Ausstellung im Gutenberghaus Himmerich: Honnefer Geschichte, die kaum einer kennt

BAD HONNEF · Die neuste lokalhistorische Ausstellung im Gutenberghaus an der Honnefer Hauptstraße beleuchtet die wechselhafte Geschichte des Himmerichs.

 Ausstellung Himmerich Gutenberghaus Foto: Frank Homann

Ausstellung Himmerich Gutenberghaus Foto: Frank Homann

Foto: Frank Homann

Ein paar Geschirrscherben, Ziegel-Bruchstücke und Metallreste sind alles, was vom einstigen Wanderer-Paradies auf dem Himmerich erhalten geblieben ist. „Heraus aus den stickigen, staubigen Fabrikhallen und hinaus in die freie Natur, in die gute Luft, in die Sonne!“ – von diesem Bedürfnis angeleitet, pachtete die Kölner Ortsgruppe des Touristenvereins „Naturfreunde“ im Februar 1920 eine ehemalige Steinbruchbaracke auf dem Himmerichplateau und richtete sie als Herberge für Wanderer her.

Zur feierlichen Einweihung des idyllischen Refugiums kamen damals 1000 Leute – und doch ist all dies ein Stück Honnefer Geschichte, das heute kaum noch jemand kennt. Das soll sich nun mit der neusten lokalhistorischen Ausstellung im Gutenberghaus ändern: „Der Himmerich. Geheimnisse eines Honnefer Berges“ lautet der Titel der abenteuerlichen Entdeckungsreise, die gestern offiziell eröffnet wurde.

Eine Vielzahl an Fotos, Urkunden, Zeitungsberichten und erhaltenen Gegenständen, in einem halben Jahr akribischer Recherchearbeit von Museumsleiterin Renate Mahnke und ihrem Team zusammengetragen, zeigt in mehreren Stationen die bewegte Geschichte des „Hirschkuhberges“. Da ist etwa eine Schiene aus dem damaligen Steinbruch, die vom Latitabbau am Himmerich im späten 19. Jahrhundert zeugt: Auf ihr wurde das gewonnene Material, zunächst noch fälschlicherweise für Dolorit gehalten, in Loren hinunter in das Mucherwiesental abtransportiert.

Zu Beginn der 1920er Jahre kamen dann die Naturfreunde und richteten auf dem Plateau ihr eigenes Wandererparadies ein – zunächst brachten sie die alte Steinbruchbaracke auf Vordermann, dann wurde aufgrund der steigenden Besucherzahlen eine zweite Hütte daneben gesetzt. Die Himmerich-Häuser wurden zum Besuchermagneten: Im Jahr 1927 konnten dort über 6600 Übernachtungs- und knapp 1200 Tagesgäste gezählt werden.

Mit dem Aufstieg der Nationalsozialisten nahm der Erfolg der Häuser jedoch ein jähes Ende. Im März 1933 besetzten SA-Truppen beide Gebäude. Die Hütten wurden beschlagnahmt und abgerissen – „weil Herberge Aufenthaltsort flüchtiger Kommunisten“, ist als Begründung in einem amtlichen Nachweis über „beschlagnahmte Vermögen staatsfeindlicher Organisationen und Einzelpersonen“ aus dem August desselben Jahres vermerkt.

Soll heißen: „Honnefs kommissarischer Bürgermeister Heinrich Behr wollte die sozialdemokratisch orientierten Naturfreunde mit allen Mitteln vom Himmerich weghaben“, erklärt Renate Mahnke – und die Häuser fielen den Bulldozern zum Opfer. Stattdessen plante Behr, auf dem Gipfel ein „Separatistenabwehrdenkmal“ in Erinnerung an die Kämpfe von 1923 zu errichten. Zur Grundsteinlegung am 15. Oktober 1933 wurde Reichspropagandaminister Joseph Goebbels auf dem Himmerich begrüßt, der dort zum ersten Mal den am Vortag verkündeten Austritt des Deutschen Reichs aus dem Völkerbund öffentlich kommentierte.

Ein Foto vom Tag der Feierlichkeiten zeigt Goebbels bei der Unterzeichnung der Urkunde, die ebenfalls als Kopie zu sehen ist. Aber: „Schon am nächsten Tag war der Grundstein aufgebrochen und die Urkunde gestohlen“, so Mahnke. Und die Unbekannten machten deutlich, was sie von den Plänen für das Nationaldenkmal hielten: Die Urkunde war durch einen Haufen Kot ausgetauscht worden.

Nun wird dem Vergessen der Kampf angesagt: Diesen April, über 80 Jahre später, wollen die Naturfreunde Köln eine Gedenktafel auf dem Himmerichplateau aufstellen, die zudem in den Geschichtsweg Aegidienberg eingebettet werden soll. Für Renate Mahnke ein Grund zur Freude: Denn so wird auch über die Grenzen ihrer Ausstellung hinweg an den Reichtum der Lokalgeschichte am Himmerich erinnert.

Die Ausstellung ist noch bis Ende Februar jeweils sonntags von 10 bis 13 Uhr im Gutenberghaus, Hauptstraße 40, zu sehen. Der Eintritt kostet 2,50 Euro pro Person. Zudem wird Leihgeber Hans Peter Schmitz am Donnerstag, 11. Februar, ab 19 Uhr einen Lichtbildvortrag über Geschichte und Wirken der Naturfreunde halten.

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