Ulrich Cremer stellt im Kunstraum Bad Honnef aus Skulpturen aus Treibgut

BAD HONNEF · Für seine Arbeiten, die Ulrich Cremer ab Sonntag im Kunstraum in Bad Honnef zeigt, sammelt der Künstler Fundstücke am Rhein. Manche Zutaten stammen vom Schrottplatz.

 Ab Sonntag sind die Werke von Ulrich Cremer im Kunstraum im Bad Honnefer Rathaus zu sehen.

Ab Sonntag sind die Werke von Ulrich Cremer im Kunstraum im Bad Honnefer Rathaus zu sehen.

Foto: Frank Homann

Er hat alles im Blick. Mit verschränkten Armen, mit hochgeschlagenem Mantelkragen und Hut steht er in einer Nische. Kaum zu glauben, dass dieser Kerl im Kunstraum nicht aus Fleisch und Blut, sondern aus Eisen ist. „Der Schattenmann“: Diesen geheimnisvollen Namen gab ihm sein Schöpfer Ulrich Cremer. Und dessen Frau Regina sah in diesem Typen auf den ersten Blick „den Bogi“: Schauspieler Humphrey Bogart in einer seiner Film-Paraderollen als Detektiv. Ulrich Cremer hat „Bogi“ aus dem Rhein gezogen. Denn die Skulpturen des Künstlers setzen sich vorwiegend aus Fundstücken aus dem Fluss zusammen, und manche Zutaten stammen vom Schrottplatz. „Gestalten aus dem Rhein“: So lautet denn auch der Titel von Cremers Ausstellung.

„Mir geht es um die Darstellung des vielfältigen Menschenbildes – um Aspekte seiner Vorstellungswelt, seines Auftretens, seiner Beziehung zu anderen, seiner Gewalt“, sagt Ulrich Cremer. Er gibt seinen Skulpturen grundsätzlich Titel, die als Orientierung dienen. Aber der Fantasie des Betrachters sind keine Grenzen gesetzt – beim „Erkennen“, aber auch beim Nachdenken über die Herkunft dieser Fundstücke.

Bei Niedrigwasser geht Ulrich Cremer regelmäßig auf Schatzsuche. Oft ragt nur ein kleines Eckchen aus dem Flussbett – und wenn Cremer ordentlich wühlt, dann kommt nicht selten eine skurrile Ausbeute ans Tageslicht. Nach einem Hochwasser hält der Künstler Ausschau nach frischem Treibgut. Alle interessanten Stücke schleppt er ab. Die Ideen zur Verarbeitung sprudeln später.

Sammelleidenschaft packte ihn schon als Kind

Schon als Kind hatte dem gebürtigen Königswinterer, Jahrgang 1942, diese Sammelleidenschaft gepackt. Aber Skulpturen entstanden erst, als der promovierte Kunstgeschichtler und Architekt nach 40 Jahren in Süddeutschland in die Heimat zurückkehrte. Der Keller ist voll Material. „Faszinierend ist, welche Patinierung der Rhein zustande bringt.“ Da kleben etwa durch Rost angebackene Rheinkiesel am Eisen.

Ulrich Cremer: „Die sinnliche Ausstrahlung der von Zeit, Wasser und der Kraft erfahrener Zerstörung veränderten Fragmente bringt eine charakteristische Anmutung in die Arbeit ein. Zufällige Faltungen von Eisenblech, fragile Stein-Rost-Krusten, mehrfach sich überlagernde Rostschichten vermitteln ein Spannungsfeld von Dauer und Veränderung und erweitern das Materialspektrum um eine zeitliche Komponente. Die sichtbaren Spuren des Verfalls, der Veränderung wandeln sich zur Ästhetik einer neuen Formsetzung, deren inhaltliche und formale Präsenz dann wiederum Dauer beansprucht.“

Dem Künstler geht es darum, das Charakteristische des gewählten Themas herauszuarbeiten, indem er die Teile kombiniert. Abstrahierung, Durchbrechung und Fragmentierung sind gestalterische Mittel, um – natürlich mit Hilfe der Fantasie – die Gestalten lebendig werden zu lassen. So wie Humphrey Bogart in seinen Kultkrimis aus der „Schwarzen Serie“.

Handgeschmiedete Kelle aus einer Großküche als Kopf

Die (neugierige) „Frau im Wind“, deren Hals immer länger und das Auge immer größer wird, ist im „Skulpturenwald“ zu sehen. Oder: „Die Schöne“, die im Bewusstsein ihrer Attraktivität ihren Hals reckt. Eine edle, handgeschmiedete Kelle aus einer Großküche stellt den Kopf dar. Und dem Hartholzstück, das eine gute Figur macht, fehlen noch nicht mal die Brüste.

Arbeiten wie „Die Flucht“ oder „Das verbogene Kreuz“ aus der „Stelenkurve“ sind Ausdruck der Auseinandersetzung des Künstlers mit historischen und aktuellen politischen Ereignissen. Cremer: „Das Kreuz passt nicht zum Krieg.“ Deshalb hat er es verbogen. Beim Titel „Mit Gott – der unauflösbare Widerspruch des ,heiligen‘ Krieges“ kam ein Perkussionsgewehr zum Einsatz – diese Art gab es nach der Napoleon-Ära; es ist noch ein Fundstück aus Cremers Jugend. Wie es in den Rhein kam?

Die Ausstellung „Aus dem Rhein“ wird am Sonntag, 18. September, 11 Uhr im Kunstraum am Rathausplatz eröffnet. Die Werke sind bis zum 9. Oktober zu sehen – und zwar donnerstags und freitags von 16 bis 19 sowie samstags und sonntags von 10 bis 13 Uhr.

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