André Bohnefaß und Ferdinand Freiligrath im Dialo Geschichte und Geschichten werden lebendig

UNKEL · Die Szenerie mutete zunächst seltsam an: Zwei Männer, gewandet in historische Kostüme, beginnen einen Dialog, der der Zeit entrückt scheint. Als Carl Stumpf und Ferdinand Freiligrath, Romantiker und Revolutionsdichter, geben sie sich sodann zu erkennen.

 Historische Persönlichkeit trifft auf Romangestalt: Werner Geißler alias André Bohnefaß und Günter Küpper als Ferdinand Freiligrath.

Historische Persönlichkeit trifft auf Romangestalt: Werner Geißler alias André Bohnefaß und Günter Küpper als Ferdinand Freiligrath.

Foto: Homann

Hintergrund des besonderen Gesprächs, das viele Zuhörer verfolgten, war eine interessante Themenwanderung des Unkeler Geschichtsvereins. "Toll, dass du dich zu einer Rundreise entschlossen hast, um alte Freunde zu besuchen." So begrüßte nun also Carl Stumpf seinen Jugendfreund Ferdinand Freiligrath. Auf seiner Wanderung von Karl Simrocks Haus Parzival am Menzenberg kommend, machte Freiliggrath Station bei dem Liederdichter, der das dortige Weingut von seinem Schwager Franz Backers geerbt hatte. Kennen gelernt hatten sich die beiden schon als Jugendliche im "drögen" Westfalen, wie es hieß.

Es war die erste von drei Stationen der Themenwanderung in von Gudrun Küpper genähten Originalkostümen, erklärte der Vorsitzende des Unkeler Geschichtsvereins, Piet Bovy. In die Rolle des Dichters schlüpfte an der ersten Station Stadtarchivar Wilfried Meitzern. Carl Stumpf wurde von Detlef Blöcker gespielt, der als Tenor des berühmtem Kölner Männergesangvereins auch sein Sangestalent zeigen durfte.

Die rein fiktive Begegnung spielte 1870 und bot Gelegenheit, Jugenderlebnisse von Freiligrath aus seiner Unkeler Zeit 1839/40 Revue passieren zu lassen. Schon schmetterte Stumpf das Rolandsbogenlied "Ich kam von fern gezogen, zum Rhein, zum Rhein. Beim Wirt am Rolandsbogen, da kehrt ich ein." Und Freiligrath rezitierte: "Ich schritt hinab den Rhein, am Hag die Rose glühte."

Während die Jugendfreunde im Weingut ihre trockenen Kehlen für die zweite Aufführung ölten, führte die Themenwanderung "Eckenblut und Terra Stux" weiter zur Kelter am Unkeler Stadtweinberg. Dort traf Freiligrath (diesmal Günter Küpper) auf André Bohnefaß (Werner Geißler), die Hauptfigur der gleichnamigen Trilogie von Leonard Reinirkens. Der Unkeler Winzersohn, der lange vor dem Aufenthalt des Dichters am Rhein in der kurfürstlichen Armee gegen die französischen Revolutionstruppen gekämpft hatte, war von einem viel bodenständigeren Kaliber als der Poet, der sich von der romantischen Landschaft ins Reich der Poesie und Verse entführen ließ.

"Wer seid ihr denn, dat ihr Üch so ne Verzällcher leisten könnt?", fragte Bohnefaß Freiligrath irritiert. Er sei ein Dichter der Revolution von 1848, entgegnete dieser. Von ihm stamme der Spruch "Wir sind das Volk!"

Vor der Fassade des barocken Freiligrathhauses an der Rheinpromenade endete die Themenwanderung. Die Teilnehmer trafen dort auf ein junges Touristenpaar, Sabine Marquard und Wolfgang Ruland, das sich mit Heinz Magkas Novelle "Liebe in Unkel" über die Beziehung des Dichters zu Ida Melos informiert hatte und nun in deren Rollen schlüpfte. Die 1817 bei Weimar geborene Tochter des Gymnasialprofessors und Buchautors Johann Gottfried Melos war 1839 Gouvernante bei Oberst von Steinacker, der das Haus neben Freiligrath bezogen hatte. Beide verliebten sich in einander. Da sie aber bereits verlobt waren, versprachen sie, sich wie Geschwister zu lieben. Das Ende ist bekannt: "Meine Mission in Unkel ist erfüllt. Ich habe eine Liebe erkämpft und den Rolandsbogen neu gebaut", schrieb Freiligrath an seine damalige Verlobte kurz bevor er Unkel 1840 verließ.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort
Schöne Stimmen besingen den Mai
Chorgemeinschaft und Damenchor gestalten gemeinsam ein Konzert im Saal des Rathauses Bad Honnef Schöne Stimmen besingen den Mai