Bad Honnefer Einzelhandel im Internet Online-Kiezkaufhaus soll feste Einrichtung werden

Bad Honnef · Aus der Sicht der Geschäftsleute ist der Online-Auftritt ein Erfolgsprojekt, wenn auch mit Anlaufschwierigkeiten. Weil zum Jahresende die finanzielle Förderung durch Bund und Land endet, muss der Stadtrat über das weitere Vorgehen entscheiden.

Manch einer stößt sich schon am Namen der Online-Einzelhandelsplattform: Kiezkaufhaus, das klinge nach Hamburg, weniger nach Bad Honnef. „Dabei passt das. Das Mäuerchen am Eiscafé war früher ein beliebter Treffpunkt und hieß nur 'Am Kiez'“, sagt Andrea Weiß, Ur-Honneferin und Inhaberin von „Franfio“. Obwohl Bestellungen per Internet bislang die Ausnahme seien, sei ein gemeinsamer Auftritt ein wichtiger Werbefaktor für die Innenstadt, sagen Weiß und andere beteiligte Geschäftsleute auf GA-Anfrage.

Unisono plädierten die Befragten dafür, die Flinte nach der Anlaufphase nicht ins Korn zu werfen, aber stärker zu werben. Zudem wünschen sich die „Kiezhändler“ eine größere Beteiligung der Händlerkollegen.

Zwei Möglichkeiten haben Einzelhändler, sich am Online-Portal zu beteiligen: Mit einem digitalen Schaufenster oder einem Shop, bei dem die Kunden bestellen können und die Ware am selben Tag geliefert bekommen.

Für Schaufenster plus Shop hat sich Gilbert Köhne entschieden, Inhaber von Geschäft und Eventlocation „Herzblut“. Seine Einschätzung: „Das Potenzial ist da, aber die PS werden nicht auf die Straße gebracht.“ Köhne sieht Nachbesserungsbedarf bei Akquise und Werbung und dass Neues in Honnef gerne „ausgebremst“ werde, auch vom Handel.

Zugmittel, das Kunden in die Geschäfte holt

Zugleich stehe dort ein Generationenwechsel von Inhabern an, „eigentlich kommt das Kiezkaufhaus ein paar Jahre zu spät“. Dennoch: „Wenn man nur das macht, was man immer gemacht hat, erreicht man nur, was man immer erreicht hat.“

Bestellt worden sei noch nichts. Aber den Erfolg in Zusatzumsatz messen zu wollen, sei der falsche Ansatz. „Im Ernst: Niemand lässt sich das Sofa von 'Herzblut' mit dem Lastenfahrrad nach Hause bringen. Es geht um ein Zugmittel, um die Leute in die Geschäfte zu holen.“ Und: „Mitmachen ist für mich ein Akt der Solidarität.“ An die Politik gerichtet sagt Köhne: „Das Stadtmarketing wird zu wenig unterstützt. Und man darf den Einzelhändlern jetzt nicht die Tür vor der Nase zuschlagen.“

„Die Kunden wissen nicht, was das ist: 'Kiezkaufhaus'“, meint Weiß, die in ihrem Laden an der Kirchstraße sowie im Kiezkaufhaus-Shop Kunstgewerbe und mehr anbietet. Auch sie stellt fest: Der Bekanntheitsgrad bei Kunden lasse zu wünschen übrig. „Man muss das Thema mehr auf die Straße tragen. Wenn ich Kunden anspreche und es ihnen erkläre, finden sie es alle toll.“

"Man muss halt Zeit investieren"

Auch sie ist fürs Weitermachen, „und mehr werben. Online ist die Zukunft. Und bevor die Kunden bei Amazon kaufen, sollen sie es doch lieber bei mir tun.“ Christoph Masson von „7 G Runergy“ meint, es sei zu früh, eine Bewertung abzugeben. Jedoch könne er die Zurückhaltung von Einzelhändlern verstehen. Der Aufbau eines Shops bedeute hohen Aufwand, „und nach Feierabend ist sowieso für die meisten noch lange nicht Feierabend“.

Das habe auch er unterschätzt, weshalb der Aufbau seines Shops habe zurückstehen müssen: „Da muss man sich an die eigene Nase packen. Man muss halt die Zeit investieren.“ Zugleich gelte: „Es bräuchte mehr Überzeugungskraft, damit mehr mitmachen. Wir brauchen die geballte Power, das wäre ein Signal auch überregional.“

So sieht das auch Lars Timmermann, der mit einem Kiezkaufhaus-Schaufenster für seine Rhöndorfer Immobilienverwaltung & Beratung wirbt – als einer von nur zwei Dienstleistern auf der Plattform. Die Beteiligung sei für ihn nicht nur eine Frage zusätzlicher Werbung und Präsenz. „Es geht darum, das Produkt Bad Honnef zu stärken. Wir alle profitieren doch von einer lebendigen Innenstadt, da muss man auch mitmachen.“

Aufmerksamkeit durch das Kiezkaufhaus

Auch Elfi Thudt von „Feinkost Stuch“ sieht den Hauptnutzen in einem gemeinsamen Auftritt der Innenstadt-Händler. Bestellungen könne sie bisher an einer Hand abzählen: „Die meisten Kunden kommen lieber vorbei, gerade bei frischer Ware.“ Aber: „Ich höre von Kunden, dass sie nicht wussten, dass es hier ein Fischgeschäft gibt. Durch das Kiezkaufhaus sind sie auf uns aufmerksam geworden.“

Und sie gibt zu bedenken: „Es ist wie bei jeder Neugründung anfangs verhalten. Aber es sind ja noch nicht so viele Händler vertreten, das Ganze lebt vom breiten Angebot.“ Frequenzbringer wie Lebensmittelhändler „bräuchte es mehr“. Ein solcher kommt mit der Bäckerei Welsch. Randolph Welsch: „Wir sind noch nicht online, aber mittendrin in der Vorbereitung des Shops.“

Grundsätzlich sei das Kiezkaufhaus „eine gute Idee. Aber irgendetwas läuft nicht rund. Es ist noch nicht im Bewusstsein der Leute angekommen.“ Sein Vorschlag: Mehr Werbung, auch in den sozialen Medien. „Ich fände es schade, das Projekt einzustampfen. Es braucht Zeit.“

Sabine Reinhardt, „Rollendes Atelier – Der kreative Schmuckladen“, sagt: „Es gibt kaum noch Kunden, die sich nicht vor dem Gang in die Stadt online informieren. Da muss man präsent sein.“ Sie hat einen eigenen Online-Shop mit mehr als 3000 Artikeln für selbst kreierten Schmuck. Im Kiezkaufhaus gibt es zusätzlich ein Sortiment mit fertigem Geschmeide.

Starthilfe für Händler ohne Online-Erfahrung

Ihrer Meinung nach ist das Angebot der Stadt eine perfekte Starthilfe für Einzelhändler, für die online Neuland ist. „Wer noch keine Erfahrungen hat, bekommt alles gemacht. Etwas Hundertprozentiges wird es nie geben, aber andere Portale listen nur Geschäfte auf. Der Werbeeffekt hier ist viel größer und professionell gemacht.“ Der nächste Schritt für sie wäre „click & collect“: Der Kunde wählt per Klick online Produkte aus und holt sie im Laden ab, wenn er Zeit hat – und schlendert so in die Stadt.

„Ich finde, das Kiezkaufhaus ist eine richtig gute Idee“, sagt auch Sieghild Scholz von der Weinhandlung im „Haus im Turm“. Zwar gebe es auch bei ihr bisher keine Bestellungen, „aber für eine Einschätzung von Erfolg oder Misserfolg ist es zu früh“. Grundsätzlich gelte: „Wir sind Teil dieser Stadt, Solidarität ist wichtig. Es sollten viel mehr mitmachen.“

Das meint auch Sonja Wegener vom Einrichtungshaus Walkembach. Einen Shop habe man nicht, das sei bei Einrichtungen „natürlich eher schwierig“. Die Beteiligung mit einem Online-Schaufenster habe aber nie infrage gestanden. „Ich verstehe nicht, dass nicht viel mehr dabei sind. Man sollte an einem Strang ziehen.“

Dass dies nicht so leicht sei, zeige sich auch beim Thema einheitliche Öffnungszeiten. Wegener zum Portal: „Jetzt aufhören, das wäre zu kurzfristig.“ Und Kirsten Hopp von „Mokomé“, die Kosmetik und mehr im Schaufenster präsentiert: „Das ist eine tolle Art der Werbung. So etwas braucht Zeit, um anzulaufen.“

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