Ratten-Problem in Meckenheim: Ein Festmahl in der Garage

Inhalt der Gelben Säcke zieht Nager magisch an - trotzdem hält der Kreis an den Mülltüten fest

  Gefundenes Fressen:  Auch achtlos weggeworfenes Fast Food lockt Ratten an.

Gefundenes Fressen: Auch achtlos weggeworfenes Fast Food lockt Ratten an.

Foto: dpa

Rhein-Sieg-Kreis. Beim Gedanken daran könnte sich Helga Wimmers immer noch schütteln. Ratten hatten sich über Wochen hinweg in der Garage ihres Hauses in Meckenheims Neuer Mitte eingenistet. Abgesehen hatten sie es auf die dort lagernden Gelben Säcke, auf die Reste in Joghurtbechern oder Milchtüten. Ein Problem, das es überall im Kreis gibt - vermutlich, solange nicht Tonnen statt der Säcke aufgestellt werden.

Für Helga Wimmers unverständlich, vor allem nach dem "ekelerregenden Chaos", das sie erlebte. Auch in ihrem Garten hielten sich die Ratten auf und ließen sich dort die für die Vögel aufgehängten Meisenknödel schmecken.

"Sie waren so groß wie Katzen, hatten struppiges Fell und lange Schwänze", beschreibt die Musiklehrerin die Schädlinge. Sie war mit dem Problem nicht allein. Viele Nachbarn unterzeichneten einen Brief an die Stadt, die daraufhin in Zusammenarbeit mit dem Erftverband als Eigentümer des Kanalnetzes Köder auslegte.

Seitdem sei die Zahl der Ratten in den Gärten zurückgegangen, sagt Wimmers, aber die ungebetenen Besuche der Nager in ihrer Garage hielten an. Daraufhin habe sie selbst Gift ausgelegt. Nach vier Wochen war der Übeltäter zur Strecke gebracht, eine Ratte von beachtlicher Größe: Der Körper war 25 Zentimeter lang, der Schwanz maß 20 Zentimeter.

Mülltonnen statt der Gelben Säcke wären aus Sicht der Meckenheimerin eine Lösung. Auch wenn es vorkommt, dass Ratten in die Müllcontainer großer Wohnanlagen gelangen. Ein Phänomen, das man bei der Rhein-Sieg-Abfallwirtschaftsgesellschaft (RSAG) kennt, wie RSAG-Sprecher Joachim Schölzel auf Anfrage bestätigt.

Die Hausmeister wüssten allerdings, dass die Löcher in den Containerböden eigentlich mit den mitgelieferten Kappen verschlossen werden müssten. Die Öffnungen am Boden, durch die die Nager gerne schlüpfen, sollen eigentlich die Reinigung der Container erleichtern.

Das Für und Wider der Gelben Säcke sei seit ihrer Einführung im Jahr 1991 immer wieder im Kreisumweltausschuss diskutiert worden, sagt Katja Lorenzini von der Pressestelle des Kreises. Vor allem aus zwei Gründen sei man dabei geblieben: Es sei den Bürgern nicht zuzumuten, eine vierte Mülltonne aufzustellen; der Vorteil, dass die Gelben Säcke selten falsch befüllt werden, wiege den Nachteil auf, dass Ratten die Plastiktüten aufbeißen können.

Helga Wimmers hat jedenfalls Ruhe vor den Nagern, seit sie ihre Müllsäcke im Keller lagert und alle Becher ausspült. Im benachbarten Park habe sie aber erst kürzlich wieder eine Ratte gesichtet.

Das Ratten-Problem an Müllablageplätzen, und gerade im Zusammenhang mit den Gelben Säcken, ist in Meckenheim bekannt. Ein solches Problem hat sie erst kürzlich durch den Bau einer geschlossenen Mülltonnenanlage, in Kooperation mit dem Eigentümer des betroffenen Wohnblocks in der Neuen Mitte, gelöst. Zudem, so Sprecherin Marion Lübbehüsen, werde regelmäßig kontrolliert, auf Hinweise der Bevölkerung reagiere die Stadt sofort.

Vor vier Wochen seien nochmals Köder ausgelegt worden. Grundsätzlich steige die Zahl der Ratten in ihres Wissens allen Städten stetig an, wenn auch nach diesem kalten Winter weniger schnell.

NachgefragtSeit mehr als 15 Jahren bekämpft Hans Hermann Schäfer im Auftrag der Stadt Meckenheim Schädlinge, darunter Mäuse und Ratten. Mit dem Kammerjäger sprach Martina Welt.

Gibt es in Meckenheim besonders viele Ratten und warum ist ihre Zahl in den letzten zehn Jahren so angestiegen?

Hermann Schäfer: In Meckenheim gibt es nicht mehr und nicht weniger Ratten als in anderen Städten. Das Problem sind meist die Menschen. Sie werfen gedankenlos Lebensmittelreste in die Toilette, und schon ist der ideale Nährboden für eine rasante Vermehrung der Ratten in der Kanalisation geschaffen. Auch das Füttern der Vögel im Garten zieht die Nager an, ebenso die Brotkrumen für die Enten im Park. Hinzu kommt, dass sich im Vogelfutter Vitamin K 1 befindet. Das macht Rattengift unwirksam. Die Nager-Population richtet sich immer nach dem Nahrungsangebot, und dabei gilt: Je dichter die Besiedlung, desto mehr Müll, und dort vermehren sich die Ratten besonders stark.

Stimmt es, dass die Gelben Säcke Ratten anziehen?

Schäfer: Auf jeden Fall. Besonders, wenn sich in den Säcken halbvolle Becher und Dosen befinden, ziehen diese die Nager magisch an.

Haben Sie Tipps?

Schäfer: Wichtigste Regel ist, kein Essen in die Toilette zu werfen. Joghurtbecher und andere Lebensmittelverpackungen sollten gründlich gereinigt werden, bevor sie im Gelben Sack landen. Das Füttern der heimischen Singvögel sollte nur bei Minus-Graden stattfinden, Enten sollten überhaupt nicht gefüttert werden, und Kinder sollten ihre Pausenbrote nicht einfach in die Landschaft werfen.

Die Angst davor, dass Ratten und Mäuse Krankheiten übertragen, ist groß. Wie schätzen Sie das Risiko ein?

Schäfer: Wenn man nicht direkt mit Kot und Urin der Tiere in Berührung kommt, ist eine Krankheitsübertragung sehr unwahrscheinlich.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort