Archäologietour im Siebengebirge Geschichte unter der Grasnarbe

SIEBENGEBIRGE · Das Siebengebirge erzählt seine Geschichten nicht jedem. Sie sind oft verborgen, zugeschüttet oder nur noch als kleine Erhebungen in der Landschaft zu erkennen.

 Spurensucher:Die Archäologen Boris Durandt (vorne) und Rudi Dortangs am ehemaligen Standort der Alaunhütte in Niederholtorf.

Spurensucher:Die Archäologen Boris Durandt (vorne) und Rudi Dortangs am ehemaligen Standort der Alaunhütte in Niederholtorf.

Foto: Homann

Am nördlichen Zipfel auf Bonner Stadtgebiet legten Archäologen vom Amt für Bodendenkmalpflege des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR) in den vergangenen zwei Wochen Teile eines Ofens und eines Mauerwerks für Laugen frei, die im 19. Jahrhundert zu einer der größten Alaunproduktionshütten im Königreich Preußen gehörten. Das Bodendenkmal ist im Rahmen der ersten Archäologietour Siebengebirge am Sonntag, 25. Oktober, von 11 bis 17 Uhr einmalig für die Öffentlichkeit zu sehen. Nach der Dokumentation der freigelegten Überreste müssen die Archäologen die beiden Baugruben wieder zuschütten.

Grund für die erste Veranstaltung dieser Art in Bonn und im Rhein-Sieg-Kreis, bei der insgesamt fünf Bodendenkmäler zu besichtigen sind, ist der erfolgreiche Verlauf einer Archäologietour in der Nordeifel im mittlerweile neunten Jahr.

Rund 3000 Besucher zeigen jährlich ihr Interesse an der heimischen Archäologie in der Eifel. "Wir sind überrascht von diesem Erfolg und wollen sehen, ob unser Angebot in anderen Regionen ähnlich angenommen wird", sagte Professor Jürgen Kunow, Leiter des LVR-Amtes für Bodendenkmalpflege. Das LVR-Amt erhofft sich dadurch stärkere Aufmerksamkeit für seine Arbeit und will bestenfalls erreichen, dass Denkmäler in Absprache mit Naturschutzbehörden und Forstämtern künftig besser präsentiert werden können - beispielsweise mit Informationstafeln. Für dieses Vorhaben existiert allerdings kein Etat, sondern von Mal zu Mal muss eine Förderung beantragt werden.

Das Siebengebirge macht in diesem Jahr den Anfang. Künftig sollen alle zwei Jahre solche Archäologietouren im Großraum Bergisches Land unter dem Projektnamen "ArchaeoRegion Bergisches Land" stattfinden, das für die Denkmalpfleger zwischen Ruhr und dem nördlichen Rheinland-Pfalz liegt. Wie die Planerin der Archäologietour, Christine Wohlfahrt, erläuterte, hat das LVR-Amt rund 50 Bodendenkmäler im Siebengebirge beschrieben.

Die Grenze zieht der Landschaftsverband nördlich an der Sieg entlang. Zu den fünf ausgewählten Denkmälern gehören zwei weitere Bergbau- und Verhüttungsstationen: der historische Bergbau im Einsiedlertal auf Bad Honnefer Gebiet mit der neuzeitlichen Grube "Glückliche Elise" und das Bergbaugebiet bei Königswinter-Bennerscheid/Hennef-Uckerath. In Bad Honnef sind heute noch eingebrochene Stollenmundlöcher und bauliche Reste einer kleinen Erzwäsche zu sehen.

Bei Bennerscheid zeugen Schlackenhalden aus dem Mittelalter und der Neuzeit von der früheren Nutzung. In die Überbleibsel früherer Steinbrüche des Drachenfels' führen Mitarbeiter des LVR in Königswinter. Auf dem Weg liegt ein Fels mit einzigartigen Ritzungen in einer Wand nördlich des Burgfrieds. Bei Sankt Augustin-Niederpleis erinnert ein Hügel nahe der Niederpleiser Mühle an eine verschwundene Turmhügelburg, auch Motte genannt. Er stammt vom Aushub eines Verteidigungsgrabens. Über die Erbauer und Bewohner liegen den Denkmalpflegern keine Erkenntnisse vor. Wesentlich besser bestellt ist es mit den Erkenntnissen über die Bonner Alaunhütten des Unternehmens Bleibtreu & Cs.

Die Weiterverarbeitung des aus Braunkohle gewonnenen schwefelsauren Salzes, aus dem im Betrieb das für Färber und Gerber wichtige Alaun extrahiert wurde, beschäftigt LVR-Forscher Christoph Keller und seine Mitarbeiter seit dem vergangenen Jahr: "Die Anwohner beschwerten sich damals über den Geruch und die Dämpfe." Von 1806 bis in die 1860er Jahre produzierte der Betrieb stetig weiter, bis die aufwendige und energiereiche Produktion ein jähes Ende fand: In Island entstand Alaun bei der Herstellung von Soda als reines Nebenprodukt und stand dem Markt plötzlich günstig zur Verfügung.

Von den bewegten Zeiten ständiger Umbauten des Verhüttungsbetriebs zeugt noch das ehemalige Verwaltungsgebäude, in dem mittlerweile die Forschungsstelle für Jagdkunde untergebracht ist. Und ein kleiner, für den LVR-Tag freigelegter Mauerrest.

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