Schulische Inklusion NRW-Förderung hilft Königswinter und Bad Honnef kaum weiter

SIEBENGEBIRGE · 1,2 Milionen Euro erhalten die Kommunen und der Rhein-Sieg-Kreis vom Land NRW für die schulische Inklusion. Doch die Fördermittel helfen Königswinter und Bad Honnef kaum weiter.

 Gemeinsam lernen: Regelschulen müssen sich künftig auf Schüler mit Behinderungen einstellen und dafür ihre Räume erheblich umgestalten. Das Bild entstand in einer Abiturklasse in Karlsruhe.

Gemeinsam lernen: Regelschulen müssen sich künftig auf Schüler mit Behinderungen einstellen und dafür ihre Räume erheblich umgestalten. Das Bild entstand in einer Abiturklasse in Karlsruhe.

Foto: dpa

"Die nunmehr vorliegenden Zahlen dokumentieren eindrucksvoll, dass die Landesregierung die Städte und Gemeinden auch bei der wichtigen Aufgabe der Integration behinderter Menschen nicht im Stich lässt und hierfür einen verlässlichen finanziellen Rahmen bereitstellt", verkündeten die SPD-Landtagsabgeordneten Achim Tüttenberg und Dirk Schlömer voller Stolz. Gemeint sind die rund 1,2 Millionen Euro, die die Kommunen und der Rhein-Sieg-Kreis vom Land für die schulische Inklusion erhalten. In den Rathäusern kann man darüber nur müde lächeln.

"Das ist ein Tropfen auf den heißen Stein", formulierte es die Königswinterer Dezernentin Heike Jüngling. Grundsätzlich sei es zwar toll, dass das Land die Konnexität erkannt habe. Reichen werde das Geld aber nicht. Und auch in Bad Honnef herrscht eher Ernüchterung denn Jubel.

52.079,94 Euro Euro erhält Königswinter für bauliche Investitionen, Bad Honnef 30.073,63 Euro. Für Personalkosten gibt es noch mal 13.152,77 Euro für Königswinter, für Bad Honnef 7310,54 Euro. Dabei handelt es sich nicht um Geld für zusätzliche Lehrerstellen; vielmehr geht es an das Jugendamt zum Ausgleich personeller Mehrbelastung - im Amtsdeutsch: für "nicht-lehrendes Personal im Dienst der Schulträger".

Was auf den ersten Blick immer noch nach viel Geld aussieht, erweist sich bei näherer Betrachtung als sehr wenig. "Allein ein einziger Aufzug kostet 100.000 Euro", setzt Jüngling die Zahlen in Relation. Und je nachdem, welche Form von Einschränkung bei Schülern vorliegt, sind noch ganz andere Maßnahmen nötig. "Ein Kind mit Autismus braucht beispielsweise einen Rückzugsraum, da sind also gegebenenfalls Um- oder Anbauten notwenig." Für sehbehinderte Kinder seien hingegen leuchtende Lenkstreifen notwendig.

In Königswinter hat man sich im Schulausschuss nach vorgeschalteten Analysen darauf geeinigt, zunächst die Gebäude von zwei Grundschulen - Oberpleis und Heisterbacherrott - sowie die Gesamtschule daraufhin zu untersuchen, wie sie barrierefrei umgestaltet werden können. Die Wahl fiel auf diese Grundschulen, weil dort die geringsten baulichen Veränderungen notwenig sein werden. Ein externer Experte soll nun Vorschläge machen, wobei das Augenmerk auf Problemen für Kinder mit körperlichen Defiziten liegen soll. Für viel mehr dürfte das Geld kaum reichen.

Ähnlich in Bad Honnef, das sechs städtische Schulen hat. Dort wurden im Sommer die Sanitärräume der Grundschule Am Reichenberg umgebaut, für 65.000 Euro. Mädchen- und Jungentoiletten wurden komplett entkernt, nach dem Motto: Wenn schon saniert wird, dann kein Stückwerk. Auslöser aber war die Notwendigkeit, den Zugang für einen gehbehinderten Schüler zu schaffen. Als Förderung gab es eine Pauschale von 16.000 Euro. Dass weitere Umgestaltungen nötig werden, daran ließ die Schulleitung bei der Vorstellung der Umbauten keinen Zweifel.

Die Stadt angesichts der aktuellen Zuwendung vom Land: "Die Investitionen werden jährlich höher liegen als 37.000 Euro." Die Aufstellung des Haushalts 2015 laufe, in Abstimmung mit den Schulen. Nach Etat-Einbringung könne man mehr sagen.

Auch Kreis sieht Kosten nicht gedeckt

Auch die anderen Kommunen im Rhein-Sieg-Kreis reagierten zumeist kritisch auf die Zuweisungen des Landes für die Inklusion an Schulen - und halten die Summen für unzureichend.

Der Rhein-Sieg-Kreis erhält 225.000 Euro, die für Personalkosten in den acht Gemeinden des Kreisjugendamtes gedacht sind (Eitorf, Windeck, Much, Ruppichteroth, Neunkirchen-Seelscheid, Alfter, Swisttal und Wachtberg). Sozial- und Schulverwaltung würden das Thema gemeinsam mit den Schulen beraten, so Kreissprecher Dirk Kassel. Ziel sei es, Lösungen zu finden, um die "verfügbaren Fachkräfte sinnvoll für die Schulkinder mit einer entsprechenden Behinderung einzusetzen." Insgesamt würden die 225.000 Euro aber "nur einen Teil der ständig steigenden Kosten abdecken", so Kassel.

In Meckenheim kommt man zu einer ähnlichen Einschätzung wie in Königswinter. Nicht mehr als "ein Tropfen auf den heißen Stein" ist nämlich auch nach Ansicht von Marion Lübbehüsen, Pressesprecherin der Stadt, die Zuwendung des Landes von rund 39.400 Euro. Zwar gebe es für bauliche Veränderungen an den Schulen noch zusätzliche Zuschüsse, für personellen Mehrbedarf und notwendige Schulungen allerdings nicht. Ein Problem sei, dass Schulen nie wüssten, welche bauliche Veränderung notwendig und sinnvoll sei, wenn ein Kind mit einer Behinderung an die Schule komme, die es bis dahin dort noch nicht gab. Beispiel: Für Kinder im Rollstuhl sei jüngst an einer Schule ein Gitter in Treppennähe angebracht worden, welches das Wegrollen des Rollstuhls verhindern soll.

Die Gemeinde Swisttal zeigte sich nicht unzufrieden. Die Gemeinde soll etwa 19.000 Euro bekommen. "Damit können wir schon etwas anfangen", sagt Sprecher Peter Nitschke. "Wir haben in der Gemeinde nicht so hohe Fallzahlen." Generell müsse an den drei Grundschulen und der Sekundarschule aber auf jeden Einzelfall reagiert werden. Denn: Komme ein Kind im Rollstuhl, seien andere Anpassungen nötig als für ein blindes Kind. Die Verwaltung möchte die Diskussion, wofür das Geld verwendet werden soll, zunächst in den politischen Gremien führen.

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