Einrichtung in Hohenhennef "Ein schöner Platz zum Leben"

BAD HONNEF · "Da oben stand ich!" Mason Schlösser zeigt auf die Spitze des Eiffelturms. Ein großes Poster hängt an der Wand seines Wohnzimmers. Paris. Die Stadt seiner Träume? "Warum nicht, ich würde noch mal hinfahren", sagt der 24-Jährige. "Ich habe noch Ziele im Leben."

 Regina Marcos, "Neustart"-Regionalleiterin Bad Honnef, geht mit Mason Schlösser den Wochenplan durch.

Regina Marcos, "Neustart"-Regionalleiterin Bad Honnef, geht mit Mason Schlösser den Wochenplan durch.

Foto: Frank Homann

Momentan ist sein Aktionsradius kleiner. Mit Bus und Bahn zu fahren, fällt Mason schwer. Fiel ihm irgendwann immer schwerer. So erreicht er mit dem Taxi seinen Arbeitsplatz auf Hohenhonnef. Mason Schlösser, der psychische Probleme hat, hat eine Wohnung in einem der beiden neuen Apartmenthäuser der Hohenhonnef GmbH in Selhof gemietet, mit Blick ins Grüne.

In beiden Häusern gibt es jeweils sechs Wohnungen

"Ein schöner Platz zum Leben, es ist ruhig hier", sagt Christina Marcos, Honnefer Regionalleiterin von "Neustart". Die Mitarbeiter dieser Einrichtung sind im gesamten Kreisgebiet Dienstleister für das Betreute Wohnen der Hohenhonnef GmbH, das den mit psychischen und teils physischen Problemen betroffenen Menschen mehr Selbstständigkeit einräumt, mehr Lebensqualität verschafft. In den beiden Häusern in Selhof gibt es je sechs Wohnungen.

"Wir halten alle zusammen", betont Chantal Raskob, die ebenfalls psychische Probleme hat. Sie bewohnt das Appartement direkt über Mason Schlösser. "Wir schauen auf den Spielplatz." Dort haben die Mieter schon ein Fußballturnier veranstaltet. Da kickt dann auch Mason mit. Seine Nachbarn vermitteln ihm Sicherheit. Aber Spaziergänge traut er sich auch in der Gruppe noch nicht zu. Seine Einkäufe erledigt er mit Timo Ivan, seinem "Neustart"-Bezugsbetreuer.

[kein Linktext vorhanden]"Ich habe ihm gesagt, dass ich meine Ernährung ändern will. Ich habe nie Hunger, das ist mein Problem", erklärt Mason Schlösser. Mehr Obst und Gemüse will er essen. Und dementsprechend wird auch eingekauft. In der Woche erhält Mason sein Mittagessen auf Hohenhonnef. An den Wochenenden kocht er selbst. "Ich habe ein gutes Rezept. In die Pfanne gebe ich Gemüse, Kokosmilch und Hähnchenfleisch." Mason schiebt die Ärmel hoch - als Beweis, dass da mehr Muskeln sind als früher. Das liegt aber auch am Krafttraining, an dem er in Hohenhonnef teilnimmt, um das Selbstbewusstsein zu stärken. Basketball, Tischtennis macht er mit. Einen Box-Sack hat er in der Wohnung. Sport zum Abreagieren. Und: "Ich meditiere jeden Abend."

Persönliche Betreuer begleiten ihre Schützlinge im Alltag

In der Küchenzeile herrscht Ordnung. Aufgeräumt ist die ganze Wohnung. Jeder im Haus hat seinen Wochenplan mit den Arbeits-, Putz- und Waschzeiten. "Unsere Klienten", wie Christina Marcos die Bewohner nennt, "haben strukturierte Tagesabläufe." Die persönlichen Betreuer sind Sozialarbeiter, Heilerziehungspfleger, Erzieher. Sie geben praktische Anleitungen, begleiten ihre Schützlinge durch den Alltag, zu Ärzten, Ämtern und zum Einkaufen; sie sind aber auch für die psychosoziale Begleitung oder Soziotherapie zuständig. Es ist eine maßgeschneiderte Betreuung.

"Ich habe erst stationär gelebt, dann in einem Appartement auf Hohenhonnef. Dort habe ich geübt, bis ich in die Stadt ziehen konnte", erzählt Chantal. "Ich bin früher ungern aus dem Bett, ich war das Nichtarbeiten gewöhnt." Jetzt steht die 27-Jährige um 6.30 Uhr auf. Zweimal in der Woche schafft sie in der Montagewerkstatt auf Hohenhonnef, an drei Tagen ist sie in der Kunstwerkstatt "Der blaue See".

Mason Schlösser arbeitet in der Aktivwerkstatt. Er hat bereits eine Ausbildung als Lagerist. "Mein Ziel ist es, Fachanleiter zu werden. Ich unterstütze gern den Schwächeren." So ist Schlösser auch Mitglied des Beirats. "Wir sind Bindeglied zwischen den insgesamt 170 ,Neustart?-Klienten und Betreuern, wir sind ihr ,Mund?."

Mason ist quasi der "kleine Picasso" von Hohenhonnef. Mehrere Bildmotive des spanischen Künstlers hat er als Mosaike gefertigt. Auch eigene Kreationen kann er vorweisen. "Ich zeichne das auf, breche die Gläser." Mit geschickten Händen setzt er die Splitter mit der Pinzette zusammen. Chantals fantasievolle Bilder wurden bereits in Ausstellungen gezeigt. Sie mag nur nicht, wenn Besucher verwundert sind, dass behinderte Menschen die Kunstwerke geschaffen haben. Was in ihren Ohren diskriminierend klingt, fasst Mason als Lob auf: "Sie meinen doch lediglich, dass auch Leute mit Behinderung etwas Gutes machen können."

In der Freizeit hört Chantal Musik oder besorgt sich neue Lektüre in der Stadtbücherei. Ihre Kreativität lebt sie nicht nur in der Kunstwerkstatt, sondern auch in der Küche aus. Sie experimentiert sehr viel, gern mit Kräutern - und die Mitbewohner dürfen testen. "Ich bin eine Pasta-Tussi", scherzt die junge Frau. Sie fühlt sich wohl in ihrer Wohnung. "Ich plane nicht. Mein Ziel ist, weiter in der ,Bewo? zu bleiben." Mit anderen Bewohnern war sie im Urlaub - der Förderkreis Hohenhonnef machte es möglich. [kein Linktext vorhanden]

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