Schüler rettet Fenster aus den Kriegstrümmern

Freude auf Schloss Drachenburg: Nach fast 60 Jahren tauchen die verschollenen Kunstgegenstände durch einen Zufall wieder auf - Eheleute geben die Buntglasfenster zurück

  Fundstück:  Das Glasgemälde zeigt einen Lautenspieler in Renaissancetracht.

Fundstück: Das Glasgemälde zeigt einen Lautenspieler in Renaissancetracht.

Foto: Privat

Königswinter. Große Freude auf Schloss Drachenburg: Zwei kostbare Glasfenster, die seit dem Zweiten Weltkrieg als verschwunden gegolten haben, sind wieder aufgetaucht. Der Finder und Retter dieser historischen Kleinode hat sich jetzt bereit erklärt, die wertvollen Buntglasfenster dem Schloss zu stiften.

Nach dem Zweiten Weltkrieg bot das von den Nationalsozialisten Anfang des Krieges als Adolf-Hitler-Schule genutzte Schloss Drachenburg einen traurigen Anblick: Die Rheinseite stark zerstört, die Kuppel der Kunsthalle eingestürzt, viele der Glasfenster zerschossen, im Park überall Trümmerschutt.

Die kostbaren Buntglasfenster des Schlosses waren vor 120 Jahren in der Mayer''schen Königlichen Hofkunstanstalt und der Königlichen Bayerischen Hofglasmalerei F.X. Zettler in München gefertigt worden. Kolorit, Zeichnung und Entwurf zeigen eine sehr qualitätvolle und ansprechende Glasmalerei.

Nach den Kriegszerstörungen waren die Glasmalereien, die einst die beiden repräsentativen Stockwerke des Schlosses schmückten, schon in Gänze verloren geglaubt, als ein ehemaliger Schüler der katholischen Heimschule Sankt Michael, die von 1931 bis 1939 in der Drachenburg residierte, mit der Schloss Drachenburg gGmbH im Frühjahr 2003 in Kontakt trat und sich als Zeitzeuge zur Verfügung stellte.

Bei einem Gespräch erwähnte er, dass er sich 1945 mit ehemaligen Schulfreunden, nun Kriegsheimkehrern, bald nach Ende des Krieges auf dem Gelände getroffen habe. Jeder von Ihnen habe aus dem bereits zum Abtransport angehäuften Trümmerschutt Utensilien, Bücher und andere Fundstücke als Souvenirs geborgen. Er selbst rettete zwei arg beschädigte Glasgemälde. Die ließ er restaurieren und zur Erinnerung an die Zeit in der Schule Sankt Michael in sein Wohnhaus einbauen.

Eines der Glasgemälde konnte anhand von Schrift- und Bildquellen als weibliche Personifikation des Tastsinns identifiziert werden. Die Figur aus der Reihe der fünf Sinne befand sich ehemals im Erkerfenster des Empfangszimmers. Das zweite Glasgemälde, ein Lautenspieler in Renaissancetracht, gehörte mit hoher Wahrscheinlichkeit zur Ausstattung des Ehrenfremdenzimmers.

Zur großen Freude auf dem Schloss, hatte sich der Finder und Retter dieser Glasgemälde bereit erklärt, sie wieder dem Schloss zu schenken. Beim Notar wurde ein Schenkungsvertrag geschlossen.

Die Glasgemälde sind nun im Eigentum der Schloss Drachenburg gGmbH, verbleiben aber bis zum Tode des Stifters oder dem Tode seiner Frau als Dauerleihgabe in seinem Hause. Danach werden sie ausgebaut und können wieder ihren angestammten Platz im Schloss finden. So kann ein kleiner Teil der ursprünglichen Raumwirkung der Gründerzeit wiedererlangt werden.

Stefan Rees, Geschäftsführer der Schloss Drachenburg gGmbH, kommentierte den Vorgang folgendermaßen: "Im Nachhinein wünschte ich, der Spender hätte mehr als zwei Arme gehabt, um mehr als nur diese beiden Glasgemälde nach Hause zu tragen. Ich hoffe aber auch, dass dieses Beispiel Schule machen wird, wissen wir doch inzwischen, dass sich noch mehr Kunstwerke aus dem Schloss in Privathäusern befinden." Niemand müsse befürchten, dass er strafrechtlich verfolgt werde. "Wir befinden uns hier in einem rechtsfreien Raum.

Eine Schenkung zu Lebzeiten garantiert, dass man sich noch viele Jahre an den Kunstwerken erfreuen kann, aber auch weiß, dass sie nach dem eigenen Tod wieder im Sinne der Allgemeinheit im Schlossmuseum der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Dort können sie für die nachfolgenden Generationen fachgerecht bewahrt werden und vermitteln Kindern und Erwachsenen den Kunstsinn des Historismus", ergänzt Rees im Gespräch mit dem General-Anzeiger.

Wer immer bei diesem Bemühen helfen kann, soll sich bitte an Schloss Drachenburg gGmbH, zu Händen Katrin Rosenmüller, Drachenfelsstraße 118, 53639 Königswinter, (0 22 23) 90 19 77, wenden.

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