neue Forschungsarbeit zu den Anfängen der Umweltpolitik Projekt untersucht Nationalpark-Scheitern

SIEBENGEBIRGE · Das Ergebnis des Bürgerentscheids war eindeutig: Mit mehr als 60 Prozent der Stimmen verhinderten die Bürger die Umwandlung des Siebengebirges in einen Nationalpark. Fast fünf Jahre sind mittlerweile vergangen.

 Zu Besuch in der Vorburg von Schloss Drachenburg: Hans-Werner Frohn (l.) und Hansjörg Küster führen Staatssekretär Horst Becker (Mitte) durch das Museum zur Naturschutzgeschichte.

Zu Besuch in der Vorburg von Schloss Drachenburg: Hans-Werner Frohn (l.) und Hansjörg Küster führen Staatssekretär Horst Becker (Mitte) durch das Museum zur Naturschutzgeschichte.

Foto: Frank Homann

Jetzt nimmt sich die Stiftung Naturschutzgeschichte des Themas an. "Wie kann eine verbesserte Kommunikation eine höhere Akzeptanz für Nationalparks bewirken?" lautet die Frage, die ein Team aus Wissenschaftlern der in Königswinter ansässigen Stiftung untersucht. Dazu betrachten die Forscher die Entstehungsprozesse verschiedener Nationalparks in Deutschland. Auch das Siebengebirge böte hierbei genügend Untersuchungsansätze. "Die Kommunikation ist fast immer das entscheidende Problem, wenn Nationalparkprojekte wie im Siebengebirge scheitern", sagte Geschäftsführer und wissenschaftlicher Leiter Hans-Werner Frohn. Mit ersten Ergebnissen der Untersuchung sei frühestens in einem Dreivierteljahr zu rechnen. Offiziell vorgestellt werden soll die Studie dann im September 2015.

Ein anderes Projekt konnte die Stiftung bereits jetzt abschließen: Drei Jahre hat Jürgen Rosebrock, Historiker und Mitarbeiter der Stiftung Naturschutzgeschichte in Königswinter, Akten gesichtet und ausgewertet. Sie erzählen die Geschichte eines bisher nahezu unbekannten, aber dennoch einflussreichen Akteurs deutscher Umweltpolitik: Der Interparlamentarischen Arbeitsgemeinschaft (IPA). Im Museum der Stiftung, in der Vorburg des Schlosses Drachenburg, überreichte Hansjörg Küster, Vorstandsvorsitzender der Stiftung, nun Horst Becker, parlamentarischer Staatssekretär im Ministerium für Umweltschutz des Landes NRW, eine Ausgabe des Werkes, das den Titel "Wegbereiter der bundesdeutschen Umweltpolitik" trägt. "

Die meisten Menschen würden als Beginn der Umweltpolitik in Deutschland wohl die 70er Jahre nennen, tatsächlich aber hat die IPA bereits in den 50er und 60er Jahren damit angefangen", sagte Rosebrock. Die IPA habe sich bereits zu einer Zeit mit Umweltproblemen befasst, als das Wirtschaftswunder und qualmende Schornsteine den Alltag bestimmten. Auf ihre Arbeit seien maßgebliche Gesetze zum Naturschutz zurückzuführen, wie etwa das Verbot synthetischer Zusätze in Waschmitteln, die 1960 für Schaumberge auf vielen deutschen Gewässer sorgten.

"Main, Ruhr und Fulda sind stellenweise auf der ganzen Breite mit Schaum bedeckt" - so beschrieb das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" den Umweltskandal. "Bis heute kennt die IPA so gut wie niemand", sagte Küster. Sogar die Forschung hat dieses Kapitel deutscher Umweltschutzgeschichte bisher wenig beachtet. Die IPA hat es stets vermieden, die Öffentlichkeit zu suchen. Gerade das dürfte ihr politisches Erfolgsrezept gewesen sein.

"So konnten jenseits des politischen Rampenlichts im Konsens politische Probleme angegangen werden", sagte der Vorstandsvorsitzende. Auch Willy Brandts bekannter Slogan "Der Himmel über der Ruhr muss wieder blau werden", der gemeinhin als erste umweltpolitische Wahlkampfforderung gilt, sei nicht zuletzt der Vorarbeit der IPA zu verdanken, so Rosebrock. Als Quellen dienten dem Historiker Unterlagen aus dem Archiv der in Bonn ansässigen IPA.

2007 übernahm die Stiftung Naturschutzgeschichte das Archiv. "Es steckt noch eine Menge in dem Thema", sagte Rosebrock. "Ich finde es spannend und werde es mit Interesse lesen", bedankte sich Becker, der sich zudem die Ausstellung zur Naturschutzgeschichte ansah. "Ich muss gestehen, ich war einer derjenigen, die bisher nichts von der IPA wussten."

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