Kriegsende im Siebengebirge Kämpfe in Aegidienberg galten der Autobahn

AEGIDIENBERG · In der Schlacht um Aegidienberg gab es vor 75 Jahren viele Tote und Verletzte. Der Ort hatte für das Ende des Zweiten Weltkriegs eine wichtige strategische Bedeutung.

 Die Autobahn Ende März 1945. Ein amerikanischer Pressefotograf nahm dieses Bild auf. Der Bildtext lautete: „Freie Fahrt nach Berlin – Laster und Motorräder der US-Army auf der Autobahn, Nähe Aegidienberg, sieben Meilen nordöstlich von Remagen.“

Die Autobahn Ende März 1945. Ein amerikanischer Pressefotograf nahm dieses Bild auf. Der Bildtext lautete: „Freie Fahrt nach Berlin – Laster und Motorräder der US-Army auf der Autobahn, Nähe Aegidienberg, sieben Meilen nordöstlich von Remagen.“

Foto: Hans Peter Efferoth

Vor 75 Jahren gehörte Aegidienberg zu den Orten entlang der Autobahn, die eine wichtige strategische Bedeutung für das Ende des Zweiten Weltkrieges hatten. Die vorrückenden Amerikaner, die den Rhein über die Remagener Brücke überschritten hatten, versuchten, die Deutschen von der Versorgung über die Autobahn abzuschneiden. Die deutschen Soldaten leisteten erbitterten Widerstand.

Am 10. März sprengten deutsche Einheiten die Munitionslager in Wülscheid und auf der Mußer Heide, die Gebäude „schüttelten sich wie bei einem Erdbeben“, erzählten die Aegidienberger. Die Exequien für einen gefallenen Soldaten fielen an diesem Tag wegen des Beschusses durch die Amerikaner aus. Am 13. März richtete eine schwere Granate erheblichen Schaden am Pfarrhaus an.

Am 14. März erhielt die Panzerbrigade 106 „Feldherrnhalle“ den Auftrag, Aegidienberg bedingungslos zu halten. Brigadekommandeur Heinrich Drewes wurde zum Kampfkommandanten des Bereiches Aegidienberg benannt. Im Kloster Aegidienberg fand der Stab an jenem späten Mittwochabend Notaufnahme. Am Donnerstag wurde der Schulkeller zum Brigadegefechtsstand. Die Amerikaner standen westlich von Himberg und bereiteten sich auf ihren Angriff vor.

Zuflucht in Kellern, Scheunen und Schuppen

Die Aegidienberger hockten in ihren Kellern, in Scheunen und Schuppen, auch in Notunterständen im Wald oder suchten Zuflucht in Autobahnunterführungen – vor den großkalibrigen Artilleriegeschossen der Amerikaner, die bereits seit ihrer Rheinüberquerung in Aegidienberg einschlugen. Es gab die ersten Verwundeten, die beim Besorgen von Brot oder Wasser oder beim Füttern und Melken des Viehs getroffen worden waren.

Am 16. März fand die Schlacht um Aegidienberg ihren Höhepunkt. Am frühen Freitagmorgen starteten die Amerikaner mit Trommelfeuer, um Aegidienberg und die umliegenden Ortschaften sturmreif zu schießen. Der Aegidiusplatz war in Rauch gehüllt, Flammen schossen aus Häusern, Scheunen und Gehöften. Die Gaststätten Giershausen und Kremerius brannten vollständig nieder und das Gasthaus Dahm zum Teil.

Vor der Metzgerei Witt stand damals ein Funkwagen – ein Hauptziel für den Beschuss. Auch das Pastorat wurde wieder getroffen. Im Kloster Sankt Josef wurden elf Menschen getötet. Hilfeschreie und Stöhnen drangen aus den Trümmern. Auch Himberg, Neichen, Siefenhoven und Hövel wurden schwer in Mitleidenschaft gezogen.

Der Eudenbacher Wilbert Fuhr zeichnet in seinem Buch „Der Einsatzflughafen Eudenbach“ die Geschehnisse des 16. März 1945 in Aegidienberg detailliert nach. Demnach bitten die Amerikaner gegen Mittag um eine Stunde Waffenruhe zur Bergung der zahlreichen Verwundeten und Toten. Insgesamt verzeichnet die 9. US-Panzerdivision im Kampf um Aegidienberg mehr als 2000 Tote und Verwundete, verfügt aber selbst nicht über ausreichend Verbandsmaterial zur Erstversorgung ihrer Verletzten.

Kein Bombardement aus der Luft

Am Nachmittag endlich gelingt es amerikanischen Panzern, aus Richtung Hövel durch „die Ehl“ ohne großen Widerstand bis zum Marktplatz vorzudringen. Laut Wilbert Fuhr nutzen die Aegidienberger Albert Weber und Matthias Witt die Gelegenheit, die amerikanischen Kommandanten von der Kapitulationsbereitschaft der Aegidienberger Bürger und deutschen Soldaten zu überzeugen und damit das für 16 Uhr angesetzte Luftbombardement zu verhindern. Schließlich wird das brennende Aegidienberg trotz starken deutschen Widerstands gegen 17.15 Uhr endgültig eingenommen.

Warum die amerikanischen Truppen darauf verzichteten, Aegidienberg am 16. März aus der Luft zu bombardieren, dazu gibt es auch andere Überlieferungen. So berichtete Albert Weber, der spätere Stadtverordnete, kurz vor seinem Tod, er sei als Soldat unerlaubt im Elternhaus an der Kirche gewesen, habe dort gehört, wie seine Verwandten den amerikanischen Soldaten an der Ecke In den Kircherlen/Talstraße erklärten, dass sich die deutschen Truppen zurückgezogen hätten.

Ein deutschsprachiger US-Soldat habe ihn an eine Wand gestellt und ihn unter Waffendrohung aufgefordert, mit einer weißen Fahne vor den Amerikanern auf den Marktplatz zu gehen. Anderenfalls könne er sich aussuchen, ob er von den Deutschen als Deserteur oder von den Amerikanern als Feind erschossen werden würde. Danach musste er über den Butterweg zum Sportplatz in Honnef laufen, unterwegs im Siebengebirge wären fast mehr Amerikaner als Bäume zu sehen gewesen.

Wie auch immer, Aegidienberg wurde von der Bombardierung verschont. Die Amerikaner erreichten noch an diesem Tag die Autobahn. Die letzten deutschen Panzer, die der Schlacht von Aegidienberg entkommen waren, unterstützten am Tag darauf Infanteristen und Volkssturm in Brüngsberg. Drewes begleitete seine Panzer zu Fuß. Vergeblich. Brüngsberg blieb in amerikanischer Hand. Am Karfreitag säuberten die Aegidienberger ihre Pfarrkirche, die vielen Dorfbewohnern als Asyl gedient hatte, und am Ostersonntag feierten sie ihr erstes Messopfer nach langer Zeit.

Der General-Anzeiger zeichnet das Kriegsende in Bonn und der Region auf seiner Internetseite unter ga-story.de im Tagebuchstil nach.

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