Ausstellung im Kunstraum am Rathausplatz Augenblicke des Alltags

BAD HONNEF · Drei Schwestern sitzen auf einem Schlitten, ein Mädchen müht sich mit dem Hula-Hoop-Reifen, der italienische Eisverkäufer reicht neben seinem Fahrrad-Eismobil das Eistütchen an ein Kind, ein Großvater sieht seinen Schafen beim Fressen zu.

 Auch Erinnerungen an den ersten Schultag hielt Angelina Konrad in ihren Arbeiten fest.

Auch Erinnerungen an den ersten Schultag hielt Angelina Konrad in ihren Arbeiten fest.

Foto: Oschmann

Es sind Alltagsaugenblicke, wie sie die etwas Älteren selbst erlebt haben vor 40, 50 oder 60 Jahren. Angelina Konrad aus Rhöndorf hat Aufnahmen aus ihrem Familienalbum als Grundlage ihrer Holz- und Linolschnitte verwertet. Den Titel "Zeitlang" gab sie ihrer Ausstellung, die nun im Kunstraum eröffnet wurde.

"Zeitlang"? Das ist ein Ausdruck, der in der Oberpfalz, der Heimat der Künstlerin, gebräuchlich ist für Sehnsucht, für Heimweh. Kunsthistorikerin Gudrun von Schoenebeck, die bei der Vernissage in die Werke einführte, sagte: "Dieser Begriff hat etwas sehr Poetisches, aber es schwingt keine Sentimentalität mit. 'Zeitlang' passt wunderbar zu den Arbeiten der Künstlerin.

Es ist ein Rückblick, eine Zeitreise in die Biografie der Künstlerin, in der durchaus der Wunsch, sich an die eigene Kindheit und Jugend zu erinnern, zu spüren ist." Aber nicht verklärend, so dass jeder gedanklich und emotional einsteigen könne, sich vielleicht sogar selbst wiederfinden, denn "viele dieser Momente gehören gewissermaßen in die Kiste unserer kollektiven Erinnerungen, und ich halte es für ein großes Verdienst dieser Arbeiten, dass sie uns mitnehmen auf eine Zeitreise".

Es passiert nichts Aufregendes, aber die Szenen wecken Erinnerungen, wirken vertraut. Angelina Konrad dokumentiert mit ihren Arbeiten Alltag - den ersten Schultag, die Kommunion, ein Picknick, die Fahrt auf dem Kettenkarussell. Die Dargestellten arbeitet die Künstlerin in feinen zeichnerischen Linien aus, ohne dass die Personen zu identifizieren sind.

In der Serie "Zeitlang I" hat sie die Motive in die äußere Bodenseite von Holzkästen eingraviert, mit großer Begabung für Bildkompositionen. Hinzu kommt eine reiche Farbigkeit - die Arbeiten sind so bunt wie das Leben. Etwas Besonderes: Angelina Konrad hat auf einige Bilder noch ein farbliches Muster aufgetragen.

Mit Strukturwalzen, wie sie vor 150 Jahren entwickelt wurden. Konrad hat mittlerweile eine große Sammlung mit etwa 200 Stück. Die Motive dieser Gummiwalzen reichen von Früchten über Blumen bis hin zum Kaffeegeschirr und werden von ihr für die jeweilige Bildsituation mit Geschmack ausgewählt.

In "Zeitlang II" verwendet Angelina Konrad statt Holzkästen Linolplatten. "Die monochromen Linolschnitte leben von der Kolorierung, in der die Farbe nie stumpf und tot die Bildfläche überzieht", sagte Gudrun von Schoenebeck. Sie fragte: "Wie langweilig könnte es sein, wenn jemand uns sein altes Fotoalbum vorlegt. Bei Angelina Konrads Bildern werden wir eingeladen - nicht zum Zuhören, sondern zum Teilnehmen."

Die Ausstellung im Kunstraum am Rathausplatz ist bis zum 18. Oktober jeweils donnerstags und freitags von 16 bis 19 Uhr sowie samstags und sonntags von 10 bis 13 Uhr geöffnet.

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