Mieses Wetter versaut den Saisonstart am Rhein

Manche Händler kommen ob der Sturmschauer gar nicht erst nach Remagen - Trotzdem wenig Kunden die Römerstadt besuchen, machen ansäßige Geschäfte gute Umsätze

  Vor der Apollinariskirche  steigt eine Feuerwerksrakete in den Nachthimmel und taucht Remagen in künstliches Licht.

Vor der Apollinariskirche steigt eine Feuerwerksrakete in den Nachthimmel und taucht Remagen in künstliches Licht.

Foto: Vollrath

Remagen. "Vom Winde verweht" - so könnte man das Altstadt- und Promenadenfest in Remagen überschreiben. In Verbindung mit dem Spektakel "Rhein in Flammen" bildete das Fest am Wochenende den traditionellen Auftakt zur Open Air-Saison der Römerstadt.

Die Auflage des Jahres 2005 wird Machern und Besuchern wohl noch lange in Erinnerung bleiben. Leider nicht als Glanzpunkt, sondern als Tag, an dem man den Eindruck haben konnte, dass sich alles gegen die "Rhein in Flammen"-Gemeinden verschworen hatte.

Das Wetter schien keine Gemeinheit ausgelassen zu haben, um Trödelmarkt-Freunden, Romantikern und Feuerwerk-Liebhabern den Spaß gründlich zu vermiesen. Angesichts des tiefgrauen mit dicken Gewitterwolken behangenen Himmels und permanenten Nieselregens hatten sich zahlreiche Händler am Samstag entschlossen, gar nicht erst anzureisen.

Eine weise Entscheidung, wie sich bald herausstellte. In der Remagener Fußgängerzone, wo sich Besucher bei ähnlichen Anlässen sonst nur im Gänsemarsch durch das dichte Gedränge bewegen können, klafften zum Teil riesige Lücken zwischen den einzelnen Ständen. Die nasskalte Witterung hatte potenzielle Kunden offensichtlich abgeschreckt, so dass die wenigen Besucher mit geschlossenen Augen über den Trödelmarkt hätten hüpfen können, ohne Gefahr zu laufen, auf "lebende Hindernisse" zu treffen.

Die in der Fußgängerzone ansässigen Gastronomen befreiten Tische und Bänke ein ums andere Mal vom Wasser, um das Mobiliar schließlich ganz abzubauen. Auch den ausharrenden "Fliegenden Händlern" war leicht anzusehen, dass sie an diesem Tag nicht gerade das Geschäft ihres Lebens machen würden.

Nichts anhaben konnten die widrigen Bedingungen dagegen den kleinen Besuchern. Sie hatten ihren Spaß beim großen Kinderprogramm auf dem Marktplatz. Interessiert streichelten sie die lebenden Plüschtiere des Kripper Kaninchenzuchtvereins, oder experimentierten ausgelassen mit Pinsel und Farben. Ihre Freude am Musizieren ließen sich auch nicht die Schüler der Musikschule Frank von Häfen vermiesen.

Vor einer Handvoll "beschirmter" Zuhörer - darunter auch Bürgermeister Herbert Georgi samt Familie - demonstrierten die Nachwuchsmusiker ihr Können am Keyboard. "Die Trommel schafft Beziehungen zwischen Menschen, spendet Freude und Trost. Sie ist ein wirkliches Lebens-Instrument", erklärt Michel Sanya, der auf dem Marktplatz zu einem Trommelkonzert und Interessierte zu einem Workshop einlud. Sanya, der aus dem Kongo stammt, dort als Meistertrommler und Chorleiter bekannt ist, wirbt seit 1997 in Deutschland für ein außergewöhnliches Instrument.

Als am Samstagnachmittag die Sonne eine Lücke in der ansonsten dichten Wolkendecke gefunden hatte, schöpften Optimisten Hoffnung. Doch das heitere Zwischenspiel erwies sich schnell als sprichwörtliche Ruhe vor dem Sturm. Der Wind brachte den Rhein scheinbar zum Kochen. Auf der Promenade wehten Sturmböen Kindern die Zuckerwatte aus der Hand, während eine Blumenverkäuferin mitansehen musste, wie ihr Pavillon davonflog und anschließend mit lautem Getöse der gesamte Stand zusammenbrach.

Schausteller Markus Schäfer warnte auf kurzfristig angefertigten Schildern die Besucher seiner Raupenbahn: "Vorsicht, bei Nässe Rutschgefahr". Trotz der üblen Witterung zeigte sich Maria Carl von der Werbegemeinschaft "Remagen mag ich" zumindest mit dem erzielten Umsatz der heimischen Gewerbetreibenden zufrieden: "Es waren zwar sehr wenig Leute in der Stadt, aber dafür waren es sehr gute Käufer."

Die Mitglieder der Band "Ted und die Fremden" bewiesen ihre professionelle Einstellung. Vor Wind und Wetter gut geschützt, spielte das seit 1962 bestehende Quartett Oldies von Elvis, Buddy Holly, Fats Domino teilweise unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Das Bangen der für das abendliche Feuerwerk Verantwortlichen sollte allerdings belohnt werden.

Trotz der widrigen Bedingungen konnten sie pünktlich um 22 Uhr ihr Lichtermeer entzünden, während mehr als 50 festlich beleuchtete Schiffe planmäßig das 13 Kilometer lange Rheinufer zwischen Remagen und Rolandswerth im Konvoi passierten. In der Stadt selbst setzten über 1 000 bengalische Leuchtfeuer das Rheinufer und die Sehenswürdigkeiten ins rechte Licht.

Obwohl das Besucheraufkommen erheblich unter dem der Vorjahre lag, herrschte unter denen die, gekommen waren, eine tolle Stimmung. Voll besetzt etwa war die Terrasse des Bahnhofs Rolandseck und auch in Oberwinter hatten sich wahre Menschentrauben gebildet. Gemeinsam ließ man sich vom bunten Lichterspiel über Remagen faszinieren.

Nicht sehr viel beständiger präsentierte sich das Wetter am Sonntag. Zudem schreckte die angekündigte Demonstration von Rechts- und Linksradikalen zum 60. Jahrestag des Kriegsendes Besucher wie Händler gleichermaßen ab. Dennoch ließen sich die Showtanzgruppe der Remagener Stadtsoldaten als amtierender Rheinland-Pfalz-Meister und der zaubernde Diakon aus Rheinbreitbach, Winfried Reers, den Spaß nicht verderben und trugen mit ihrem Können zum Gelingen des Tages bei.

Angelika Jacob präsentierte "Gitarrenmusik mit Herz & Verstand". Gemeinsam mit den Kindern sang sie lustige Lieder, ließ die Kleinen rote Nasen malen und Seifenblasen in den Himmel pusten.

Die Rheinanlieger schienen in diesem Jahr vom klimatischen Pech verfolgt, ließen sich jedoch nicht entmutigen und zelebrierten ihr "Rhein in Flammen", so gut es eben ging. Die Gewissheit, dass das Wetter sich nur alle paare Jahre derart heftige Kapriolen schlägt, gibt allen Beteiligten berechtigte Hoffnungen für das kommende Jahr.

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