Schüler lassen Kontrolle ins Leere laufen: Warn-SMS kursiert schon um sechs Uhr

Mit einem gemeinsamen Kontrolleinsatz wollen RVK und Polizei Flagge zeigen - Busse sind auffällig leer

Schüler lassen Kontrolle ins Leere laufen: Warn-SMS kursiert schon um sechs Uhr
Foto: Volkert Lannert

Meckenheim. Dass dies kein gewöhnlicher Montagmorgen ist, merken die Bewohner der Häuser an der Ecke Julius-Leber-Straße/Königsberger Straße früh. Schon kurz nach halb sieben hat gleich hinter der Straßeneinmündung ein Bus der Regionalverkehr Köln GmbH (RVK) geparkt, samt zehn dunkel gekleideten Herren.

"Betriebsfahrt" steht auf der Fahrtziel-Anzeige. Wenig später rücken zwei Kleinbusse der Polizei an und mehrere Zivilfahrzeuge. Einer der grün-weißen Busse stellt sich quer vor den Bus und versperrt die Durchfahrt. Polizisten in leuchtfarbenen Jacken, einige von ihnen mit Kelle in der Hand, postieren sich im strömenden Regen rund um die Straßeneinmündung. In Wartestellung.

Sie wollen die Fahrgäste in den RVK-Bussen kontrollieren, die zwischen sieben und acht Uhr in Richtung Schulzentrum unterwegs sind. Diejenigen, die die Kontrolleure der RVK und die Polizei im Visier haben, sind zu dieser Zeit allerdings längst gewarnt. "Achtung heute kontros": Diese SMS, die ihn schon um sechs Uhr erreichte, zeigt später ein Hauptschüler auf seinem Handydisplay. "Das Warnsystem hat wunderbar funktioniert", wird Manfred Cardinier, Leiter der Meckenheimer Polizeiwache, nach einstündigem Einsatz ironisch kommentieren.

Die notorischen Schwarzfahrer waren alarmiert, und damit auch andere, denen die gemeinsame Aktion von Verkehrsunternehmen und Polizei gestern eine Botschaft sein sollte. Von "Abschreckung" spricht Dieter Schäfer, Meckenheimer Niederlassungsleiter der RVK, von "Ansprache" Polizeipressesprecher Frank Piontek.

Ob Abschreckung oder Ansprache: Gemeint sind die Urheber der Übergriffe gegen Busfahrer und Linienbusse, die in der Steinattacke im August gipfelten ( der General-Anzeiger berichtete mehrfach).

Den Erkenntnissen der Polizei nach stammen die Übeltäter aus der Wohnsiedlung am Kölnkreuz, dort häuften sich auch die Angriffe. "Unsere Fahrer hatten Angst, vor allem im Dunkeln", erklärt Schäfer, warum die RVK entschied, die Haltestelle im Brennpunkt zu meiden. Das ist seit dem 12. September so, und dabei wird es auch vorerst bleiben: Man wolle die weitere Entwicklung beobachten.

Es seien schon früher Fahrer der RVK belästigt worden, berichtet Schäfer, "aber in diesem Jahr sind die Vorfälle härter geworden". Die gezielten Würfe mit je vier Kilo schweren Steinen auf einen Bus waren die bisherige Spitze der Eskalation. Die Zeit war reif für einen jener gemeinsamen Einsätze mit der Polizei, die ein bis zwei Mal jährlich nach Absprache stattfinden.

Die Beamten halten die Busse an, sichern und lenken den Verkehr, während RVK-Mitarbeiter die Fahrgäste kontrollieren. Auch für den Fall, dass es zu Handgreiflichkeiten kommt, sei die Polizeipräsenz wichtig, so Schäfer. Jugendliche Schwarzfahrer sollen sogar schon eine Busscheibe eingetreten haben, um sich dem Zugriff zu entziehen.

Die Bilanz des gestrigen Einsatzes von zehn RVK-Mitarbeitern und einem Dutzend Polizisten um Dienstgruppenleiter Frank Walther: Die Busse der RVK in Richtung Schulzentrum sind an diesem Morgen leerer als sonst, auffällig viele der kontrollierten Schüler haben einen kurzfristig gelösten Einzelfahrschein. 14 Mädchen und Jungen treffen die Kontrolleure ohne Fahrschein an.

Ihre Fahrt endet vorläufig, im "Betriebsfahrt"-Bus werden ihre Personalien aufgenommen. Ihnen droht eine Geldstrafe von 40 Euro. Bei der letzten derartigen Kontrolle seien 40 Schwarzfahrer erwischt worden, sagt Schäfer, dem "unerklärlich", wie die Warnung vor der Kontrolle so früh am Morgen unter den Schülern kursieren konnte. "Noch nicht einmal meine Mitarbeiter oder die Fahrer wussten davon."

Den einzigen Bus auf dieser Strecke, der an diesem Morgen proppenvoll ist und in den, so vermuten Kontrolleure und Polizei, einige Vorgewarnte schnell umgestiegen sind, müssen sie unverrichteter Dinge passieren lassen. Ihn dürfen die RVK-Mitarbeiter nicht kontrollieren, denn der Gelenkbus verkehrt auf dieser Strecke für ein anderes Unternehmen. "Das wissen die ganz genau", meint Schäfer.

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