Schiffer plus Stadt gleich Schifferstadt

Mit einfachen Mitteln gegen die Vergesslichkeit: Ein Besuch beim Gedächtnistraining in Odendorf

  Beliebtes Brettspiel:  Schon eine Partie Scrabble hilft, das Gedächtnis in Schuss zu halten.

Beliebtes Brettspiel: Schon eine Partie Scrabble hilft, das Gedächtnis in Schuss zu halten.

Foto: dpa

Swisttal-Odendorf. Der Einkaufszettel. Wo ist er nur geblieben? Die Armbanduhr. Lag die nicht eben auf dem Tisch? Und der Name des Nachbarn - des Herrn... wie hieß er noch? - ist auch weg. Ganz plötzlich. Verschüttet in finsteren Regionen des Gehirns. Immer wieder diese Vergesslichkeit. Es ist wie mit einer zugeschlagenen Tür, die fest verriegelt ist. Muss man sich darüber Sorgen machen?

Dienstagmorgen in Odendorf. Die erste von zehn Einheiten im Kursus für Gedächtnistraining der Katholischen Frauengemeinschaft (kfd). Nein, Sorgen müsse man sich nicht machen, sagt Dietlinde Wagner, ausgebildete Gedächtnistrainerin. Ein bisschen Schwund ist immer. Aber man kann ja etwas dagegen tun. Die 15 Frauen und der Mann am hufeisenförmigen Tisch, die meisten um die 60, wollen das Gedächtnistraining ausprobieren.

"Man kann nie früh genug anfangen", sagt Anne Meis, 62. Wenn sie einmal alt sei und etwas vergesse, wolle sie nicht von ihren Mitmenschen belächelt werden. "Im Alltag ist es manchmal wie verhext. Ich mache Hausarbeit, lasse nebenbei eine Lernkassette laufen - und stehe mit der Wurst plötzlich vor dem Kleiderschrank."

Im Kursus will Dietlinde Wagner bei den Teilnehmern etwa Merkfähigkeit, Wahrnehmung, Denkflexibilität, Wortfindung und Konzentration fördern. Der erste Schritt in diese Richtung heißt "Dtchneuslad". So hat es die Dozentin auf die Tafel geschrieben. Schnell erkennen die Damen und der Herr, dass es "Deutschland" heißt. Ganz simpel, aber doch ein kleines Erfolgserlebnis.

"Das Worterkennungssystem in unserem Auge identifiziert den Begriff schon, wenn nur der erste und der letzte Buchstabe an der richtigen Stelle stehen", erklärt Dietlinde Wagner, die selbst Mitglied der Odendorfer kfd ist und eigentlich beim ADAC arbeitet. Die Alzheimerkrankheit ihres Schwiegervaters hat sie vor Jahren dazu gebracht, sich mit dem Thema "Gedächtnis" auseinanderzusetzen. Später ließ sie sich als Trainerin des Bundesverbandes für Gedächtnistraining ausbilden.

Auch die nächste Übung ist kein großer Denksport, fordert aber Konzentration und Koordinationsgabe. Auf einer Deutschlandkarte müssen Bundesländer und deren Hauptstädte zugeordnet werden. Dann malen die Teilnehmer, idealerweise mit links, Städtenamen. Ein "Rüssel" und ein "Heim", das ergibt Rüsselsheim. "Schiffer" und "Stadt" symbolisieren Schifferstadt.

Dann wird es etwas schwerer. In welcher Reihenfolge haben die Bundeskanzler amtiert? Und von wann bis wann? Der Adenauer war der erste, das wissen alle hier. Dietlinde Wagner baut eine Eselsbrücke, indem sie eine Geschichte erzählt, in die sie mittels Wortspielen alle Amtsinhaber einbaut. Die Runde ist erstaunt, wie leicht man sich das "merke(l)n" kann. "Diese Art des Denkens ist unterhaltsam, nicht schwierig", findet Anne Meis.

Selbst das Einprägen von Zahlen ist gar nicht kompliziert, folgt man Dietlinde Wagner, die einen Trick verrät: Einfach jeder Nummer einen Begriff zuordnen. Der Zehn die "Gebote" (wegen der zehn Gebote), der Neun "Katze" (die neun Leben haben soll), der Acht die Achterbahn. "Es hilft, wenn man sich Bilder vorstellt", sagt die Trainerin, die keine Telefonnummern elektronisch speichert. Die merkt sie sich, aus Prinzip.

Schnell ist das Gespräch bei den Errungenschaften der Technik, die einem den Alltag erleichtern, dem Gedächtnis aber nicht gerade förderlich sind. Zum Beispiel Navigationssysteme. Die bringen einen unter Umständen schneller ans Ziel als die gute alte Straßenkarte. Doch wer die zügig und korrekt lesen kann, weckt schlummernde Gehirnzellen.

"Man macht im Alltag vieles oberflächlich. Hier lernt man, besser zu beobachten, den Geist zu öffnen", sagt Teilnehmerin Gerlinde Schätzle. Und denkt schon an die Hausaufgabe: Versteckte Städtenamen aus Sätzen herausfiltern.

Die Katholische Frauengemeinschaft bietet ab 12. Februar ein weiteres Gedächtnistraining an. Es findet freitags von 9 bis 10.30 Uhr im Wilkens-Haus statt. Kontakt unter der Telefonnummer (0 22 55) 95 83 06.

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