Mehmet Sarikaya: "Das Gemeinwohl im Auge behalten"

Interview mit dem Leiter des Planungsamtes des Rhein-Sieg-Kreises zu Reaktionen auf den neuen Nahverkehrsplan.

Mehmet Sarikaya: "Das Gemeinwohl im Auge behalten"
Foto: Axel Vogel

Am Freitag steht ein erster Bericht über die Reaktionen auf den neuen Nahverkehrsplan auf der Tagesordnung des Kreisplanungsausschusses. Mit dem Leiter des Rhein-Sieg-Planungsamtes, Mehmet Sarikaya, sprach Hansjürgen Melzer.

General-Anzeiger: Die meisten Beschwerden zum neuen Busfahrplan kommen aus Bockeroth, Rauschendorf und Uthweiler wegen des Wegfalls der Linie 537 nach Bonn. Ist da eine kurzfristige Änderung zu erwarten, zum Beispiel schon nach der heutigen Sitzung des Planungsausschusses?

Mehmet Sarikaya: Es gibt tatsächlich Probleme mit dem Anschluss der Linie 541 an die 537 in Stieldorf. Die Rhein-Sieg-Verkehrsgesellschaft hat inzwischen reagiert, und die Fahrer der Linien 537 und 541 sind angehalten, das Umsteigen in Stieldorf durch Sichtkontakt zu gewährleisten.

Wir können derzeit keine Empfehlungen für Linienwegsänderungen abgeben, da uns noch keine fundierten Daten über das Fahrgastaufkommen vorliegen. Das wäre unseriös. Nach Karneval wird es Fahrgastzählungen und Fahrgastbefragungen geben. Berücksichtigt werden auch die Beschwerden der Bürger, aber auch die betriebliche Problematik.

GA: Wenn es Linienänderungen geben wird, wann wird das sein?

Sarikaya: Um Änderungen in der Linienführung von Bussen zum Fahrplanwechsel im Dezember dieses Jahres vornehmen zu können, müsste der Kreistag vor der Sommerpause eine solche Entscheidung treffen. Der Planungs- und Verkehrsausschuss tagt am 8. Juni, wo mögliche Änderungen beraten werden können.

GA: Sie hatten in dieser Woche ein Gespräch mit den Bürgervereinen aus Bockeroth, Rauschendorf und Uthweiler. Was haben Sie denen gesagt?

Sarikaya: Zurzeit liegen im Fahrplan nur zwei Minuten zwischen dem Eintreffen der Linie 541 in Stieldorf und der Abfahrt der 537. Das ist tatsächlich recht knapp bemessen. Daher funktionierte der Anschluss auch öfters nicht. Die RSVG sucht nach Lösungen, um die Situation zu entspannen.

Denkbar ist eine frühere Ankunft der Linie 537 in Bonn, damit hätte man in Stieldorf mehr Puffer für den Anschluss von der Linie 537 an die Linie 541. Wichtig ist allerdings, dass wir die nahezu gleichzeitige Abfahrt der Linien am Verkehrsknotenpunkt in Oberpleis nicht gefährden. Wir nennen das Rendezvous.

GA: Viele Fahrgäste aus den genannten Orten können nicht verstehen, dass ihnen nach 50 Jahren ihre Direktlinie nach Bonn genommen wird. Verstehen Sie das?

Sarikaya: Wir sprechen da von einem historisch gewachsenen Netz ohne nachvollziehbare Struktur. Die Linie 537 nahm bisher vier oder fünf verschiedene Wege, was für einen Ortsunkundigen völlig undurchsichtig war. Wir haben uns das gesamte Netz angeschaut und versucht, ein attraktives Angebot durch dichtere Takte und Schließen von Angebotslücken zu schaffen. Darüber hinaus sollten Orte, in denen viele Menschen wohnen, stärker bedient werden als die mit weniger Einwohnern.

GA: Beschwerden gibt es auch von Fahrgästen, die nach der Fahrt mit der Stadtbahnlinie 66 in Oberkassel lange auf die Linie 541 Richtung Stieldorf warten müssen. Wird hier auch nachgebessert?

Sarikaya: Aus meiner Sicht ist das eher ein hausgemachtes Problem. Dort verkehren zwei Stadtbahnlinien jeweils im Zehn-Minuten-Abstand. Da muss man vielleicht eine Bahn früher nehmen, um die Buslinie 541 zu bekommen. Gerade mit dieser Linie haben wir aber auch eine jahrelange Forderung der Stadt Königswinter erfüllt, eine Direktverbindung aus dem sogenannten Kirchspiel Stieldorf ins Rheintal zu schaffen.

GA: Kritik gibt es auch von Fahrgästen der Linie 535 von Oberpleis nach Siegburg, die außerhalb der Hauptverkehrszeiten jetzt in Sankt Augustin in die Stadtbahn umsteigen müssen ...

Sarikaya: Auch hier gilt: Die Stadtbahn fährt alle zehn Minuten. Ich denke, man kann das einmalige Umsteigen den Fahrgästen zumuten, zumal das nur in den Nebenverkehrszeiten zutrifft.

GA: Viele Beschwerden kommen aus Pleiserhohn, seitdem die Linie 525 von Hennef nach Oberpleis über Fronhardt verkehrt und statt des zugesagten Taxibusses nur ein teures Anrufsammeltaxi fährt. Wird die Forderung der Königswinterer Politik nach dem Taxibus erfüllt?

Sarikaya: Auch die Linie 525 fährt jetzt auf einer anderen Strecke über Fronhardt und Sand, weil dort in der Summe mehr Menschen wohnen. Die Bedienung von Pleiserhohn mit dem Anrufsammeltaxi ist aufgrund des geringen Fahrgastpotenzials sachgerecht, könnte aber auch mit einer Taxibus-Linie bedient werden. Hierzu ist allerdings ein Beschluss der Politik notwendig.

GA: Was sagen Sie zur Beschwerde der Stadt Königswinter bei der Kölner Bezirksregierung, weil sich die Stadt durch den Kreis nicht ausreichend beteiligt fühlte?

Sarikaya: Die Bezirksregierung hat uns ja Recht gegeben. Ich habe nirgends so viele Termine wahrgenommen wie in Königswinter. Unsere Aufgabe ist es, das Gemeinwohl im Auge zu behalten und nicht Einzelinteressen zu dienen.

Zur PersonSeit dem 1. Juli 2008 ist Mehmet Sarikaya Leiter des Planungsamtes im Rhein-Sieg-Kreis. In seinen Aufgabenbereich gehört der zum Fahrplanwechsel am 12. Dezember 2010 in Kraft getretene neue Nahverkehrsplan für den rechtsrheinischen Kreis, der das gesamte Busnetz neu strukturierte.

Der 46-Jährige wurde in der Türkei geboren und kam mit seinen Eltern und seinen beiden Schwestern im Alter von 13 Jahren nach Köln. Bevor er zum Rhein-Sieg-Kreis wechselte, leitete der promovierte Volkswirt in der Kölner Stadtverwaltung die Bereiche Verkehrsentwicklung und Regionalplanung.

Sarikaya, der verheiratet ist und einen 15-jährigen Sohn hat, ist ein Literaturfreund. Er hat zwei Bücher des Kinderbuchautors Janosch ins Türkische übersetzt.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort