Honnefer Krankenhaus informiert zum Thema Schmerzen Den Teufelskreis durchbrechen

Bad Honnef · Beim Patientenforum im Cura-Krankenhaus zum Aktionstag der Deutschen Schmerzgesellschaft zeigten Ärzte und Therapeuten Behandlungsmöglichkeiten auf. Ein Ansatz ist die wissenschaftliche Erkenntnis: Schmerz entsteht immer im Gehirn.

 Schmerz lass nach: Unter chronischen Rückenschmerzen leiden in Deutschland etwa jede fünfte Frau und jeder siebte Mann, so Statistiken.

Schmerz lass nach: Unter chronischen Rückenschmerzen leiden in Deutschland etwa jede fünfte Frau und jeder siebte Mann, so Statistiken.

Foto: picture alliance / dpa-tmn

Birgit Simo macht's vor: Die Finger der rechten Hand auf und ab bewegen und zugleich mit der linken Hand eine flache Acht beschreiben – diese Koordinationsübung sei „für alle eine Herausforderung, nicht nur für Schmerzpatienten“, so die Mitarbeiterin des Bereichs Medizinische Trainingstherapie im Cura-Krankenhaus. Ein Effekt: Die Konzentration auf die Bewegung, den Körper, die Atmung lenkt ab vom Schmerz.

Bei Übungen wie dieser, von Birgit Simo und Kollegin Katrin Kaestner demonstriert, und Fachvorträgen ging es im Patientenforum des Krankenhauses um das Thema chronischer Schmerz. Anlass war der „Aktionstag Schmerz“ der Deutschen Schmerzgesellschaft.

Mehr als 40 Interessierte fanden sich im Kursraum Josef ein, wo Chefarzt Stefan Wirz, auch Beiratsmitglied der Deutschen Schmerzgesellschaft, und sein Team das Thema von allen Seiten beleuchteten. Physio- und Ergotherapie, Pflege, medizinische Trainingstherapie in Kombination mit medikamentösen, psychologischen und gegen-irritierenden Verfahren: All diese Facetten wurden beleuchtet.

Therapien im Cura-Krankenhaus sind "multimodal"

Die Schmerztherapie im Cura-Krankenhaus beruht auf dem sogenannten multimodalen Konzept. Disziplinen und Therapien greifen ineinander, ergänzen sich und stellen den gesamten Menschen ins Zentrum. Und sie bieten den Betroffenen Hilfe zur Selbsthilfe. Grundsätzlich sei zu unterscheiden zwischen akutem und chronischem Schmerz, erklärte Wirz.

Doch während akuter Schmerz eine natürliche Warnfunktion des Körpers sei, gehe diese Funktion beim chronischen Schmerz verloren, sagte Schmerzmedizinerin Susanne Jaxy. Eine Folge: eine Schonhaltung, die in Wirklichkeit eine Fehlhaltung ist – und einen Teufelskreis aus Bewegungsmangel, Rückzug und sozialer Isolation, Angst und Depression in Gang setzen kann.

„Schmerz entsteht immer im Gehirn, deshalb müssen wir da ansetzen. Das Gehirn funktioniert normalerweise wie ein gut eingespieltes Orchester. Bei chronischem Schmerz ist da nur noch eine Melodie: die des Schmerzes“, ergänzte Holger Forthmann, Leiter der Physiotherapie. Bewegung sei das A und O, um die Schmerzhemmung zu mobilisieren, damit „der Schmerz nicht durchkommt“.

Er nannte ein Beispiel: Probanden, die über einen gewissen Zeitraum Trainingseinheiten auf dem Fahrrad absolviert hatten, empfanden den Druckschmerz einer engen Blutdruckmanschette hernach nicht mehr als so unangenehm – dabei, so Forthmann, „hatten sie nicht die Arme, sondern die Beine trainiert“. Den Patienten schrieb er ins Stammbuch: Sechsmal Physiotherapie, und das war es dann – das sei nicht der richtige Weg. „Es braucht Geduld und es muss richtig erklärt werden. Und Sie müssen täglich üben.“

Die Psyche spielt eine große Rolle

Diplom-Psychologin Helen Szemendera lenkte das Augenmerk auf einen weiteren Aspekt der multimodalen Schmerztherapie: „Viele Patienten kommen zu uns ohne Befund, das ist sogar eher die Regel. Das bedeutet aber nicht, dass der Schmerz etwa eingebildet wäre.“ Die Psyche spiele halt auch eine Rolle im interdisziplinären Mehrklang des Schmerzes.

Fehlinterpretationen, ob nun eigene oder solche, die das Umfeld äußere, wirkten sich negativ aus. Oft würden soziale Aktivitäten eingedämmt. Dabei sei das Gegenteil wichtig, etwa, den Dingen auf den Grund zu gehen, Kontakte und Hobbys zu erhalten, Ablenkung und Entspannung zu suchen. Die Rolle der Psyche zeigt auch dieses Beispiel: Patienten mit Rückenproblemen wurden in eine Röntgen- und eine Nicht-Röntgen-Gruppe aufgeteilt. Und obwohl der Befund bei allen gleich war, klagten die Patienten der Röntgen-Gruppe über stärkere Schmerzen.

Wirz verdeutlichte die Bedeutung der Schmerztherapie, die ihren Ursprung in der Anästhesie hat. Das zeigten auch die ökonomischen Auswirkungen: Schmerzen verursachten jährlich Kosten von geschätzt 40 Milliarden Euro. Informationen über die Cura-Angebote unter www.cura.org

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