Folgen durch den Borkenkäfer 20.000 Bäume in Bad Honnef müssen gefällt werden

Siebengebirge · Der Borkenkäfer hat große Teile des Bestandes im Bad Honnefer Stadtwald vernichtet, rund zwei Drittel der alten Fichten sind bedroht. Die Lage ist Experten zufolge ziemlich dramatisch.

Vor ungefähr vier Wochen hat sich die Lage zugespitzt. Der zweite Trockensommer in Folge führte dazu, dass die Fichtenwälder im Siebengebirge in noch größerem Ausmaß als im vergangenen Jahr vom Borkenkäfer befallen sind. Besonders betroffen ist die Bergregion des Bad Honnefer Stadtwalds, der eine Gesamtfläche von rund 1200 Hektar umfasst. Etwa die Hälfte des Baumbestands besteht aus Fichten. „Die Lage ist ziemlich dramatisch“, sagt Stephan Schütte vom Regionalforstamt Rhein-Sieg-Erft. Gemeinsam mit Fabiano Pinto, Geschäftsbereichsleiter Städtebau der Stadt Bad Honnef, machte sich der Forstdirektor am Freitag im oberen Schmelztal ein Bild vom Schadensausmaß.

Bis zu 400 Bäume täglich gefällt

Gleich hinter dem Parkplatz Reisberg liegen die bereits gefällten Baumstämme hoch gestapelt. Ein Teil geht an heimische Sägewerke, ein anderer wird per Container nach China verschifft. „Unsere Sägewerke sind mittlerweile völlig überlastet und können die Mengen nicht mehr verarbeiten“, sagt der Forstdirektor. Rechts und links des Weges ragen vielerorts nur noch Stümpfe aus dem Boden. Nicht weit entfernt ist ein Zwei-Mann-Team mit Harvester und Trageschlepper im Dauereinsatz.

Bis zu 400 Bäume täglich können sie fällen, rund 8000 sind es bislang im Schmelztal. „Insgesamt müssen wir dem Wald hier wahrscheinlich 20.000 Bäume entnehmen, vielleicht sogar noch mehr“, schätzt Schütte. Das wäre ein Verlust von bis zu zwei Dritteln der älteren Fichtenbestände. „Würden wir tatenlos zusehen, wie der Borkenkäfer sich immer weiter ausbreitet, hätten wir am Ende nur noch Fichtengerippe im Wald stehen.“ Was aus Sicherheitsgründen etwa die Sperrung bestimmter Areale zur Folge hätte.

Ideale Brutmöglichkeit für Schädling

Was hat die Lage so verschärft? Schütte nennt mehrere Gründe. „Der Stadtwald ist im Vergleich zu anderen Gebieten im vergangenen Jahr relativ glimpflich davongekommen“, erklärt er. „Vielleicht, weil es hier weniger Bruchholz nach Sturmschäden als andernorts gab.“ Und Bruchholz ist ein idealer Rückzugsort für den Schädling. „Dann jedoch hat das Wetter komplett gegen uns gespielt.“ Wieder zu warm und zu trocken.

„Die Böden sind bis in eine Tiefe von 1,80 Meter ausgetrocknet“, sagt Schütte. „Auch andere Bäume sehen mittlerweile schlecht aus.“ Die Fichte könne nicht mehr ausreichend Harz bilden, um den Borkenkäfer, wenn er sich in die Baumrinde einbohrt, zu ersticken. Ideale Brutmöglichkeiten für den Schädling, der bis zu vier Generationen in einem warmen Sommer anlege. „Ein Käferpaar zeugt in vier Generationen mehr als eine Million Nachkommen“, sagt Schütte. Im Normalfall seien es maximal zwei Generationen.

"Gravierende Veränderungen"

So sehen die Folgen des Borkenkäfer-Befalls im Bad Honnefer Stadtwald aus
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Mittlerweile seien die Schäden im Stadtwald kartiert, so Pinto. Jetzt gehe es darum, die befallenen Bäume schnell und schonend zu entnehmen. „Es sind sehr gravierende Veränderungen, die klimatisch bedingt sind“, sagt er. „Wir kommen da nicht drum herum. Die normale Funktion ist aus den Fugen geraten.“ Selbst Bäume, die auf den ersten Blick gesund scheinen, seien häufig bereits befallen. „Ein deutliches Anzeichen ist das Bohrmehl, das sich am Fuß des Stammes sammelt“, so Schütte und zeigt auf einen bräunlichen Staub, der an Kaffeepulver erinnert.

Der Sicherheitspuffer um die befallenen Bäume werde zudem vergrößert – Borkenkäfer hätten eine größere Reichweite als angenommen. „Die Lehrbücher müssen neu geschrieben werden“, sagt der Forstdirektor. Nur ungefähr kann er den finanziellen Schaden beziffern, den der winzige Schädling anrichtet. Pro Festmeter seien es etwa 50 Euro Verlust, was für den Bad Honnefer Stadtwald einen Holzwertverlust von rund einer Million Euro ausmache. „Plus die Kosten für die Wiederaufforstung, die bei rund 5000 Euro pro Hektar liegen“, so Schütte.

Entscheidung mit Blick auf nächste Generation

Überhaupt, das Thema Wiederaufforstung. Ein Teil werde direkt wieder aufgeforstet, ein Teil erst, wenn wieder von Natur aus ein Vorwald, etwa aus Birke, entstanden sei. Die Forstbaumschulen könnten derzeit aufgrund der hohen Nachfrage die benötigten Jungpflanzen nicht zur Verfügung stellen. Nur heimische Arten, wie es Naturschützer forderten oder eine breite „Risikostreuung“? Schütte ist da deutlich: „Wer breit streut, rutscht nicht.“ Die Entscheidung müsse mit Blick auf die nächste Generation getroffen werden. Und wie geht es weiter? „Sobald die Außentemperatur unter 15 Grad sinkt, haben wir eine Atempause“, sagt Schütte.

Dann hofft er auf einen feuchten und milden Winter. „Frost macht dem Borkenkäfer nämlich nichts“, sagt er. „Er fällt dann einfach in eine Art Winterschlaf. Einer Verpilzung allerdings hat er nicht viel entgegenzusetzen.“

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