“, sagt sie. Das gefalle jedoch offensichtlich einigen Leuten in Berghausen nicht. „Sie wollten, dass wir das Haus billig verkaufen.“

Spätestens seit ihr Mann schwer erkrankte – er leidet an Parkinson und Demenz, ist ein Pflegefall – war der Verkauf endgültig vom Tisch. „Wir wollen hier wohnen bleiben und das Erdgeschoss so umbauen, dass mein Mann dort schlafen kann und nicht mehr die Treppen gehen muss“, sagt sie. Dass das Haus von außen keinen schönen Anblick bietet, was einigen Berghausenern offensichtlich ein Dorn im Auge ist, muss angesichts der schwierigen Situation zurückstehen.

Immer guten Willen gezeigt

Für Arbeiten an ihrem Haus müsse sie Handwerker aus Nachbarorten beauftragen, weil benachbarte Betriebe sich nicht rühren würden. Den Grund glaubt sie zu kennen: „Die wollen ja selber unser Haus kaufen.“ Einige Berghausener hätten einen Teil ihres Grundstückes auch als Müllhalde für ihre alten Reifen genutzt.

Cigdem Yildizbas beteuert, sie habe immer guten Willen gezeigt. „Wir haben zum Beispiel den Saal der Stadt als Flüchtlingsunterkunft angeboten. Und wir stellen auch unseren Parkplatz gerne zur Verfügung“, sagt sie. Dass es so gekommen ist, wie es jetzt ist, versteht sie nicht. Sie schätze viele Menschen in Berghausen wie den Altbürgermeister Herbert Krämer. Sie verstehe aber nicht, dass andere Menschen nach ihrem Eigentum trachten und dabei in der Politik auch noch Unterstützung finden.

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