Lokal in Oberdollendorf Bauernschenke ist Geschichte

Oberdollendorf · Das Dollendorfer Traditionsgasthaus Bauernschenke hat nach 90 Jahren im Familienbesitz geschlossen. Die weitere Zukunft des Betriebs ist ungewiss.

 Seit einigen Tagen empfängt die Bauernschenke keine Gäste mehr.

Seit einigen Tagen empfängt die Bauernschenke keine Gäste mehr.

Foto: Hansjürgen Melzer

Jeder Königswinterer kennt die Bauernschenke in Oberdollendorf. Seit einigen Tagen hat eine der traditionsreichsten Gaststätten der Stadt geschlossen. Die Zukunft des Betriebes an der Heisterbacher Straße ist ungewiss.

Silke Zimmer ist untröstlich. Die Heinrich Weiler und Bernd König Grundbesitzgesellschaft mit Sitz in Königswinter, Eigentümer der Immobilie, hat Zimmers Vertrag als Geschäftsführerin zum 20. September gekündigt. 90 Jahre hat Silke Zimmers Familie in drei Generationen die Bauernschenke bewirtschaftet, die meiste Zeit als Eigentümer. Im Jahr 2009 folgte der Eigentumswechsel, als die Familie wirtschaftliche Probleme bekam. Die Bauernschenke wurde in eine Kommanditgesellschaft überführt. Die beiden Kommanditisten ernannten Silke Zimmer zur Geschäftsführerin. Jetzt beendeten sie das Vertragsverhältnis. Auf Nachfrage beim Eigentümer war am Donnerstag lediglich Heinrich Weilers Sohn zu erreichen: Eine Auskunft könne nur sein Vater nach dessen Rückkehr aus dem Urlaub geben - in drei Wochen.

"Die Familie Zimmer verabschiedet sich damit definitiv von der Bauernschenke", sagt Silke Zimmer. Allein diese Worte kosten sie viel Kraft. Ihr Herz hängt an dem Haus, das so lange Familienbetrieb war und das sie in den vergangenen 16 Jahren geführt hat. "Ich bedaure das wirklich zutiefst und bedanke mich bei unseren Gästen", sagt sie. Für sie sei es "ein Ende mit Schrecken".

Ein Blick in das Virtuelle Brückenhofmuseum zeigt, dass die Bauernschenke aus dem Ortsleben in den vergangenen Jahrzehnten kaum wegzudenken ist. Auf dem Vorplatz, dem Sebastianusplatz, findet das jährliche Fahnenschwenken bei der Laurentiuskirmes statt. Früher war das Haus, das in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts noch den Namen "Zum ehemaligen Winzerverein" trug, noch Endpunkt prächtiger Winzerumzüge. Hier wurde oft auch in den Mai getanzt. In den 1960er Jahren befanden sich in der Bauernschenke die "Dollendorfer Lichtspiele". Im Heimatmuseum findet sich zum Beispiel ein Plakat für die Aufführung vom 15. Mai 1961: "Mutti ist doch die Beste" wurde damals gegeben.

"Die Bauernschenke ist der Ortsmittelpunkt"

Bestürzt reagierten die Dollendorfer auf die Schließung ihrer Traditionsgaststätte. "Ich bin entsetzt. Für mich kommt das total überraschend", sagte Peter Wilhelm Kummerhoff, Vorsitzender des Heimatvereins Oberdollendorf und Römlinghoven. Nachdem es vor Jahren bereits einmal wirtschaftliche Probleme gegeben habe, habe er seitdem den Eindruck gehabt, dass die Bauernschenke gut laufe. "Und jetzt wird sie von heute auf morgen geschlossen."

Besonders bedauerlich findet er, dass nun die einzige Bierkneipe in Oberdollendorf wegfällt. Auch Lothar Vreden, Leiter des Virtuellen Brückenhofmuseums, zeigte sich "schockiert". Für ihn ist die Bauernschenke der Ortsmittelpunkt. "Wir haben ein gutes Restaurantangebot im Ort, was die Weinlokale angeht. Aber an der Theke konnte man nur in der Bauernschenke stehen." Für Winzer Laurenz Blöser ist es sogar ein echter "Trauerfall, weil der Mittelpunkt des Ortes jetzt fehlt". Die Entscheidung sei für alle überraschend von einem auf den anderen Tag gekommen. Jetzt gebe es nur noch den Turmhof, wo man ein frisches Bier trinken könne. "Es ist für alle sehr traurig, dass der Ort solch eine Institution verliert."

Andreas Lelke, Eigentümer von Bungertshof und Weinmühle sowie Pächter des Weinguts Sülz, bedauert die Entwicklung ebenfalls sehr. "Jetzt gibt es nur noch den Turmhof mit einer Theke." Für ihn war die Bauernschenke Kontaktbörse und Schaltstelle und erfüllte eine ganz andere Funktion als seine Betriebe. "Da konnte man hingehen, ohne sich zu verabreden. Das kann keine andere Gaststätte ersetzen. Das wird dem Ort sehr wehtun."

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