Nachts im Schloss Drachenburg

Eine Führung der besonderen Art bringt das Bauwerk mit allen Sinnen näher - Fackelwanderung inklusive.

Nachts im Schloss Drachenburg
Foto: Frank Homann

Königswinter. Der Geist, der durch Schloss Drachenburg schwebt - wie lässt er sich beschreiben? Eigentlich ganz einfach. Er ist weiblich, gut aussehend, friedfertig und ausgesprochen freundlich. Und nicht nur das wissen jetzt die Teilnehmer der nächtlichen Führung durch das faszinierende Bauwerk.

Peter Wendland, Diplomsoziologe und Musiktherapeut aus Königswinter, und Schloss Drachenburg bieten eine Tour an, die es erlaubt, das Baudenkmal mit allen Sinnen zu entdecken. Eine Nachtwanderung durch das dunkle Siebengebirge gibt es als Bonus.

Wendland trägt an diesem Abend sein wallendes Haar offen - und Gehrock. Die Wartenden am Tor zur Vorburg nehmen es gelassen. Wie so vieles an diesem langen, aber kurzweiligen Abend. Die Sonne lässt um kurz vor neun ihre letzten Sonnenstrahlen über den gerade fertig gestellten Park leuchten, als Wendland die Geschichte des Schlosses Revue passieren lässt: Stephan von Sarter beginnt mit dem Bau des Traumschlosses 1882, nach seinem Tod wird es als Ort für Sommerfrischler, Müttergenesungswerk, katholische Schule und Nazi-Schmiede genutzt, im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigt, später Ausbildungshort der Deutschen Reichs- beziehungsweise Bundesbahn, Wohnsitz des mehr als nur ein wenig skurrilen Paul Spinat und nun Prunkstück der Nordrhein-Westfalen-Stiftung Naturschutz, Heimat- und Kulturpflege.

Weitere Führungen##ULIST##

Samstag, 4. Juni, 20.30 Uhr;

  • Freitag, 24. Juni, 20.30 Uhr
  • Samstag, 9. Juli, 20.30 Uhr
  • Freitag, 29. Juli, 20.30 Uhr
  • Freitag, 5. August, 20.30 Uhr
  • Freitag, 26. August, 20 Uhr
  • Samstag, 3. September, 19.30 Uhr
  • Freitag, 30. September, 18.30 Uhr
  • Samstag, 15. Oktober, 18 Uhr
  • Freitag, 28. Oktober, 18.30 Uhr

Der Unkostenbeitrag beträgt 15 Euro pro Person, Kinder zahlen zehn Euro. Eine Anmeldung ist möglich unter Rufnummer (0 22 23) 9 01 97 76.

Aber die Teilnehmer der Führungen, die für Kinder ab acht Jahren gedacht sind (und bei der sich auch die Erwachsenen prächtig amüsieren), sollen nicht nur zuhören. Sie müssen selbst tätig werden. Wann wurden die Bacchus-Malereien im Trinkzimmer entfernt? "Als das Schloss katholische Schule wurde", sagt Wendland. Klar, das leuchtet ein. Der Weingott mit seinen nackigen Gespielinnen - geht gar nicht.

In jedem Zimmer des Schlosses finden die Kinder neue Nachrichten, wie von Geisterhand hinterlassen. Mit neuen Fragen, die es anhand der Infotafeln, Malereien und anderer Ausstellungsstücke zu beantworten gilt. So lernen die Teilnehmer nicht nur etwas über das Schloss und seine Bewohner, sondern so ganz nebenbei auch über die Nibelungensage.

Und dann ist da plötzlich eine junge Dame, mit hochgesteckten Haaren und elegantem Kleid, ein wenig blass vielleicht. Völlig unbeeindruckt gleitet sie schweigend durch die Räume, greift sich hier ein Buch, lässt sich dort zum Dinner am gedeckten Tisch nieder. Schrecken löst sie nicht aus. Höchstens mildes Erstaunen. Für die Kinder gehört sie einfach zum Schloss dazu - so wie der Billardtisch, auf dem noch die Kugeln liegen, oder die Gamaschen im Ankleidezimmer.

Wendland lässt die Besucher das Schloss mit allen Sinnen erfahren. Die Augen können sich nicht satt sehen an den liebevoll arrangierten Details, die Kinder dürfen die Tapete ertasten - "aber bitte nur an dieser einen Stelle" -, das Schlossgespenst hinterlässt eine Parfümwolke, und ein kleiner Imbiss wird im privaten Frühstücksraum des Hausherrn gereicht. Der Geist spielt auf der Orgel im Musikzimmer, beide, Geist und Orgel, nicht ganz das, was sie zu sein scheinen - zumindest bei der Orgel handelt es sich nämlich um eine gigantische Attrappe.

Die Musik kommt vom Band, was Spinat, der die Attrappe samt Pappmasché-Brüstung einbauen ließ, nicht davon abhielt, rauschende Orgelkonzerte zu geben. Die echten Musikinstrumente im Zimmer - Trommeln, Gong und Rasseln - nutzen die Teilnehmer der Führung zu einem Spontankonzert.

Mittlerweile ist es stockdunkel. Im Gänsemarsch geht es die steilen Treppen zum Nordturm hinauf. Das Panorama ist atemberaubend: Hunderttausende Lichter glitzern entlang des dunklen Flusses. Ein letztes Mal geht es rund ums Schloss, der Geist winkt noch einmal aus dem Fenster des Ehrenzimmers, dann ist die Führung vorbei - das Abenteuer noch nicht.

Denn Wendland verteilt Fackeln. Über die Mittelstation geht es ins Nachtigallental. Obwohl Mitternacht längst vorüber ist, tragen die Kinder die brennenden Pechstäbe stolz vor sich her, kein bisschen müde. Sie lauschen den Sagen aus dem Siebengebirge, und dass die Fledermaus nicht in ihrer Höhle ist, macht dann auch nichts mehr. Gegen ein Uhr kommt die Gruppe wieder in Königswinter an. Müde, aber glücklich.

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