Gericht: Niedriger Beweggrund

Die Frage, die sich am Ende stellte, war: Ist die Pflegemutter wegen Mordes oder wegen Totschlags zu verurteilen? Eine schwierige Frage in diesem Fall, in dem die Staatsanwaltschaft zunächst nur Anklage wegen Körperverletzung mit Todesfolge erhoben hatte.

Während des mündlichen Gutachtens des Rechtsmediziners stellte sich dann heraus, wie lange Anna unter Wasser gedrückt worden sein muss. Und damit auch ein vorsätzliches Tötungsdelikt vorliegen könnte. Denn wer ein Kind mindestens drei Minuten unter Wasser drückt, der nimmt zumindest billigend in Kauf, dass es stirbt, so das Gesetz. Wer das tut, der handelt vorsätzlich. Ob die Pflegemutter damit einen Mord oder einen Totschlag begangen hat, hängt davon ab, warum und wie sie die Tötung beging.

Für das Schwurgericht ist nun sicher: Es war Mord. Was aber macht ein Tötungsdelikt dem Gesetz nach zum Mord? Im Gegensatz zu einem vorsätzlich begangenen Totschlag muss der Täter beim Mord weitere sogenannte Mordmerkmale erfüllen. Und deshalb ist laut Paragraf 211, Strafgesetzbuch, nur derjenige ein Mörder, der aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier, zur Verdeckung oder Ermöglichung einer Straftat tötet. Ein weiteres Mordmerkmal ist die Heimtücke, bei der die Arg- und Wehrlosigkeit des Opfers ausgenutzt wird.

Oder eben sonstige niedrige Beweggründe, die nach allgemein anerkannten Wertmaßstäben besonders verwerflich und verachtenswert sind wie Hass, Rache oder wie in diesem Fall völlig übersteigerte Eigensucht, in der das Opfer für den Täter nur noch ein Objekt ist. Stellt das Gericht fest, dass die Tat zumindest eines dieser Merkmale enthält, so ist der Täter wegen Mordes zu verurteilen und muss mit lebenslangem Freiheitsentzug bestraft werden. Eine Haftentlassung auf Bewährung ist erst nach 15 Jahren möglich.

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