Ferienprogramm in Aegidienberg Clemens gibt Kredit, Micha sorgt für Ordnung

AEGIDIENBERG · In Baegi-City liegt der Wilde Westen von Aegidienberg: 30 Kinder bauen ein Dorf und verwalten sich selbst. Es gibt einen Saloon, eine Bank und sogar ein Casino.

Fehlen eigentlich nur noch Marshall Matt Dillon, Festus und Miss Kitty. Aber die Stadt hinter den sieben Bergen heißt ja nicht Dodge City, sondern Baegi-City. Abenteuerlich wie in der Kultserie „Rauchende Colts“ geht es im Wilden Westen an der Wiese unterhalb der Theodor-Weinz-Schule aber auch zu. Sheriff Micha hat das Sagen über die 30 Bewohner. Hier ist „Waffenfreie Zone“, wie ein großes Schild am Stadttor klarmacht. Höchstens eine Wasserschlacht ist erlaubt.

Zum dritten Mal veranstaltet der Jugendtreff Aegidienberg mit Leiter Michael Neusel an der Spitze und mit finanzieller Unterstützung durch das Aalkönigskomitee und weiteren Sponsoren den „Bauspielplatz Aegidienberg“. Diesmal steht die Ferienaktion unter dem Motto „Wilder Westen“. Drei Wochen lang können sich die sechs- bis 14-jährigen Teilnehmer wie die Trapper und Planwagenfahrer von einst fühlen und eine Stadt bauen.

Chantal zum Beispiel ist von Anfang an dabei. Im Schatten der Bäume hat sie Armbänder geflochten. Mit dem Verkaufserlös kann sie sich Nägel oder Holz besorgen. Baegi-City ist schon sichtlich gewachsen. Am Anfang standen nur der bunte Totempfahl und das Eingangstor. Jetzt gibt es neben Wohnhäusern auch ein Casino mit Tresen und Zockertisch, einen Massagesalon, einen Donnerbalken und – ganz wichtig – auch eine Bank. Denn die Siedler entdeckten Goldnuggets auf ihren Claims. Fritz, Benedikt, Jan, Florian, Till, Jonathan, Henry und Theo fanden so viele, dass sie sich sogar ein Holzdach für ihr Haus leisten konnten.

Acht Nägel dienen als Kleiderhaken

Die acht Jungs hatten noch mehr Ideen. Sie entwickelten eine Lotterie und betrieben ein Glücksrad. Till bemalte kleine Holzstücke, die er als Kunstwerke verkaufte. „Wir haben viel verdient, aber für den Bau auch viel Geld ausgegeben“, erzählt Fritz. In ihrem Haus sind an einer Wand acht Nägel eingeschlagen. Sie dienen als Kleiderhaken. Gegenüber sind Hammer und Säge ordentlich befestigt. Auch einen Keller und einen komfortablen Sitz haben die Jungs gefertigt.

Eine tolle Architektur weist auch die Bank auf – mit Schalter, Tresorraum und Schiebefenster. Clemens und sein Zwillingsbruder Valentin, Jean-Pierre, Hans und Bennet arbeiten hier. Clemens vergibt Kredite. Am Anfang war das Holz noch kostenlos, als es knapper wurde, musste gezahlt werden. Da benötigten die Bauherren Geld. „Wir brauchten beim Bau keine Impulse zu geben“, berichtet Michael Neusel. „Als Pädagoge macht mich das optimistisch, dass die Kinder doch noch kreativ sind.“ Klasse findet er auch, wie sich seine Schützlinge unterstützen. Mehrere gehbehinderte Kinder sind mit in die Wildweststadt eingezogen. „Hängt mal einer mit dem Rollstuhl auf der Wiese fest, hilft ein anderer ganz selbstverständlich.“

Im Großen Tipi gibt's Gegrilltes und Spaghetti

Auch Indianer tauchten in Baegi-City auf: Schwarzer Wolf und Kleiner Vogel. Mit Händen und Füßen verständigten sich die Wildwestler mit den Rothäuten. Klappte prima. Morgens, mittags vor dem Essen und vor dem Abholen am Nachmittag versammeln sich die Bewohner im großen Tipi. Mit der Trommel werden sie gerufen. „Guten Hunger! Haut rein!“ – „Aber feste, bis es kracht!“ Was es gibt? Nur Selbstgekochtes. Bohnen natürlich. Gegrilltes, Spaghetti. Diesmal Linsensuppe.

Gibt es mal Stress, wie nach einem Nugget-Diebstahl, finden sich die Bewohner auf dem Streitplatz ein. Jede Partei hat einen Sprecher. Der oberste Richter stammt aus dem Helferteam. Neusel: „Eine Entschuldigung hat bisher immer gereicht. Ein Gefängnis brauchen wir hier nicht.“

Clemens: „Gut finde ich, dass die Betreuer richtig mitmachen. Der Michael geht auch mal ins Casino oder nimmt einen Kredit auf.“ Am 29. Juli ist leider Schluss mit Wildwest in Baegi-City.

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