Scharfe Dosendeckel schlitzen jeden Sack auf

Der Siegburger Dieter Küpper ärgert sich darüber, dass "jeder zweite gelbe Sack kaputtgeht" - Stabilere Behälter wird es aber aus Kostengründen auch künftig kaum geben

Rhein-Sieg-Kreis. Dieter Küpper hat die Nase voll. Die Qualität der gelben Säcke, mit denen im Kreis der Verpackungsmüll eingesammelt und abtransportiert wird, "ist mies. Mich nervt es kolossal, dass jeder zweite kaputt geht. Die Dinger sind zerbrechlicher als ein rohes Ei", beschied er der Arbeitsgemeinschaft Rhein-Sieg des Dualen Systems (Arge DSD). Und fragte an, ob es nicht möglich sei, stabile Säcke herzustellen. Die Antwort: ein eindeutiges Jein. Zumindest die ersten, Anfang der 90er Jahre von der Arge DSD im Kreis ausgelieferten Säcke dürften die Verbraucher zufrieden gestellt haben. "Die 90-Liter-Säcke bestanden aus LDPE", weiß Arge-Leiter Heinz Kimmel. Mit der Abkürzung wird der Kunststoff Polyäthylen (PE) bezeichnet, der sich durch geringe Dichte auszeichnet (low density).

Die damals für die Säcke verwendete LDPE-Folie war 70 µ - also 0,07 Millimeter - stark. Zum Vergleich: Ein menschliches Haar misst im Schnitt 0,05 Millimeter. Die Säcke waren ob ihrer Haltbarkeit sehr beliebt. "Ganze Dächer sind damit abgedichtet worden", berichtet Kimmel und schmunzelt. "Die Säcke waren praktisch schusssicher." So schön das für die Kunden war, so konnte es doch nicht so bleiben. Denn: "Das Zeug war schweineteuer."

Um Kosten zu sparen, hatte man langsam aber sicher die Stärke des Plastiksacks reduziert. Kimmel: "Aber bei 45 µ etwa lag für LDPE die Grenze." So kam Mitte der 90er Jahre ein verwandter Kunststoff ins Gespräch: HDPE, Polyäthylen mit hoher Dichte (high density). "Dieses Material war deutlich billiger und zudem wiederverwertbar."

Die Arge bezieht die Säcke aus Krefeld. Dort wird ein Teil der jährlich benötigten Menge in einer Anlage der Firma Trienekens aus gebrauchten Folien hergestellt. Wurde zunächst mit einer Folienstärke von 13 µ gearbeitet, sind es jetzt 15 µ.

Küppers Ärger kann Susanne Dürselen (Trienekens) verstehen, "erweckt die vermeintlich dünne Folie doch den Eindruck geringer Stabilität". Aber: "Für das Gewicht, das durch die Verpackungen zusammen kommt, ist das völlig ausreichend." Der heute im Kreis verwendete 70-Liter-Sack könne rund 2,5 Kilogramm Gewicht tragen - "plusminus zehn Prozent".

Klar: Wer einen gelben Container vor der Haustür hat, muss sich um reißende Säcke nicht kümmern. Dafür haben dann die Abfallentsorger größere Probleme. In Sammelgebieten, die mit diesen Behältern ausgerüstet sind, findet sich in der gelben Mülltonne leider alles Mögliche. "Die Fehlwürfe sind enorm hoch: Bis zu 50 Prozent des Abfalls gehört da nicht hinein", sagt Kimmel. "Bei uns im Kreis beträgt die Fehlwurfquote nur 28 bis 33 Prozent."

Dazu trägt offenkundig auch Sozialkontrolle bei. "Der durchsichtige Sack verrät alles", sagt Trienekens-Anlagenleiter Franz-Wilhelm Hahn. Für das Duale System geht es dabei um eine Menge Geld. "Die Abfälle, die wir in der gelben Tonne abtransportieren, die aber eigentlich nicht von uns zu entsorgen sind, müssen wir auf unsere Kosten der öffentlichen Entsorgung zuführen." Dieter Küpper ist im Prinzip von der Sammlung durch Säcke überzeugt. "Kommen Sie mir nicht mit einer gelben Mülltonne. Das Sacksystem ist brauchbar, nur der Siegburger Sack nicht." Damit diese haltbarer sind, setze man in der Krefelder Anlage aber "sehr sehr teure Zuschlagstoffe zu", wirbt Hahn für sein Produkt.

Wenn er also trotzdem reißt, könne das auch damit zu tun haben, wie mit dem Behälter umgegangen wird. Kimmel rät deswegen, bei der Befüllung umsichtig vorzugehen. "Scharfkantige Dosendeckel sind die Übeltäter." Küpper wird wohl weiter auf stabilere Säcke warten müssen. Und sich möglicherweise dann und wann den Spott von "Freunden aus Bonn" anhören müssen. "Die fragen: Was habt ihr denn für schlappe gelbe Säcke?"

Lesen Sie dazu das Stichwort: Verpackungmüll

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