Beethovens Wallemähne aus Lasagne Honnefer Helge-Wolfram Fechner macht Kunst aus Nudeln

Bad Honnef · Helge-Wolfram Fechner nutzt ein ungewöhnliches Material für seine Kunstwerke: Nudeln. Seine Collagen will der Bad Honnefer demnächst bei öffentlichen Veranstaltungen in der Stadt zeigen.

Zweite Leidenschaft: Der frühere Barkeeper und Gastronom Helge-Wolfram Fechner mit einigen seiner Werke aus Nudeln und anderen Materialien.

Zweite Leidenschaft: Der frühere Barkeeper und Gastronom Helge-Wolfram Fechner mit einigen seiner Werke aus Nudeln und anderen Materialien.

Foto: Barbara Frommann

Wenn Helge-Wolfram Fechner Nudeln kauft, dann hat das nichts mit kulinarischen Vorlieben oder gar Vorratshaltung zu tun, dann geht es um Kunst. Denn der Bad Honnefer gestaltet Collagen. Allein 5000 Sternchennudeln hat er gebraucht, um einen Beethoven im Großformat zu schaffen.

Aber den Komponisten, dessen 250. Geburtstag in diesem Jahr gefeiert wird, gibt es als Porträt auch in der kleineren Version im Diorama. 50 bis 60 Stunden sitzt Fechner an solch einem Werk, berichtet er. Jede Nudel wird zweimal mit Acryl bemalt, dann mehrfach lackiert und mit einer Pinzette und Tischlerleim aufgeklebt.

Nudeln sind erst auf den zweiten Blick zu erkennen

Beethoven mit weißem Hemd, rotem Halstuch und dunklem Jackett – dass für dieses Bild Nudeln zum Einsatz kamen, fällt erst auf den zweiten Blick auf. Und für die Walle-Mähne hat sich Fechner noch etwas Besonderes ausgedacht – um den Schwung ins Haar zu bringen, bricht er Lasagnenudelplatten in Stücke.

Beethoven hat der Künstler aber nicht erst im Beethoven-Jahr als Motiv entdeckt. Ein Bonner Hotelier wollte ein Abbild des großen Sohnes der Stadt neben dem Flügel in seinem Haus haben. Ein Poster aus New York diente als Grundlage für die Gestaltung des Werkes.

In der europäischen Eat-Art-Szene bekannt

Fechner ist bekannt in der Eat-Art-Szene Europas, wurde von vielen Galerien eingeladen, nachdem er auf der „Art“ in Stuttgart den ersten Preis für den innovativsten Künstler erhalten hatte. Er gestaltet zum Beispiel kulinarische Collagen.

Zum Einsatz kommen neben hochwertigen Nudeln in zig Varianten auch Hülsenfrüchte, Gewürze und Muscheln, dazu auch Holz, Glas oder Schiefer. „Jedes Bild ist ein Unikat.“

Vom Barmann zum Kunstschaffenden

Auch Helge-Wolfram Fechner selbst, Jahrgang 1946, dürfte als Unikum gelten. Zur Kunst fand er zu nachtschlafender Zeit. Fechner konnte nicht zur Ruhe kommen nach seiner Arbeit, experimentierte mit Korken-Bildern.

Davon hatte er genug: Der gelernte Hotelkaufmann absolvierte zusätzlich eine Ausbildung zum Barkeeper, wurde Barmeister und führte 16 Jahre lang eine angesagte Cocktailbar am Ostseestrand in Eckernförde.

Dann wechselte er 1986 an den Rhein, war einer von 44 Bewerbern aus ganz Europa als Pächter des Bonner Presseclubs. Fechner erhielt den Zuschlag. In seiner Bar waren sie alle zu Gast: Helmut Kohl, Hans-Dietrich Genscher, Franz-Josef Strauß, bekannte Journalisten, Wirtschaftskapitäne und andere Prominente.

An seinem Tresen wurde Politik gemacht, wurden Geschichten recherchiert; Fechner war aufmerksamer Gastgeber, Entertainer, manchmal auch verschwiegener Beichtvater, eben das, was einen guten Barkeeper ausmacht. Bevor er den Größen der Politik so nahe kommen durfte, erzählt er, wurde er vom Bundeskriminalamt durchleuchtet.

Er reiste auch mit ins Ausland, war zum Beispiel beim Weltwirtschaftsgipfel in Moskau dabei. Strauß, der sogar angeschickert stocknüchternen Journalisten Paroli bieten konnte, beeindruckte ihn. Und unvergessen ist Fechner ein Gespräch über Gott und die Welt mit Spiegel-Legende Rudolf Augstein. Das Ende der Bonner Republik war aber auch das Ende des Presse-Clubs.

Helge-Wolfram Fechner und seine Frau Margaretha entschieden sich, in Bonn zu bleiben, obwohl man sie zu überreden versuchte, mit nach Berlin zu ziehen. Und: Die Fechners erhielten im internationalen Auswahlverfahren den Zuschlag für die Bewirtung im Haus der Geschichte – mit 450 Essen täglich und mehr als sechs Millionen Gästen. Bis 2002 blieben sie.

Es waren Knochenjobs mit 16-Stunden-Tagen, danach wollte Fechner „nur noch machen, was Spaß macht“. So „ganz nebenbei“ hatte er seit 1986 an mehr als 300 Fernseh-Sendungen wie „Fernsehgarten“ oder „Echt lecker“ mitgearbeitet, die Zeitung „Drinks“ gegründet und ein Cocktailbuch geschrieben. Für den Verlag tourte er damit durch mehr als 100 Buchhandlungen.

Helge-Wolfram Fechner hat rund 1000 Cocktails kreiert. Zwischen 1988 und 1996 siegte er auf 23 Turnieren weltweit, wurde zweimal Deutscher Meister der Barkeeper, Vizeweltmeister in Mexiko und Weltcup-Gewinner in Venedig.

Solch ein bekannter Barkeeper begegnet viel Prominenz. Bei einem Einsatz für Rolls-Royce kam sogar die Queen-Mum an seine Bar, sie wollte ihn mal kennenlernen. Der hatte sich vorab beim Kollegen vom Londoner „Savoy“ nach ihrem Lieblingsgetränk erkundigt. Als sie ihn raten ließ, antwortete er korrekt: „Sie sind berühmt für Gin Tonic.“ Aber sie staunte nicht schlecht, als er den 47-prozentigen Bombay Sapphire hervorholte und ihn mit Eis und Limette zelebrierte.

Vor zwei Jahren zogen Helge-Wolfram Fechner und seine Frau von Muffendorf auf die andere Rheinseite, und künftig kommen auch die Bad Honnefer in den Genuss seiner Barkeeper-Fähigkeiten.

Bei Schlemmerabenden und beim Rosenfest des Innenstadt-Vereins Centrum will er an einem Stand seinen Lieblingsdrink, den „Whiskey-Mac“ mit Scotch, Gingerwine und einer Scheibe Orange, kredenzen – und auch einige seiner Bilder zeigen. In diesem Jahr natürlich Beethoven.

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