Lesung in Adenauers Wohnzimmer Der krimibegeisterte Kanzler

RHÖNDORF · Hercule Poirot und Chefinspektor Japp ermittelten. Im Adenauer-Haus. Düsterer Himmel, Regen peitschte gegen die Fenster, draußen wurde es immer dunkler und im Wohnzimmer stieg die Spannung. Schauspieler Jona Mues las aus dem Krimi "Das Geheimnis der Schnallenschuhe" von Agatha Christie. Das hätte auch Konrad Adenauer gefallen.

 Schauspieler Jona Mues las im vollbesetzten Wohnzimmer aus dem Agatha-Christie-Krimi von 1940, der schon Altkanzler Adenauer gefiel.

Schauspieler Jona Mues las im vollbesetzten Wohnzimmer aus dem Agatha-Christie-Krimi von 1940, der schon Altkanzler Adenauer gefiel.

Foto: Frank Homann

Romane der "Queen of Crime" zählten zur Lieblingslektüre des ersten deutschen Bundeskanzlers. Enkel Konrad Adenauer und seine Frau Petra hatten nach Rhöndorf eingeladen - als Gastgeber des KunstSalon-Festivals "Literatur in den Häusern der Stadt". Ehe sich die rund 40 Besucher von der Handlung des Krimis gefangen nehmen ließen, führte sie Konrad Adenauer, Mitglied des Vorstandes der Stiftung Bundeskanzler-Adenauer-Haus, durch das Wohnhaus, erzählte charmant Begebenheiten aus dem Leben seines Großvaters und erläuterte viele Details der Einrichtung. Auf die selbstgebaute Zeitschaltuhr der Leselampe am Bett machte er besonders aufmerksam. Denn: Wenn Tüftler Adenauer beim Schmökern einschlief, ging das Licht automatisch aus. Auch ein Blick auf die Sammlung von Krimis in einem Schrank war möglich. Konrad Adenauer: "Damals gab es die Goldmann-Krimis und die Reihe ,Die Schwarzen Kriminalromane? aus dem Scherz-Verlag. Wenn meinem Großvater ein Buch nicht gefiel, schrieb er ,schlecht? rein."

"Das Geheimnis der Schnallenschuhe" hat Konrad Adenauer offensichtlich zugesagt. Sein Enkel präsentierte den Besuchern das von dem Kanzler erworbene Büchlein, in das er auf Seite eins mit dem Füller "Adenauer - Bürgenstock - 1951" notiert hatte. Dieser Krimi mit dem charakteristischen schwarz-roten Buchdeckel war kurz zuvor in dem Berner Verlag erschienen. Adenauer suchte auch in jenem Jahr auf dem Bürgenstock bei Luzern Erholung und hatte sich offenbar das druckfrische Exemplar dort besorgt. Die englische Originalfassung stammte von 1940 und war der 28. Krimi von Agatha Christie, in dem der belgische Detektiv Hercule Poirot und Chefinspektor Japp von Scotland Yard den Mörder von Zahnarzt Morley jagen. Vielleicht schaltete der Kanzler bei der Lektüre von seinen intensiven Gesprächen mit einer Delegation des Deutschen Gewerkschaftsbundes ab, die er am 8. August 1951 auf dem Bürgenstock führte?

Ob Hörbücher ein Fall für Konrad Adenauer gewesen wären? Jedenfalls machte der Abend mit Jona Mues Lust auf "Agatha Christi zum Hören", Mues' ausdrucksstarke Lesung fesselte.

Der Schauspieler ist Ensemblemitglied des Koblenzer Theaters. Er hatte schon mit sechs Jahren seine erste Rolle in "Jokehnen" mit Armin Mueller-Stahl. Der Sohn des Schauspielers Dietmar Mues spielte auch im "Tatort" mit und in Filmen wie "Der Baader-Meinhof-Komplex". Er hat bereits mehrere Hörbücher gesprochen. Mues war vom Adenauer-Haus "total beeindruckt. Hier herrscht solch eine schöne Atmosphäre. Im Sommer komme ich mit meiner Frau wieder, um mir alles in Ruhe anzusehen."

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