Gewaltprävention in Bad Honnef Lisa in der Mobbing-Falle

BAD HONNEF · Schauspieler der Gruppe "inszene" arbeiten für das Netzwerk „Gewaltfrei“ mit Honnefer Jugendlichen. Im Theaterstück wird die Schülerin Lisa von Mitschülern drangsaliert. Fazit: Eigentlich müssten alle aufpassen, dass das nicht passiert.

 So bringt man das Publikum zum Mitmachen: Die Mitglieder von „inszene“ bei Aufwärmübungen vor dem Theaterstück über Mobbing.

So bringt man das Publikum zum Mitmachen: Die Mitglieder von „inszene“ bei Aufwärmübungen vor dem Theaterstück über Mobbing.

Foto: Frank Homann

Physikunterricht, Mittelstufe, nachmittags. Tim (Nadeem Ahmed) und Eva (Laura Schümann) langweilen sich angesichts der Unterrichtsaufgaben. Sie haben es auf Lisa (Ana Valeria Gonzalez) abgesehen, die mit ihrer Banknachbarin Bianca (Patricia Lempke) lernt. „Ey, die Lisa“, tuscheln die beiden, „die sieht aus wie ein Pferd!“ Harmlos? Bald schon kleben sie Lisa Pferdesticker an die Stuhllehne, machen sich über ihre übergewichtige Mutter lustig, legen ihr eine Möhre auf den Tisch. „Ey, das ist 'ne echte Biomöhre, die magst du doch! Wir haben extra Geld für dich ausgegeben, sag' mal Danke!“

Von ihrer Mitschülerin abzulassen, daran denken die beiden noch lange nicht: Sie fotografieren Lisa heimlich beim Essen und posten das Foto in ihrer Whatsapp-Gruppe: „Wie nennen wir's? Pferdefresse frisst sich fett?“ – „Ja, wie die Mutter!“ Lisa läuft mit Tränen in den Augen aus dem Raum, während Tim und Eva ihr nur hämisch nachschauen: „Guck mal, die heult gleich!“

Aber: Die Szene ist nicht komplett. Denn dieser Konflikt soll nicht einfach so im Raum stehen bleiben – stattdessen setzt das Forumtheater „inszene“ aus Ruppichteroth auf die Suche nach einer Lösung im lebendigen Dialog mit dem Publikum. Das besteht bei dieser Aufführung des Programms „Voll daneben!“ in der Konrad-Adenauer-Schule (Kasch) aus zahlreichen Jugendlichen, die sich auf Einladung des Stadtjugendrings im Rahmen des Netzwerks „Gewaltfrei“ mit dem Thema Mobbing auseinandersetzen wollen. Und zwar interaktiv.

Die Szene aus dem Physikunterricht wird daher nicht nur einmal gespielt, sondern wiederholt – jedes Mal unterbricht Friderike Wilckens-von Hein, Initiatorin von „inszene“, das Geschehen und fragt die Zuschauer, was besser laufen könnte. Die Schauspieler improvisieren und setzen die vorgeschlagenen Veränderungen aus dem Stegreif um. „Naja, Lisa könnte Bianca bitten, ihr zu helfen“, meint einer und begibt sich selbst als Lisas Schatten auf die Bühne – im richtigen Moment weist er Lisa an, ihre Sitznachbarin anzusprechen.

Das Ergebnis: Bianca weist Tim und Eva kurzzeitig in ihre Schranken, und Eva zischt zurück: „Kümmer dich doch um deinen eigenen Mist.“ Doch langfristig gelöst ist das Problem nicht. Zweiter Vorschlag: „Bianca könnte dafür sorgen, dass die Lehrerin eingreift.“ Diesmal nimmt die Zuschauerin gleich Biancas Rolle ein und spricht die Lehrerin, gespielt von Wilckens-von Hein, direkt an. Die jedoch gibt sich unwissend. „Keine Ahnung, was die Lisa wieder labert“, beteuern Tim und Eva. Sie werden lediglich zum Abkratzen des Pferdestickers verdonnert.

Nächster Vorschlag: „Lisa könnte die Schulsozialarbeiterin einschalten.“ Zufällig sitzt die für die Kasch zuständige Sozialpädagogin im Publikum und darf sich selbst spielen. Nun aber, merken die übrigen Zuschauer an, könnte Lisa Angst haben, dass das Einschreiten der Lehrer auf sie zurückfällt. Eine einfache Lösung des Problems scheint nicht in Sicht.

„Ihr seht also: Es reicht nicht, wenn ein einzelner etwas tut, sondern es braucht viele Menschen, damit sich wirklich etwas verändern kann“, fasst Wilckens-von Hein zusammen. „Eigentlich müssten alle aufpassen, damit nichts passiert.“ Ein Schlusspunkt, der wirkt: Noch lange nach Ende des Interaktiv-Stücks tauschen sich die Zuschauer am Buffet aus und diskutieren weitere mögliche Lösungsansätze – aus Zuschauern sind tatsächlich „Mitmacher“ geworden. Mehr Informationen im Internet unter www.forumtheater-inszene.de

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