Der stille Kämpfer Ehrenlandrat Franz Möller im Alter von 87 Jahren gestorben

Rhein-Sieg-Kreis · Nach langer Krankheit ist am Freitag Ehrenlandrat Franz Möller in Bad Honnef gestorben. Er gilt als einer der prägendsten Politiker der Region und Architekt des Berlin-Bonn-Ausgleichsvertrages. Ein Nachruf.

Franz Möller ist tot. In der Nacht zu Freitag ist der Ehrenlandrat des Rhein-Sieg-Kreises im Alter von 87 Jahren nach langer schwerer Krankheit in Bad Honnef gestorben. Er folgte seiner Frau, die vor einer Woche an den Folgen eines Schlaganfalls starb und am Freitagmorgen beerdigt wurde. Der promovierte Jurist gilt als einer der prägendsten Politiker der Region. Er war ein wichtiger Architekt des Berlin-Bonn-Ausgleichsvertrages, in dem die Aufgabenteilung zwischen Bonn und Berlin festgeschrieben wurde. Ein Erfolgsmodell, wie man heute weiß.

Franz Möller wurde 1930 im Emsland geboren und studierte zu Beginn seiner bemerkenswerten Karriere Jura in Freiburg und Münster. Seinen Plan, Rechtsanwalt zu werden, gab er auf, nachdem er als Referendar die Verwaltung des Bundestages in Bonn kennengelernt hatte. Dort übernahm er schnell verantwortungsvolle Aufgaben, war maßgeblich mit dem Aufbau des Wissenschaftlichen Dienstes des Parlamentes betraut.

Er wurde Leiter der Personalabteilung und der Abteilung „Dienste für Abgeordnete“. Möller war persönlicher Referent des damaligen Bundestagspräsidenten Eugen Gerstenmaier. In der Bundestagsverwaltung lernte er auch seine spätere Frau Ilse kennen. Der Vater dreier Kinder und Großvater von vier Enkeln lebte viele Jahre mit der Familie in Sankt Augustin und zuletzt in Bad Honnef.

Ehrenlandrat dank besonderer Verdienste

Auf kommunalpolitischer Ebene setzte er über viele Jahre Akzente. Möller war 19 Jahre lang Mitglied des Kreistages und von 1974 bis 1999 ehrenamtlicher Landrat des Rhein-Sieg-Kreises. Er wirkte unter anderem als Präsident des Landkreistages NRW und Vizepräsident des Deutschen Landkreistages. 1986 erhielt er das Bundesverdienstkreuz. 1999 wurde ihm dank seiner besonderen Verdienste der Titel des Ehrenlandrates des Rhein-Sieg-Kreises zuerkannt.

Franz Möller saß von 1976 bis 1994 im Bundestag. Sein politisches Spezialgebiet war der Städte- und Wohnungsbau. Und weil dies eine Disziplin ist, in der man vorausschauend planen muss, hatte er nach der Wiedervereinigung Deutschlands bereits den Bundestagsbeschluss von 1991 zum Regierungsumzug nach Berlin antizipiert und eine Idee entwickelt, die auch Bonn und die Region nicht im Regen stehen ließ. Am 10. Februar 1990 legte er ein Memorandum vor, das Berlin künftig als Hauptstadt und Bonn als Regierungssitz vorsah. Das war die Grundlage für die spätere Aufgabenteilung der Bundesregierung an Rhein und Spree.

Einsatz für faire Arbeitsteilung zwischen Bonn und Berlin

1976 wurde er zum ersten Mal direkt in den Deutschen Bundestag gewählt. Viermal gewann er seinen Wahlkreis, der Sankt Augustin, Königswinter, Bad Honnef und den linksrheinischen Rhein-Sieg-Kreis umfasst. Von 1982 bis 1990 war Möller Vorsitzender des Bundestags-Ausschusses für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau, der auch für den Ausbau Bonns zur Bundeshauptstadt zuständig war.

Nach der Wiedervereinigung wurde er in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion zum Justiziar und in den Geschäftsführenden Fraktionsvorstand gewählt. Von 1991 bis 1994 war er im Ältestenrat und Mitglied in der Konzeptkommission des Bundestages, die das Berlin/Bonn-Gesetz vorbereitet und die Bonn-Vereinbarung ausgearbeitet hat. In dieser Funktion hat er sich immer für eine „faire Arbeitsteilung zwischen Bonn und Berlin“ eingesetzt.

Neugründung der Fachhochschule Bonn-Rhein-Sieg

Auch nach seiner aktiven Zeit als Kreis- und Bundespolitiker blieb er rührig. Im Jahr 2002 veröffentlichte er das Buch „Der Beschluss“, in dem er die Bonn-Berlin-Entscheidung von 1990 bis 1994 dokumentiert und zugleich Innenansichten des Bonner Politikbetriebes preisgibt. Er selbst war es, der mit der sogenannten „Möller-Runde“ ein Trüppchen treuer Lobbyisten für die Region um sich scharte, um die Regierungsfunktion in Bonn zu sichern und später – nach dem Umzugsbeschluss – die Interessen der Bundesstadt Bonn und der umgebenden Region zu wahren.

Als Mitstreiter hatte er den damaligen NRW-Ministerpräsidenten Johannes Rau und den Chef der Staatskanzlei, Wolfgang Clement, an seiner Seite – ein besonderer Beleg für die überparteiliche Integrationskraft Möllers. Als besonderes Verdienst darf man ihm die Neugründung der Fachhochschule Bonn-Rhein-Sieg mit den Standorten Sankt Augustin und Rheinbach anrechnen. Außerdem den Verhandlungserfolg, die ICE-Neubautrasse rechts des Rheines mit Halt in Siegburg zu realisieren und den Erhalt des Petersberges als Gästehaus der Bundesregierung. Damit schloss sich ein Kreis, der 1974 mit seinem Engagement gegen die Auflösung des Rhein-Sieg-Kreises als Gebietskörperschaft begonnen hatte.

Freundlicher und sachlich argumentierender Gesprächspartner

Während seiner aktiven Zeit war Franz Möller stets auf Touren. Er schaffte den Spagat zwischen bundespolitischen Aufgaben und kommunalpolitischer Präsenz. Da konnte es sein, dass er mit wehendem Mantel gerade noch rechtzeitig zur Gemeindeverbandsversammlung der CDU einflog und auf dem Podium sitzend noch schnell eine Portion Pommes frites aß. Bis dahin hatte er keine Zeit gefunden, etwas zu sich zu nehmen.

In Diskussionen war er als freundlicher und sachlich argumentierender Gesprächspartner geschätzt. So höflich sein Auftritt war, so konsequent knüpfte er Kontakte, um Menschen zusammenzubringen und politische Vorstellungen durchzusetzen. Heute würde man ihn als guten Netzwerker bezeichnen. Dabei war er immer ein stiller Kämpfer für seine Sache.

Und weil sein politisches Handeln immer planvoll war, plante er auch seinen Ausstieg aus dem Politikgeschäft mit Bedacht. Er wandelte mit dem damaligen Oberkreisdirektor Walter Kiwit die Funktion des Landrates vom Ehrenamt zur Vollzeitaufgabe und stellte sich dafür selbst nicht mehr zur Wahl. Und nach seinen bundespolitischen Wahlerfolgen 1980, 1983, 1987 und 1990 machte er 1994 auch dort Schluss und überließ den Wahlkreis seinem Nachfolger Norbert Röttgen.

"Ein Stück Zeitgeschichte"

2012 vermachte Franz Möller sein Aktenarchiv der Konrad-Adenauer-Stiftung. Immerhin summierten sich seine Papiere auf gut 17 Regalmeter. Akribisch hat er seine Korrespondenz, Gesprächsprotokolle und Vermerke 26 Jahre lang gesammelt. Ein weiteres Sinnbild seiner parlamentarischen Schaffenskraft hat Möller zeitgleich dem Siegburger Stadtmuseum übereignet: Der „Bauchladen“, sein früherer Abgeordnetenstuhl samt Klapptisch aus dem Bundestag. Die Sitzkombination war von 1976 bis 1987 sein Arbeitsplatz. Siegburgs Bürgermeister Franz Huhn dankte damals: „Franz Möllers Stuhl ist ein Stück Zeitgeschichte.“ Und ein Stück Erinnerung.

Denn auf ihm saß der CDU-Bundestagsabgeordnete aus dem Rhein-Sieg-Kreis immer gern. Im Rückblick gab Möller zu, dass er im Plenum die Ruhe suchte, wenn ihm in seinem Abgeordnetenbüro das Telefon zu häufig klingelte. „Im Plenum konnte ich mich besser konzentr-ieren“, sagte er einmal.

Übrigens war es der damalige SPD-Fraktionschef Herbert Wehner, der Möller zu dessen Jungfernrede vor dem Hohen Haus ankündigte mit den Worten: „Jetzt kommt ein ganz Schwarzer.“ Das verstand Möller als Auszeichnung.

Ehrenlandrat Franz Möller wird am Freitag, 20. April, auf dem Friedhof Hangelar beerdigt. Die Trauerfeier beginnt um 11 Uhr in der katholischen Pfarrkirche Sankt Anna.

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