Ausstellung im Haus Schlesien Biografischer Blick auf einen Sehnsuchtsort

HEISTERBACHERROTT · Eine neue Sonderausstellung im Haus Schlesien in Heisterbacherrott ist der europäischen Kulturhauptstadt Breslau gewidmet.

 Geduld ist Trumpf: Der Weimarer Künstler Michael Merkel hat für die Ausstellung im Haus Schlesien Landkarten in unzählige Puzzlestücke unterteilt. Nicola Remig (r.) und Bernadett Fischer helfen beim Zusammensetzen.

Geduld ist Trumpf: Der Weimarer Künstler Michael Merkel hat für die Ausstellung im Haus Schlesien Landkarten in unzählige Puzzlestücke unterteilt. Nicola Remig (r.) und Bernadett Fischer helfen beim Zusammensetzen.

Foto: Frank Homann

„Breslau persönlich“: 50 Zitate ermöglichen in der neuen Sonderausstellung im Haus Schlesien biografische Blicke auf die europäische Kulturhauptstadt 2016. Wer die Schau besucht, unternimmt einen Spaziergang zu 17 besonderen Orten und Vierteln der Stadt, die durch Fotos und Bilder, durch Gegenstände und vor allem durch Zitate von jungen und älteren Breslauern, von Einheimischen und Durchreisenden, Deutschen und Polen, bekannten und unbekannten Menschen, aber auch von bereits verstorbenen Persönlichkeiten beschrieben werden.

Das Besondere: Jeder Besucher kann an einer Zettelwand kundtun, was er mit dieser Stadt verbindet. Bereits kurz nach der Eröffnung der Ausstellung hing ein erstes Blatt mit einer Zeichnung und Erklärung in Kinderschrift an der Tafel: „Rübezahl – euer Arne – hihihi“.

Professor Michael Pietsch, Erster Vizepräsident des Vereins Haus Schlesien, sagte anlässlich der Vernissage: „Breslau war nach der Vertreibung über Jahrzehnte der Sehnsuchtsort der Schlesier.“ Und heute? Nach der politischen Wende könne ein Schlesier seine Sehnsucht ganz unproblematisch stillen. Denn Breslau liege sozusagen um die Ecke, sei ohne Formalitäten erreichbar.

Nicola Remig, Leiterin des Dokumentations- und Informationszentrums für schlesische Landeskunde, betonte: „Wir möchten, dass die Ausstellungsbesucher an Bedeutendes aus der deutschen Vergangenheit von Breslau erinnert werden, dass sie aber auch angeregt werden, das – trotz seiner mehr als tausendjährigen Geschichte – junge Wroclaw zu entdecken, das von vielen Hochschulen und damit einer jungen Bevölkerung, von internationalen Firmensitzen und einer vielseitigen Kultur- und Kunstszene gekennzeichnet ist.“

Diese Ausstellung und zahlreiche begleitende Aktionen machen Lust darauf, die Odermetropole kennenzulernen. Die Studienreise ist zwar bereits ausgebucht. Geplant sind aber zudem eine Tagung und ein Fotowettbewerb, es geht um Mordsgeschichten, und der emeritierte Erzbischof von Köln, Joachim Kardinal Meisner, kommt zum Prominentengespräch ins Haus Schlesien. Der gebürtige Breslauer Kirchenmann ist ebenso wie der Oberbürgermeister des heutigen Wroclaw, Rafal Dutkiewicz, Schirmherr der Ausstellung. Dessen Botschaft lautete: „Breslau ist die Stadt der Vertreibungen, die Stadt der Versöhnung und der Begegnungen.“

Ministerialrat Thomas Lindner, der Vertreter der Bundesbeauftragten für Kultur und Medien, betonte: „Diese Ausstellung bringt uns Geschichte, Kunst, Architektur und vielleicht auch ein Stück Atmosphäre Breslaus menschlich nahe. Geradezu im Wortsinne erfüllt sie damit die Aufgabe des Erinnerungstransfers, also der Überführung der 'gelebten Erinnerung' in dauerhafte Formen der gesellschaftlichen Erinnerung und Wahrnehmung.“

Erhalt, Erforschung und Präsentation des Kulturerbes der Deutschen im östlichen Europa hätten auch weiterhin einen herausgehobenen Stellenwert. Ganz persönlich wurde es, als Hubert Wolff, Vorsitzender der Bundesvereinigung der Breslauer, über seine Kindheitserinnerungen berichtete.

Hier waren dann auch solche Episoden wie die von Magda Maruck zu entdecken. Sie hatte nach einem Besuch im Hauptgebäude der Universität den abgebrochenen Daumen der Klugheit auf der Straße gefunden. Eine der Sandsteinfiguren der vier Kardinalstugenden über dem Portal des Gebäudes hatte einen Arm verloren. Ihr Bericht endet mit dem Satz: „Inzwischen zeigt sich die Klugheit sorgfältig restauriert, ihren alten Daumen aber bewahren wir ehrfürchtig auf.“ Für die Zeit der Sonderausstellung befindet er sich jedoch in einer Vitrine im Haus Schlesien.

Die Ausstellung „Breslau persönlich“ ist bis zum 11. September im Haus Schlesien in Heisterbacherrott, Dollendorfer Straße 412, zu sehen. Weitere Infos im Internet unter www.hausschlesien.de.

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