Schlesische Küche im rheinischen Fronhof

ORTSGESCHICHTE Vor 35 Jahren gründete sich der Verein Haus Schlesien, seit 30 Jahren ist er Eigentümer des Anwesens in Heisterbacherrott. Beides wird am Sonntag gebührend gefeiert

Schlesische Küche im rheinischen Fronhof
Foto: Frank Homann

HEISTERBACHERROTT. Statt "Himmel un Ääd" plötzlich "Schlesisches Himmelreich". Als vor drei Jahrzehnten der Fronhof in andere Hände überging, da zog eben auch kulinarisch frischer Wind durch das alte Gemäuer.

Aus dem Gutshaus wurde 1978 Haus Schlesien, eine Einrichtung zur Bewahrung des schlesischen Kulturerbes, das sich zu einer Kultur- und Begegnungsstätte entwickelte mit grenzüberschreitenden Kontakten nach Polen und Tschechien. Am Sonntag wird das Jubiläum mit einem Sommerfest gefeiert, ein Doppeljubiläum.

Der Verein Haus Schlesien wird 35 Jahre alt und vor 30 Jahren wurde er Eigentümer dieses Domizils in Heisterbacherrott.

Nachdem das heruntergekommene Anwesen renoviert und frisch herausgeputzt war, begann eine Erfolgsgeschichte. Das Museum für Schlesische Landeskunde mit vielfältigen Ausstellungen, die Landeskundliche Präsenzbibliothek mit einem riesigen Fundus oder das Kultur- und Bildungszentrum sind Markenzeichen des Hauses.

Und nicht zu vergessen ist die Küche, die Spezialitäten wie das "Schlesische Himmelreich", geräuchertes Schweinefleisch in Backobstsauce mit Semmelknödeln, in der "Rübezahlstube" serviert. "Himmel un Ääd": Das war früher.

Eine lange Geschichte hat der Fronhof. In einer Urkunde von 1173 stellt Erzbischof Philipp von Heinsberg in Köln dem Frauenkloster Schwarzrheindorf eine Schutzurkunde aus, in der ein Hof mit allem Zubehör in Roda erwähnt ist: der Fronhof, der um 1140/50 errichtet worden sein dürfte. Er blieb bis zur Säkularisation 1803 im Besitz dieses Klosters, war nie, wie teilweise angenommen, in der Hand des Klosters Heisterbach.

Heimatforscher Winfried Görres aus Heisterbacherrott hat darüber den lückenlosen Nachweis erbracht. Ihm liegen Pachtverträge vor, die sämtlich mit Schwarzrheindorf abgeschlossen wurden. Ab 1400 bis 1820 war dies übrigens über Generationen hinweg die Pächterfamilie Hoitz-Schonauer. Auch das Dokument über die Versteigerung "dienstags morgens um 10 am 30. Mai 1820" hat Görres in Archiven entdeckt.

"Der ursprüngliche Hof befand sich dort, wo der Weiher ist", so Winfried Görres. Bei den Um- und Anbauarbeiten durch den neuen Eigentümer, den Bonner Regierungsrat Rehfuß, rückte das Anwesen immer weiter an den jetzigen Standort. Als 1852 die Kircheiber Landstraße entstand, wurde später in diesem Zusammenhang der Eingang an die aktuelle Stelle verlegt.

Rehfuß verkaufte an die Familie von Essing aus Köln und diese nach dem Ersten Weltkrieg an die Familie Lepper, Besitzer des Transformatorenwerkes in Honnef. Auch in ihrer Ära wurde sehr viel umgebaut. Die Nikolauskapelle wollten die Leppers übrigens zu ihrer Begräbnisstätte machen. Mit ihnen ging in Heisterbacherrott sozusagen das Licht an. Sie verhalfen der Gemeinde nämlich 1920 zur Elektrifizierung.

Überhaupt war der Hof mit 350 bis 400 Morgen Acker und Weideland als Erwerbsquelle von großer Bedeutung für die Dorfbewohner. Bereits 1922 erfolgte ein neuerlicher Eigentümerwechsel. Der jüdische Mitbürger Ottmar E. Strauss, der in Haus Heisterberg lebte, dem heutigen Kinder- und Jugendhof Rheinland, war nun der Eigentümer, bis er emigrierte und sich so dem Zugriff der Nazis entzog. Leo Esser kam 1934.

Ende der 60er Jahre wurde die Stadt Köln Eigentümerin des Fronhofs mit Kapelle. Sie benötigte das Areal als landwirtschaftliche Austauschfläche für Bauland im Königsforst. Dass sich heute nicht rund um die Kapelle Schweine suhlen, hat Heisterbacherrott ihrem damaligen Ortsbürgermeister Friedrich Müller zu verdanken. Er führte Verhandlungen mit der Stadt Köln.

Der Kaufvertrag mit dem Schweinemäster, der den Fronhof als Pächter bereits nutzte, wurde daraufhin rückgängig gemacht. Die Fläche um den Weiher ging als Grünfläche an die Gemeinde: dem Bürgerpark stand damit nichts mehr im Wege. Ackerfläche wurde Bauland. Und den Hof, der mittlerweile in einem desolaten Zustand war, verkaufte die Stadt samt 12 000 Quadratmeter Grund dann an den Verein Haus Schlesien.

Mehrere Millionen Euro Spenden brachten die Schlesier für die Instandsetzung des Gebäudes und den Umbau auf. Unterstützt wurden sie von der Stadt Königswinter, dem Land Niedersachsen und der Bundesrepublik. Und so kam "Schlesisches Himmelreich" auf den Fronhof.

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