Unterbringung im Rhein-Sieg-Kreis Kreis rechnet mit 1400 weiteren Flüchtlingen

RHEIN-SIEG-KREIS · Der Rhein-Sieg-Kreis stellt sich auf einen weiteren Zustrom von Flüchtlingen ein. Nach einem Amtshilfeersuchen der Bezirksregierung Köln, das am Donnerstag eintraf, sollen die 19 Kommunen sowie der Kreis selbst jeweils für 70 Menschen eine Erstaufnahmeeinrichtung stellen - sogenannte Notunterkünfte, wie es sie in den größeren Kommunen bereits gibt.

 Die Turnhalle der Johann-Wallraf-Schule in Bornheim ist bereits eine Notunterkunft. Hier lebt beispielsweise die siebenjährige Azita aus Afghanistan.

Die Turnhalle der Johann-Wallraf-Schule in Bornheim ist bereits eine Notunterkunft. Hier lebt beispielsweise die siebenjährige Azita aus Afghanistan.

Foto: Axel Vogel

So soll Platz für 1400 weitere Menschen geschaffen werden. Das sollte schon bis Montag geschehen. Voraussichtlich wird aber erst am Mittwoch alles hergerichtet sein.

Zurzeit laufen in den Kommunen die Vorbereitungen, in Abstimmung mit dem Kreis, der es sich vorbehalten hat, für die 19 Städte und Gemeinden zu sprechen. Landrat Sebastian Schuster stehe in "engem Kontakt mit den Bürgermeistern, um ein geordnetes Verfahren sicherzustellen", sagte Kreis-Sprecherin Rita Lorenz am Freitag auf Anfrage. "Jeder guckt, was er jetzt tun kann. Wir wollen zusehen, dass wir diese Aufgabe in unserer kommunalen Gemeinschaft gestemmt bekommen."

Für Montag sei ein internes Gespräch zwischen Schuster und den Bürgermeistern vorgesehen, allen voran deren Sprecher Stefan Raetz aus Rheinbach. Dieser sagte dem GA am Freitag weiter, die geplante Verteilung von je 70 Flüchtlingen auf alle Kommunen im Kreis zeige "die ganze Hilflosigkeit" der Landes- und der Bezirksregierung.

Normalerweise ist es Landessache, Notunterkünfte vorzuhalten. Dort werden die Ankommenden registriert und medizinisch untersucht. "Es reicht nicht, dort einfach nur Schlafmöglichkeiten zu schaffen", so Lorenz mit Blick auf den logistischen Aufwand. Die eigentliche Verteilung der Flüchtlinge auf die Kommunen erfolgt erst später.

Weil die regulären Erstaufnahmestellen des Landes in Dortmund, Bielefeld, Unna, Burbach und Bad Berleburg längst überfüllt sind, hat das Land Kommunen verstärkt in die Pflicht genommen. Sie sollten selbst Notunterkünfte einrichten - nur für wenige Wochen, hieß es anfangs. Daraus sind mancherorts Monate geworden. Im Kreis war Troisdorf Ende Juli die größte Stadt, die kurzfristig handeln musste. Sie stellte die Dreifachturnhalle Sieglar bereit, in der laut Sprecher Peter Sonnet 130 Personen Obdach finden können. Wenigstens ein Teil der nächste Woche erwarteten 70 Flüchtlinge könnte womöglich dort noch unterkommen.

Nach Troisdorf richteten auch Hennef, Königswinter, Bornheim, Siegburg und Niederkassel Notunterkünfte ein, ebenfalls in Turnhallen, ebenfalls für etwa 100 bis 150 Personen. Sankt Augustin als zweitgrößte Stadt des Kreises hat keine Notunterkunft, weil es bereits Standort einer Zentralen Unterbringungseinrichtung des Landes wird.

Die Kreisverwaltung stellte im September die Turnhallen der Berufskollegs in Hennef und Troisdorf bereit. Wo die Kreisverwaltung sonst noch Kapazitäten hat - da wollte sich Lorenz gestern nicht festlegen. Neu ist, dass neben den größeren Städten nun auch die kleineren Kommunen erstmals Notunterkünfte eröffnen müssen. Der Katastrophenschutzbeauftragte des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) im Kreis, Hartmut Kreutz, sagte: "Dass jetzt jede Kommune unabhängig von der Einwohnerzahl Flüchtlinge aufnehmen muss, stellt gerade die kleineren vor Riesenprobleme. Die haben ja teilweise nur ein, zwei Mitarbeiter im zuständigen Fachbereich. Ich habe keine Ahnung, wie die das stemmen wollen."

Zum Stand der Dinge hat der General-Anzeiger in den linksrheinischen Kommunen nachgefragt

Alfter

  • Wie Bürgermeister Rolf Schumacher sagte, habe er den Stab für außergewöhnliche Ereignisse der Gemeinde aktiviert. Dieser bestehe aus Vertretern des Sozialamts, des Ordnungsamts, des Hochbaus, der EDV und der Freiwilligen Feuerwehr sowie aus Sabine Zilger vom Fachbereich Verwaltungsmanagement und ihm selbst. Nun kläre man bis nächste Woche, wie man dem Amtshilfeersuchen nachkommen könne. "Wenn wir gezwungen sind, Ideen zu entwickeln, werden wir das tun", sagte er. "Wir tun aber alles, um die Turnhallen freizuhalten." In Alfter leben aktuell rund 250 Flüchtlinge.

Bornheim

  • "Das ist eine zusätzliche Belastung", sagte Bornheims Bürgermeister Wolfgang Henseler. Wie berichtet, hat die Stadt bereits eine Notunterkunft für 150 Menschen in der Turnhalle der Johann-Wallraf-Schule eingerichtet. Ziel sei, keine weiteren Turnhallen zu Unterkünften zu machen, so Henseler. Man müsse bedenken, was dies für den Schul- und Vereinssport bedeuten würde. Zur Unterbringung der Menschen, aber auch der Flüchtlinge, die der Stadt weiterhin regulär zugewiesen werden, gebe es bereits Ideen. Näher wollte Henseler gestern nicht darauf eingehen. Im "Ideen-Stadium" sei das noch zu früh. Als größere Kommune im Kreis werde man das hinbekommen, ist sich Henseler sicher. Man müsse aber auch darüber nachdenken, dass irgendwann die Grenze des Möglichen erreicht sei. Im Stadtgebiet gibt es zurzeit rund 480 Flüchtlinge.

Rheinbach

  • Der Rheinbacher Bürgermeister Stefan Raetz, der auch Sprecher aller Bürgermeister des Rhein-Sieg-Kreises ist, will im Falle eine Verpflichtung zur Erstaufnahme zuallererst eine Liegenschaft des Landes für die Unterbringung von Flüchtlingen zur Verfügung stellen - nämlich die Mehrzweckhalle des Staatlichen Berufskollegs Glas-Keramik-Gestaltung. Nach Möglichkeit aber erst nach der Veranstaltung 3 K (Kunst, Kommerz, Kulinarisches) des Rheinbacher Gewerbevereins am Samstag und Sonntag, 7. und 8. November, die dort über die Bühne gehen soll.
  • Die Stadt hat bisher rund 320 Flüchtlinge in städtischen und in angemieteten Gebäuden untergebracht. Im Moment seien die Bürgermeister dabei, Möglichkeiten der Unterbringung aufzulisten. Diese werde man am Montag mit dem Landrat besprechen und bekanntgeben. Wann mit der Ankunft der Flüchtlinge zu rechnen sei, wisse noch niemand. Er gehe jedoch davon aus, dass dies bald sei, eventuell in der nächsten Woche.

Swisttal

  • Die Gemeinde Swisttal will das Dorfhaus Morenhoven zur Notunterkunft umfunktionieren, um dort ab Mitte der kommenden Woche 70 Flüchtlinge aufzunehmen. Das Dorfhaus sei dazu sowohl mit Blick auf die Raumstruktur als auch auf die sanitären Anlagen am ehesten geeignet, teilt die Gemeinde mit. "Wie die Bezirksregierung ausführt, ist es notwendig, sofort Notunterkünfte zu schaffen, um die konkret drohende Obdachlosigkeit von Flüchtlingen zu verhindern", so die Beigeordnete Petra Kalkbrenner. Für die Vereine, die das Dorfhaus nutzen, will die Gemeinde Alternativen suchen. Die Anwohner sollen mit einer Postwurfsendung in Kenntnis gesetzt werden. "Knapp über 200" Flüchtlinge und Asylbewerber hat die Gemeinde laut Sprecher Bernd Kreuer bereits dezentral in Übergangsheimen und Wohnungen untergebracht. Wie berichtet, soll auch das Sportlerheim Am Wiedring in Buschhoven vorübergehend zur Unterkunft werden. Dazu will die Gemeinde nächste Woche einen Infoabend anbieten.

Meckenheim

  • 280 Asylbewerber sind zurzeit in Meckenheim untergebracht. Wie berichtet, laufen die Vorbereitungen in der Fronhofhalle, um ab Ende des Monats Platz für bis zu 65 Menschen an der Schützenstraße zu schaffen. Wo Meckenheim die jetzt geforderte Erstunterkunft einrichten will, war gestern nicht in Erfahrung zu bringen. Die Stadt war am Nachmittag nicht mehr zu erreichen.
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort