Interview mit dem Bürgermeister von Königswinter Peter Wirtz: „Ich bin noch nicht amtsmüde“

Königswinter · Zehn Jahre Bäderdiskussion in Königswinter, allmähliche Fortschritte in der Altstadt, die Flüchtlingssituation und seine eigene Zukunft als Bürgermeister nach mehr als 17 Jahren im Amt: Zum Jahresende zieht Peter Wirtz Bilanz und gibt einen Ausblick auf 2017.

Das gesamte Jahr 2016 hatte Königswinter bisher keine neuen Flüchtlinge mehr zugewiesen bekommen. Sind die kürzlich für dieses Jahr noch angekündigten zehn Flüchtlinge inzwischen eingetroffen?

Peter Wirtz: Zwischen dem 7. und 15. Dezember haben wir sechs Zuweisungen erhalten. Weitere drei Flüchtlinge sind am 22. Dezember angekommen. Sie wurden auf die Unterkünfte in Stieldorf und Ittenbach sowie die ehemalige Paul-Moor-Schule aufgeteilt.

Wie geht es im neuen Jahr weiter?

Wirtz: Zwischen dem 9. Januar und 5. Februar sollen wir pro Woche jeweils 15 Flüchtlinge zugewiesen bekommen. Wir wissen noch nicht, auf welche Unterkünfte sie verteilt werden, weil das auch davon abhängt, ob es sich zum Beispiel um einzelne Personen oder Familien handelt. Ab dem 6. Februar haben wir dann die Verpflichtung, über das Jahr verteilt weitere 90 Flüchtlinge aufzunehmen. Die Bezirksregierung hat signalisiert, dass darüber hinaus für 2017 mit einer Steigerung der Zuweisungszahlen zu rechnen ist. Daher brauchen wir spätestens zur Jahresmitte neue Unterbringungskapazitäten, damit wir nicht gezwungen sind, erneut Turnhallen oder andere öffentliche Einrichtungen umfunktionieren zu müssen. Das Problem ist, dass die Zahlen nach wie vor nicht belastbar sind und wir nur auf einer dürftigen Informationslage planen können.

Muss die Stadt daher jetzt Container im Krahfeld und am Limperichsberg aufstellen?

Wirtz: Das ist so geplant. Das Problem ist, dass es eine Diskrepanz gibt zwischen einer maximalen Belegungskapazität unser Flüchtlingsunterkünfte und der sozialen Verträglichkeit. Das Haus Katharina hat zum Beispiel 220 Plätze, wenn es voll belegt wird: Dann kann es dort aber soziale Spannungen geben. Meine Priorität liegt daher in der Schaffung fester neuer Wohnungen, womit wir zugleich sozialen Wohnungsbau schaffen. Ich stelle mir die Integration anerkannter Flüchtlinge schwierig vor, wenn dies in Gemeinschaftsunterkünften passieren soll.

Thema Bäder: Ist die Sanierung des Hallenbades nach der Entscheidung des Rates, nur noch die Neubaulösung zu verfolgen, endgültig vom Tisch?

Wirtz: Hierzu gibt es eine klare Beschlusslage der Politik. Wir beschäftigen uns zurzeit mit dem Auftrag des Stadtrats, die Angebote von Fachbüros für eine Vorplanung, eine Berechnung der Baukosten und eine Ermittlung der Betriebskosten über 30 Jahre für die Variante Abriss und Neubau eines Hallenbades im Umfang des alten Bades am gleichen Standort einzuholen. Ich weiß nicht, ob es ein Bürgerbegehren geben wird. Mir liegt bisher nur ein Schreiben vor, dass ein solches geplant ist. Man muss jetzt schauen, wie sich die Sache weiterentwickelt. Der jüngste Defekt der Heizungsanlage, deren Austausch rund 38.000 Euro kostete, zeigt aber auch, in welchem schlechten Zustand sich das alte Bad befindet.

Gerade hat der Stadtrat das Integrierte Handlungskonzept (IHK) für die Altstadt verabschiedet. Glauben Sie wirklich an das, was dort steht, dass die seit 30 Jahren geplanten Arbeiten für die Fußgänger- und Radfahrer-Unterführung Drachenfelsstraße im Jahr 2018 beginnen werden?

Wirtz: Ich hoffe es. Es entspricht der ursprünglichen Zeitplanung, die aber immer wieder aufgeschoben wurde. Die Unterführung selbst wird dabei nach der Eisenbahnkreuzungsvereinbarung finanziert und nur die Neugestaltung der Drachenfelsstraße nach dem IHK. Natürlich ist diese Maßnahme der Schlüssel für die Erschließung der Altstadt. Wir werden im Bereich Bobby/Rheingold keine qualitätvollen Bauprojekte umgesetzt bekommen, solange eine mehrjährige behindernde Baustelle im Bereich der Unterführung droht. Die Achse zwischen Rhein und Drachenfels muss funktionieren. Das ist für Königswinter ein zentraler Punkt.

Gibt es weitere wichtige IHK-Projekte?

Wirtz: Genauso wichtig für mich ist der zentrale Kümmerer für die Altstadt. Unter der nicht gelungenen Kommunikation hat die Altstadtsanierung gelitten. Die Bürgerschaft hat sich nicht mitgenommen gefühlt. Ich gehe davon aus, dass das durch eine bessere Einbindung bürgerschaftlicher Gruppen und den externen Kümmerer, der noch gesucht wird, in Zukunft besser laufen wird. Anders als bei der Altstadtsanierung, als ich mich nicht beteiligen konnte, weil ich im Sanierungsgebiet wohnte, kann ich nun beim IHK aktiv mitwirken. Man hat mir gewissermaßen meine Handfesseln abgenommen.

Welche Rolle spielt die Rheinallee?

Wirtz: Die Rheinallee ist ja noch halbwegs ansehnlich, jedoch schon 40 Jahre alt. Auch Hauptmagneten muss man natürlich ab und zu renovieren. Sicher muss man zudem über eine Umgestaltung und Entflechtung der Verkehrsströme nachdenken. Wir brauchen da die „eierlegende Wollmilchsau“. Vielleicht gibt es ja auch ganz neue Ansätze: Andernach etwa bepflanzt einen Teil seiner Rheinpromenade mit Stauden, Wildblumen oder Obstbäumen und bindet dabei seine Bürgerschaft mit ein. Das könnte ich mir für manche trostlose uniforme Rasenfläche am Königswinterer Rheinufer auch vorstellen. Vielleicht ergeben sich im Dialog mit Bürgern und Fachplanern ja weitere interessante Möglichkeiten.

Im Umland von Bonn werden mit Hochdruck Wohnraum und Gewerbeflächen gesucht. Die Stadt Königswinter erstellt zurzeit eine Übersicht der Potenzialflächen. Sind Natur und Landschaft nicht das Pfund, von dem gerade eine Stadt wie diese hier lebt?

Wirtz: Wir sind dank der herrlichen Lage unglaublich attraktiv, haben dadurch aber auch wahnsinnige Restriktionen durch Natur- und Landschaftsschutz. Unsere Flächen müssen zwar behutsam entwickelt werden, aber sie müssen entwickelt werden. Uns liegen noch nicht die abschließenden Ergebnisse der Potenzialflächenanalyse vor, aber wir arbeiten mit Hochdruck daran. Eine der zentralen Aufgaben des Jahres 2017 wird es sein, mit der Politik zu diskutieren, wo wir uns Flächen wünschen, um weiteren Wohnraum zu verwirklichen. Ein großes Problem ist es, dass es Flächen gibt, die dem Markt nicht zur Verfügung stehen, weil die Eigentümer sie nicht verkaufen. Zurzeit sehe ich nur im Bereich Vinxel die Möglichkeit, in größerem Stil neuen Wohnraum zu schaffen, wenn der existierende Bebauungsplan umgesetzt werden sollte.

In Oberpleis soll im kommenden Jahr viel Geld in die Sportanlagen investiert werden. Wie sehen Sie einem möglichen Rechtsstreit mit der Nachbarschaft entgegen?

Wirtz: Wir werden uns bei den anstehenden Sanierungsmaßnahmen selbstverständlich an die geltende Rechtslage halten. Aus meiner Sicht wird es zu keiner Beeinträchtigung der Nachbarn kommen, es gab dort bereits vorher Sportanlagen. Der Standort ändert sich ja auch nicht. Ich hoffe aber nicht, dass es zu einem Rechtsstreit kommt, sondern wir möglichen Sorgen der Nachbarschaft anders entgegentreten können.

Die Gemeindeprüfungsanstalt (GPA) empfiehlt der Stadt ausdrücklich, aus Kostengründen über den Bau eines zentralen Rathauses nachzudenken. Ist es jetzt an der Zeit, diesen Plan umzusetzen, nachdem er vor einigen Jahren noch verworfen wurde?

Wirtz: Ich kann zurzeit noch keine eigene Bewertung abgeben. Wir nehmen aber alle Prüfhinweise der GPA zu Einsparpotenzialen sehr ernst. Das Thema ist natürlich politisch hochbrisant. Die Verwaltung wird jetzt alle Fakten zusammenstellen. Dann muss sich die Politik damit befassen.

In wenigen Monaten ist Halbzeit Ihrer vierten Amtszeit. Wollen Sie sich 2020 ein fünftes Mal zur Wahl stellen?

Wirtz: Ich bin noch nicht amtsmüde. Ich weiß auch nicht, ob es zeitgemäß wäre, mit 60 Jahren in den Ruhestand zu gehen, wenn andere Beschäftigte bis 67 arbeiten sollen. Königswinter liegt mir am Herzen, und die Arbeit für unsere Bürgerinnen und Bürger bereitet mir nach wie vor viel Freude. Also: Stand heute hätte ich – Gesundheit und Akzeptanz meiner Arbeit vorausgesetzt – durchaus Lust, nochmals anzutreten.

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