Streit um den Römerhafen in Königswinter Wissenschaftlerin ist sich beim Standort der antiken Anlandestelle sicher

Königswinter · Neue Erkenntnisse im Streit über den vermuteten Standort des Römerhafens. Wissenschaftlerin Renate Gerlich vom LVR Bonn ist sich sicher, dass es sich bei den Steinblöcken im Rhein um eine Anlandestelle aus der Römerzeit handelt.

 Bei Niedrigwasser sind die Strukturen der Anlandestelle aus der Römerzeit zu erkennen.

Bei Niedrigwasser sind die Strukturen der Anlandestelle aus der Römerzeit zu erkennen.

Foto: Frank Homann

Im jahrelangen Streit der Wissenschaftler über die Existenz eines Römerhafens am Rheinufer zwischen Königswinter und Bad Honnef gibt es eine neue Entwicklung. „Neue Ergebnisse zeigen völlig plausibel, dass es sich um eine Anlandestelle für Schiffe handelte“, sagt Professorin Renate Gerlach vom Bonner LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland auf Nachfrage des General-Anzeigers.

Die neue Denkmalbeschreibung beruht auf Geländebegehungen und Bohrungen in den Jahren 2016 und 2018. Diese haben gezeigt, dass an dieser Stelle ein Plateau aus mitteldevonischem Fels vom Ufer aus in den Strom vorspringt. Darauf liegt eine relativ dünne Kiesdecke, auf der sich wiederum Trachytblöcke verschiedener Größe befinden.

Bereits seit 1985 in der Liste der Bodendenkmäler

Das Bodendenkmal „Römischer und mittelalterlicher Hafen“ war bereits im Jahr 1985 in die Liste der Bodendenkmäler der Stadt Königswinter eingetragen worden. Nach intensiven eigenen Forschungen und in Kooperation mit der Bonner Universität in den vergangenen Jahren hat das Bonner Amt die Denkmalbeschreibung und Begründung jetzt neu gefasst, konkretisiert und ergänzt.

Da es sich bei dem betroffenen Flurstück um eine Fläche des Bundes handelt, ist die Bezirksregierung Köln als Obere Denkmalbehörde zuständig. Diese hat die Stadt Königswinter als Untere Denkmalbehörde angewiesen, die Eintragung aus dem Jahr 1985 entsprechend der neuen Begründung zu ändern. Darüber unterrichtet die Stadtverwaltung den Planungs- und Umweltausschuss in einer Vorlage für die Sitzung am Mittwoch, 13. November.

Geologin Renate Gerlach forscht seit 20 Jahren daran

Renate Gerlach beschäftigt sich mit dem Thema seit rund 20 Jahren. „Die Begründung im Jahr 1985 war noch mehr auf die Existenz eines Hafenbeckens abgestellt“, sagt die Geologin. Inzwischen wisse man, dass die beiden markanten Löcher, die auf Luftbildern zu erkennen seien, keine Hafenbecken, sondern später entstandene Strudellöcher des Rheins, sogenannte Auskolkungen, seien. Auf der anderen Seite lasse sich die Anordnung der großen Steinblöcke aus Trachyt im Rhein, die zum Teil parallel zueinander gesetzt seien, nur mit einer künstlichen von Menschenhand geschaffenen Anlage erklären. Der Randwall stelle sich als ein Relikt eines stromparallelen Hafens dar. „Sie haben dasselbe halbmondförmige Aussehen wie zum Beispiel in Bonn vor dem Legionslager. Da bezweifelt auch kein Mensch, dass es sich um um eine Anlandestelle gehandelt hat“, so Gerlach.

Die wiederholten Niedrigwasserphasen der vergangenen Jahre seien für die Untersuchungen ein Glücksfall gewesen. „Die Niedrigwasser heutiger Zeit entsprechen dem Normalwasser römischer Zeit“, so Gerlach. Damals habe der Pegel durchschnittlich rund zwei Meter tiefer gelegen. Das Felsplateau habe in römischer Zeit trocken gelegen und sei für die Errichtung der bogenförmigen Kaianlage genutzt worden.

Römer bauten Drachenfelstrachyt ab

Die Trachytblöcke seien der Unterbau für die Verladeanlagen gewesen. Man wisse aus dem Kontext, dass das römische Militär Drachenfelstrachyt abgebaut habe, der vielerorts verbaut worden sei. Die ersten Steinbrüche am Drachenfels wurden bereits kurz nach der Besetzung des Rheingebietes durch die Römer in Betrieb genommen, um Steinmaterial für öffentliche Großbauten zu gewinnen.

Kurioserweise waren archäologische Untersuchungen schon einmal zu ganz anderen Schlüssen gekommen. Vor fünf Jahren hatte die Uni Bonn erste Ergebnisse in einem Band veröffentlicht. Damals waren die Wissenschaftler noch davon ausgegangen, dass es in Königswinter niemals einen Römerhafen gegeben habe. Es handele sich dabei lediglich um geologische Strukturen. „Das war damals voreilig und unglücklich“, sagt Gerlach.

Gleichwohl war es Wasser auf die Mühlen derjenigen Forscher, die schon immer an einem Römerhafen gezweifelt haben (siehe Infokasten). „Mit dem Thema hat sich ja schon eine ganze Generation von Archäologen beschäftigt. Die Argumente haben sich dabei je nach Wetterlage geändert“, so die Wissenschaftlerin. Bemerkenswert sei dabei sicher das Engagement des Heimatvereins Siebengebirge, der sich stets für die Streichung des Römerhafens aus der Denkmalliste eingesetzt hat. Sogar einen Jour Fixe im Königswinterer Rathaus habe es vor einigen Jahren mal gegeben, um die Experten an einen Tisch zu bringen.

Die Niedrigwasser der vergangenen Jahre könnten nun vielleicht endlich für Klarheit gesorgt haben. Allerdings gibt sich die Gegenseite noch nicht geschlagen.

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