Handwerk sucht Auszubildende Honnefer Dachdecker findet keinen Lehrling

Bad Honnef · Handwerksmeister Christian Klein würde gerne mehr junge Leute ausbilden, doch es fehlt an geeigneten Bewerbern.

 Meister und Lehrling: Christian Klein und sein Auszubildender Fabian Königsmark in der Werkstatt des Dachdeckerbetriebes.

Meister und Lehrling: Christian Klein und sein Auszubildender Fabian Königsmark in der Werkstatt des Dachdeckerbetriebes.

Foto: Frank Homann

Irgendwann stand Fabian Königsmark in der Tür. Dachdecker wolle er werden, und das unbedingt. Es war dieses Auftreten samt „Enthusiasmus für unseren Beruf“, das Christian Klein und seine Frau Elke direkt für den jungen Mann einnahm. Fabian Königsmark bekam seine Chance, Notenschnitt hin oder her. Und wenn er diese Chance jetzt nutzt und die Lehre durchzieht, dann steht seiner Zukunft in einem krisenfesten Gewerbe nichts im Wege, ist sein Chef und Ausbilder überzeugt. Denn Handwerk habe nach wie vor goldenen Boden – und nichts fehle derzeit so sehr wie fähiger Nachwuchs, sagt Dachdeckermeister Klein.

„Das Handwerk hat drei Probleme: Personal, Personal, Personal“, so Klein. Gerne hätte er, Dachdeckermeister in vierter Generation, auch in diesem Jahr einen neuen Lehrling eingestellt. Aber es fand sich keiner. Fabian, der sein zweites Lehrjahr beginnt, bleibt vorerst der einzige Azubi im Traditionsunternehmen an der August-Lepper-Straße. „Ich wollte immer Dachdecker werden, schon mit 14“, sagt der 18-Jährige: „Das ist mein Traumberuf.“

Immer weniger Interesse am Handwerk

Damit bildet Fabian eher die Ausnahme. Klein: „Ausbildungswilliger und ausbildungsfähiger Nachwuchs ist immer schwerer zu finden.“ Das war mal anders. Im Unternehmen, das 1876 vom Urgroßvater andernorts gegründet wurde und seit fast 50 Jahren in Bad Honnef angesiedelt ist, wurden unter der Ägide von Senior Alois Klein und dessen Sohn Christian bislang sicher 30 Lehrlinge ausgebildet, manche bis zum Meister begleitet. „Aber in den letzten Jahren sind es immer weniger geworden.“ Fünf der sechs Gesellen, die heute zum Team gehören, haben das Handwerk von Anfang an hier gelernt. Und sie blieben. Aber, so der 48-jährige Christian Klein: „Alle sind im selben Alter wie ich.“ Nachwuchs: Fehlanzeige.

Warum aber ist es so schwer, Lehrlinge zu finden? Klein: „Es mangelt an Akzeptanz für das Handwerk. Als ich mich entschied, Dachdecker zu werden, haben auch einige die Nase gerümpft. Aber heute ist es noch viel schlimmer.“ Vielen Eltern gelte allein das Abitur und eine akademische Ausbildung als Basis für Auskommen und Zufriedenheit im Beruf – und das führe komplett in die Irre. Folge auch: Die Hauptschulen stürben aus, auch Realschüler seien für das Handwerk oft verloren. Dabei sollten individuelle Neigung und der Wunsch, einen Beruf zu ergreifen, mehr Gewicht haben, müssten Praktika und Berufsinformationen auch durch die Schulen besser auf die Berufswahl vorbereiten. Schließlich, meint Elke Klein, gebe es im Handwerk viele Möglichkeiten voranzukommen: „Aber darüber wird viel zu wenig informiert.“

Viele Eltern setzen auf akademische Ausbildung

Ein anderes Problem: Schlüsselqualifikationen wie Zuverlässigkeit und Disziplin spielten in der schulischen Bildung und in manchen Elternhäusern offenbar immer weniger eine Rolle. „Wer schon beim ersten Vorstellungstermin eine halbe Stunde zu spät kommt, hat natürlich schlechte Karten. Und wenn die Elternhäuser nicht mitziehen, funktioniert es nicht. Ich bin schließlich nicht der Erziehungsberechtigte“, sagt Christian Klein. Weniger die Noten, als vielmehr diese Schlüsselqualifikationen und der Wille, das Metier zu lernen, seien entscheidend. „Ich schaue mir immer die Sportnote an. Die sagt etwas aus über Teamfähigkeit, und auch die ist wichtig.“

Dieses Zukunftsszenario kursiert in Handwerkerkreisen schon als Witz mit ernstem Hintergrund: Scharen von Akademikern warten vergeblich auf den 70-jährigen Handwerker. Auch die Frage der Betriebsnachfolge wird jährlich drängender. „Wenn Sie in einer Fachzeitschrift annoncieren 'Dachdeckermeister sucht Betrieb zur Übernahme', kriegen Sie 20 Zuschriften“, so Klein. Dachdecker, das sei ein „harter Job, keine Frage“. Aber es sei ein Beruf mit Zukunft. Klein: „Ich habe meine Berufswahl keinen einzigen Tag bereut.“ Dasselbe wünscht er auch Fabian Königsmark – und hoffentlich weiteren Lehrlingen.

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