Sechs Stunden Schlange stehen für 16 Kilo Süßes

Gegen 6 Uhr morgens ist schon die Hölle los, viele haben gleich vor dem Werksgelände übernachtet. Denn es ist wieder Tauschaktion bei Haribo.

 Familie Manhold wartet in der Schlange.

Familie Manhold wartet in der Schlange.

Foto: Privat

Bonn. Um 14.34 Uhr, nach fast sechs Stunden ist es vollbracht: GA-Redakteur Jörg Manhold und seine beiden Kinder samt Oma und Neffen haben bei der traditionellen Tauschaktion von Haribo 150 Kilo Kastanien und fünf Kilo Eicheln auf die Waage gebracht. Dafür gibt es an der Warenausgabe 16 Kilo Gummibären in vier Kartons und eine Tüte Kaubonbons. Denn für zehn Kilo Kastanien oder fünf Kilo Eicheln gibt es ein Kilo Süßes. Müde und glücklich geht es nach Hause.

Doch bis es soweit war, war es ein weiter Weg. Eine Chronik:

Gegen 6 Uhr morgens ist bei Haribo schon die Hölle los, viele haben gleich vor dem Werksgelände übernachtet. Als sich um 7 Uhr die Tore öffnen, warten draußen schon tausende Menschen.

Fotos Bilder von der TauschaktionErst gegen 8.45 Uhr hat sich Familie Manhold eingefunden. Ihre Eicheln und Kastanien haben sie im Bollerwagen und der faltbaren Schubkarre dabei. Ausgeruht wird auf Klappstühlen. "Die Truchsessstrasse ist voll. Die Schlange ist zwei Kilometer lang, Tendenz steigend", berichtet er. "Die Kinder spielen Karten, die Sonne wärmt, und der Goldbär winkt."

"Uns hat jemand gesagt, dass es von hier noch drei Stunden sind, ich glaube, es sind eher viereinhalb", berichtet Manhold weiter. Die Schlange windet sich, so dass man den Leuten ins Gesicht schauen kann, die schon Stunden weiter sind. "Die warten seit 7 Uhr. Von da sind es noch zwei Stunden bis zur Abgabe. Das bedeutet: Wir kommen um 14Uhr dran", so Manhold.

Historisch Lesen Sie dazu auch Warten auf die Gummibärchen: Haribo-Kastanientauschaktion wird 75Um kurz vor 11 Uhr meldet sich GA-Redakteur Jörg Manhold erneut aus der Schlange: "Wir haben unsere Geschwindigkeit verdoppelt. Zehn Meter pro fünf Minuten. Eine zweite Waage hilft beim Abwiegen. Die Sonne versteckt sich, es wird kühler. Es stellen sich aber immernoch Leute an."

Das ist aber kein Problem. Denn der Mann an der Waage verspricht, bis 23 Uhr Eicheln und Kastanien anzunehmen. Derweil drehen Manhold und Co. die erste Schleife: "Es geht wieder in die Gegenrichtung. Nur noch drei Stunden?!"

Um kurz vor halb zwölf geht der Goldbär in die Mittagspause. Die Manholds befinden sich auf der Zielgeraden. "Nur noch 1500 Meter. Regenwolken ziehen auf. Alle essen ihre Mittagsstulle", berichtet der GA-Redakteur.

Nur wenige Minuten später dann: "Es fängt gleich an zu regnen. Die Kinder werden unruhig und spielen fangen. Vater und Tochter hinter uns sind aus Neuss angereist. Sie haben mindestens 350 Kilo Kastanien."

Inzwischen winkt auch der Goldbär wieder und lässt sich mit den Kindern fotografieren. Es stellen sich immernoch Leute an. Aber: "Es geht jetzt auch immer schneller voran", so Manhold.

Neues aus der Schlange kommt um kurz vor zwölf: "Noch ist es trocken. Die Haribo-Mädels verteilen Gummibären gratis. Die Stimmung steigt", berichtet unser GA-Redakteur vor Ort.

Die Leute transportieren ihr tauschbares Gut in Bollerwagen, Mülltonnen, Postplastikkisten, Kartons, in allem, was viereckig ist und gerollt werden kann. Zwei Mädchen haben unter ihre Holzkiste zwei Skateboards geschnallt. Einkaufswagen und Kinderwagen stehen hoch im Kurs. Manhold: "Nur noch zwei Stunden, dann sind wir auf dem Werksgelände."

Der Hotdog-Stand hat Hochkonjunktur, die Dixiklos am Straßenrand auch. GA-Redaktuer Manhold beobachtet, dass sich weiterhin Leute anstellen und die Warteschlange kein Ende nimmt. Manche stellen sich mit nur zehn Kilo Kastanien in die Reihe. Ob sich das lohnt?

Schlechte Nachrichten für Manhold und Co. Drei Helfer vom DRK gehen seit 7 Uhr Streife. Sie suchen Eltern zu verloren gegangenen Kindern, sie verarzten kleinere Schürfwunden und einen Wespenstich - und sie wissen Genaueres: Vom Hotdog-Stand dauert es sechs Stunden. "Da haben wir uns verschätzt."

Zurzeit sind zwei von drei Waagen auf. Mehr Personal ist nicht da. In der Schlange werden Freundschaften geschlossen. Die Kinder haben schon Anschluss gefunden. Ein weißbärtiger Opa bejubelt jeden Meter Fortschritt in der Warteschlange.

Dann eine kuze schrecksekunde: In der Reihe ist einer Gruppe ein Sack mit Eicheln geplatzt. Rettungsversuche. Wer hat noch eine Tüte übrig?

Doppelter Lichtblick um kurz vor ein Uhr: Jetzt wird die Schlange kürzer, es stellt sich kaum noch jemand an. "Wir haben noch 50 Meter bis zum Werksgelände. Ein Blick über die Mauer dank Räuberleiter zeigt, es stapeln sich tausende Kastaniensäcke neben der Waage", berichtet Manhold. Und auch der Regen scheint es sich anders überlegt zu haben.

Doch der Rückschlag lässt nicht lange auf sich warten. Um 13.30 Uhr macht sich bei den Manholds Ernüchterung breit: "Hier geht es nicht weiter. Machen die Leute an der Waage Mittagspause? Der Ungeduldspegel steigt. Von irgendwoher ist Musik zu hören. Startet jetzt das Unterhaltungsprogramm?"

"Yes, die Toreinfahrt ist durchquert. Sie gibt denBlick frei auf Container mit zentnerweise Kastanien. Dann der riesige aufblasbare Goldbaer. Hupfburg und Kletterwand für die Kinder. Die staunen: So viele Kastanien, das verbrauchen die doch nie. Oma ist am Rande ihrer Kräfte und muss sich immer mal auf den mitgebrachten Klappstuhl setzen. Wir korrigieren unsere Zielmarke auf 14.30 Uhr nach oben", berichtet Manhold.

Um 14 Uhr sind es noch 50 Meter. Wind kommt auf. "Wir sind so kurz vorm Ziel. Die letzte Biegung am Drängelgitter vorbei, und wir müssen uns in eine der beiden Schlangen vor den Waagen einreihen. Die Vorfeude auf fette Beute wächst", so der GA-Redakteur.

Um kurz vor halb drei naht das Ende. "Noch zehn Meter", ruft der bärtige Opa. Die Stimmung wird ausgelassen. Die Gummibärchenausgabe ist in Sichtweite - das gelobte Land.

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