Willkommensessen für Flüchtlinge im Hofladen Mandt Reibekuchen und arabische Musik

ALFTER · Wer am Samstagmittag schon aus der Ferne die lauten arabischen Klänge aus dem Hofladen der Familie Mandt in der Nähe des Alfterer Schlosses hörte, konnte sich bei näherer Betrachtung davon überzeugen, dass das Miteinander der unterschiedlichen Kulturen nicht nur funktionieren, sondern auch eine Bereicherung darstellen kann.

 Auf dem Obsthof Mandt in Alfter herrscht dichtes Gedränge, als der Nikolaus Süßes am Flüchtlingskinder verteilt.

Auf dem Obsthof Mandt in Alfter herrscht dichtes Gedränge, als der Nikolaus Süßes am Flüchtlingskinder verteilt.

Foto: Axel Vogel

Das gemeinsame Reibekuchen- und Kürbissuppenessen von Alfterern mit einigen der ortsansässigen Flüchtlinge wurde zur angenehmen Neben-, der lebhafte Kontakt untereinander zur Hauptsache.

Karlheinz Mandt begrüßte die Besucher seines Hofes, die der Einladung zu einem "Willkommensessen mit Flüchtlingen und Freunden" in seinen Hofladen gefolgt waren. "Es ist wohl das Schlimmste, was einem Menschen passieren kann, wenn er seine Heimat verliert", meinte Bauer Mandt und forderte dazu auf, den "Neubürgern und Freunden", die er nicht mehr als "Flüchtlinge" bezeichnen wolle, die Hand entgegenzustrecken.

Er sei sich darüber bewusst, dass es bei der Integration nicht mit einem Reibekuchenessen getan sei, aber für ihn sei es ein guter Anfang. Und für die Zukunft hätten sich seine Frau und er noch einiges vorgenommen. Der Ablauf der Veranstaltung und sein Dank an die Helfer wurden durch Katharina Onusseit ins Englische und von dem Syrer Ghyath Al-Zaben ins Arabische übersetzt.

"Gehen Sie auf die Menschen zu und öffnen Sie sich"

Spontan übernahm der Alfterer Korkkünstler Dieter Cöllen das Mikrofon, um den zahlreichen Gästen von seinen positiven Erfahrungen vieler Orientreisen zu berichten, auf denen er immer wieder auf die beschämend große Gastfreundschaft selbst ärmster Menschen getroffen sei.

"Ich habe all die Länder besucht, die heute nicht mehr so ohne weiteres zu bereisen sind und dabei immer wieder ein überaus herzliches Willkommen erlebt. Gehen Sie auf die Menschen zu und öffnen Sie sich. Das kann dazu führen, dass Sie auch Vieles über sich selbst erfahren", riet er den Besuchern. So sei es zumindest ihm ergangen, was seine Perspektive auf die heutige Flüchtlingssituation sehr zum Positiven verändert habe.

Der syrische Englischlehrer Ghyath Al-Zaben lebt seit zwei Monaten mit seiner Frau Sara in den Wohncontainern am Oedekovener Rathaus. Beide fühlen sich nach langer Reise in Deutschland angekommen. Zwei Jahre hatte das Ehepaar auf der Flucht vor dem Terror in seiner Heimat versucht, zunächst in Ägypten, dann in der Türkei Fuß zu fassen. Al-Zaben arbeitete als Englischlehrer in einer arabischen Privatschule. Aber da das Paar weder Aufenthaltsgenehmigungen bekam, noch ein Gehalt bezog, mit dem es sich auf Dauer hätte ernähren können, entschieden sich beide für den mühsamen Weg nach Deutschland.

Arabische Musik und Tanz

Von Izmir aus nahmen sie mit dem Schlauchboot den kürzesten Weg zur griechischen Insel Samos, von wo es für sie mit der Fähre weiter nach Athen ging, über Belgrad und Budapest erreichten sie dann nach angstvollen Wochen Passau. Immer geleitet von dem GPS ihres Mobiltelefons, verbrachten sie Tage auf der Straße, im ungarischen Gefängnis, ohne Nahrung und ohne das Wissen, wie es weitergehen könnte. Heute sind sie glücklich und dankbar, in Alfter angekommen zu sein.

Während sich nach dem Essen die improvisierte Tanzfläche vor dem Hofladen mit einer bunt gemischten Schar vieler Nationalitäten füllte, die sich zu ungewohnt klingenden arabischen Melodien fröhlich tanzend bewegten, wurde der mit prächtigem roten Gewand und langem weißen Bart eintreffende Nikolaus von den Kindern erwartungsvoll begrüßt. Jürgen Reis, vor fünf Jahren noch Karnevalsprinz in Alfter, hatte sichtlich Freude an den vielen Kindern, die alle versuchten, einen Zipfel seines Umhangs zu berühren.

Dem vierjährigen Syrer Magd, der für ein Foto auf den Arm des Nikolaus geklettert war, fehlte sichtlich jedwede Scheu vor dem "Heiligen Mann". Ob er denn keine Angst habe, wurde sein Vater von einer deutschen Mutter gefragt. Der klärte sie lachend darüber auf, dass es auch in Syrien den "Baba Noel" gebe, den Nikolaus der Christen. Und für seine Kinder gehöre er, obwohl sie Muslime seien, "zum Weihnachtsfest einfach dazu".

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