KG Halt Pol in Bad Honnef Hinter den Kulissen einer Prunksitzung

Bad Honnef · Wie läuft eine Prunksitzung hinter den Kulissen ab? GA-Redakteurin Heike Hamann hat sich die Sitzung der KG Halt Pol mal aus einer anderen Perspektive angeschaut und Literat Jens Wilke den Abend lang begleitet.

Peter-Josef Euskirchen spielt, als wären die Gäste schon da. Kurz nach 18 Uhr am Mittwochabend steht das Gründungsmitglied der KG Halt Pol im Foyer des Bad Honnefer Kurhauses und greift in die Akkordeontasten. Die Zeit zum Zuhören hat jetzt kaum jemand. Auch Jens Wilke nicht.

Beim Literaten der KG laufen die Fäden für das Bühnenprogramm der Prunksitzung zusammen, er hat die Bands und Redner gebucht, den Zeitplan abgestimmt. Irgendwann weit nach Mitternacht wird der 44-Jährige wissen, ob er mit seiner Auswahl den Geschmack der Jecken im Saal getroffen hat. Nervös? „Nein“, sagt Wilke. Und dann: „Ein bisschen.“

Der Kursaal ist hell erleuchtet. Arbeitsatmosphäre. Ein Teil des Elferrats trägt schon Uniform, andere noch in Bürgerzivil, sie legen Programmzettel aus, verteilen Platzkärtchen, überprüfen den Sitzplan. Auf der Bühne verlegen Tontechniker noch einige Kabel zwischen dem Blumenschmuck, hinter der Bühne wird derweil ein Kühlschrank befüllt: Frikadellen, gekochte Eier, belegte Brote. „Unsere Pausenverpflegung“, erklärt Wilke und überprüft schnell noch einmal sein Handy: 18.30 Uhr, keine Nachrichten sind an so einem Abend gute Nachrichten.

Hinter den Kulissen bei der Sitzung der KG Halt PolWeniger gute Nachrichten kommen da von der Männertanztruppe der KG, dem „American Dream vom Rhing“. Zwei krankheitsbedingte Ausfälle haben die Trainerinnen Petra Brethauer, Andrea Steinbach-Jungheim und ihre Tochter Jenny kurzfristig etwas aus dem Konzept gebracht. „Wir mussten gestern Abend noch drei Tänze umstellen“, sagt Steinbach-Jungheim. Teils im Jogginganzug, teils in Jeans und T-Shirt stellen sich die Dreamboys noch schnell zur Generalprobe auf der Bühne auf. Abba schallt aus den Boxen, Hüftschwung und Drehungen bei den Jungs sitzen – fast. Auch bei KG-Präsident Jörg Pütz, der an einer schweren Erkältung laboriert und nicht nur als Tänzer, sondern vor allem als Sitzungspräsident einen langen Abend durchhalten muss.

Der begehrte Platz ist vorne

Zehn Minuten vor dem offiziellen Einlass stehen bereits zwei Clowns vor der Tür. Jens Wilke hat noch schnell das Aegidienberger Prinzenpaar auf der Empore begrüßt, jetzt steht er am Eingang, neben ihm KG-Geschäftsführer Axel Foppen und Kassierer Ralph Schilken mit dem Saalplan in den Händen. „Wir erwarten knapp 500 Gäste“, sagt Foppen. „Ausverkauft.“ Und mit einem Augenzwinkern: „Von denen möchten 200 gerne an Tisch 1 vorne rechts sitzen. Das haben wir auch in diesem Jahr leider wieder nicht hinbekommen.“ Eine halbe Stunde später haben Piraten, Indianer, Clowns, Burgfräulein und Vampire ihre Plätze gefunden, die Musiker um Sepp Dietrich – seit vielen Jahren die Sitzungskapelle der Halt Pöler – legen los, Kellner jonglieren Tabletts, die Stimmung ist bestens.

Im Foyer schaut Wilke aufs Handy, zum Eingang und wirkt verblüfft. Fast 20 Minuten vor dem Zeitplan fluten rund 120 Kölsche Funken rut-wieß den Vorraum, in ihrer Mitte das Bonner Kinderprinzenpaar, Vin-Luca I. (Kopprasch) und Lara I. (Pfeiler). Für den elfjährigen Prinzen ein Heimspiel, der gebürtige Honnefer ist seit drei Jahren Mitglied in der KG Halt Pol. „Fertig werden!“, brüllt Vize-Vorsitzender Dirk Schneider im Foyer seinem Elferrat um 19.40 Uhr zu. Minuten später ziehen Präsident und Halt Pöler im Klatschmarsch zur Bühne, Pütz begrüßt bestens aufgelegt die Jecken im Saal, von der Erkältung ist nichts zu merken. Die Sitzung läuft.

Zum elften Mal das Programm konzipiert

Wilke beobachtet den Auftritt der Funken, des Kinderprinzenpaares und schaut auf sein Handy. Dann tippt ihm jemand auf die Schulter. „Die Paveier sind gerade vorgefahren.“ Er eilt vor die Tür, dirigiert den Bandwagen zum Hintereingang. Um 20.15 Uhr schickt er dem Elferrat auf der Bühne eine Nachricht: „Die Paveier sind da. Alles im Plan.“ Die Band gibt mehrere Zugaben, und auch die Dreamboys der KG gehen bei ihrem Auftritt in die Verlängerung. „Gut zehn Minuten Zeitverzug.“ Zum elften Mal hat Wilke als Literat das Programm der Prunksitzung für die KG konzipiert – mit einem Vorlauf von zwei Jahren. „Verzögerungen kommen in diesem Geschäft überhaupt nicht gut an“, sagt er. „Und ich sehe mich da schon in der Rolle des Gastgebers, der dafür zu sorgen hat, dass alles gut läuft, die Künstler zufrieden sind und gerne wiederkommen.“ Guido Cantz jedenfalls hat es in Bad Honnef gut gefallen: Für die letzten Minuten der Dreamboys mischt er sich unters Publikum, dann zieht er sein rotes Jackett an und bespaßt sein Publikum.

„Die Höhner finden keinen Parkplatz“, lautet die Info, die Wilke elektrisiert. Auch die Kölner Kultband ist überpünktlich. Wilke bugsiert den Bus zum Hintereingang, Frontmann Henning Krautmacher ist gut gelaunt und nimmt die Verzögerung gelassen, setzt sich auf einen Stuhl, stimmt noch ein wenig die Gitarre. „Wir sind immer wieder gerne hier“, sagt er. „Der Saal ist toll und die Atmosphäre stimmt einfach.“ „Hey Kölle, do bes e Jeföhl“, „Echte Fründe“ – im Saal sitzt niemand mehr.

„Das Anstrengendste ist das Warten vor dem Auftritt“

Wilke kürzt die Pause, „damit wir wieder im Zeitplan sind“. Vor vielen Jahren, vor seiner Zeit als Literat, sei mal eine Prunksitzung richtig schief gelaufen, weiß der 44-Jährige: Blitzeis, keine Band war pünktlich. Keine neuen Nachrichten auf dem Handy. Die Kölschen Greesberger sind bereits da, und auch Bernd Stelter ist pünktlich, gibt als Zugabe die „Drei Haare auf der Brust“. Marita Köllner, Et Fussich Julche, steht im Foyer. „Das Anstrengendste ist das Warten vor dem Auftritt“, gesteht sie. „Aber auf der Bühne ist das gleich vorbei.“ Wenige Minuten später rafft die 59-Jährige die Röcke und gibt vor den Jecken im Saal Vollgas.

Mittlerweile ist es kurz vor ein Uhr, der letzte Programmpunkt sind die Domstürmer. „Die machen einfach eine tolle Stimmung - selbst nach Mitternacht“, schwärmt der Literat. Sänger Micky Nauber rockt mit „Ohne Dom, ohne Rhing, ohne Sonnesching“ den Saal. Wilke wird unruhig. „Es ist alles gelaufen wie am Schnürchen. Hier im Foyer gibt's eigentlich nichts mehr zu tun.“ Sagt's, steht kurz darauf neben den Kollegen vom Elferrat und klatscht, schunkelt und singt, als hätte der Abend eben erst begonnen.

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