Betreuung junger Flüchtlinge im Kreis Neuwied Das Jugendamt stößt an seine Grenzen

Neuwied · Im Kreis Neuwied steigt die Zahl unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge stetig: Bis Juli waren es schon 65 neue Fälle. Das für die Unterbringung und Betreuung zuständige Kreisjugendamt wurde angesichts der Belastung personell aufgestockt.

 Auf Hilfe angewiesen: Minderjährige, die ohne Erwachsenenbegleitung geflüchtet sind.

Auf Hilfe angewiesen: Minderjährige, die ohne Erwachsenenbegleitung geflüchtet sind.

Foto: picture alliance / dpa

Dramatisch hat sich nach Aussage des ersten Kreisbeigeordneten und Vorsitzenden des Kreisjugendhilfeausschusses, Achim Hallerbach, die Zahl der minderjährigen unbegleiteten Flüchtlinge im Kreis Neuwied entwickelt.Bei der jüngsten Sitzung des Jugendhilfeausschusses berichtete er über die Fallzahlenentwicklung im Rahmen der Jugendhilfe. Denn die Unterbringung und Betreuung von Kindern und Jugendlichen, die ohne Sorge- oder Erziehungsberechtigten in das Bundesgebiet einreisen, gehört zu den Aufgaben der Jugendämter. Das Kreisjugendamt hat daher auch zusätzliche Kräfte eingestellt.

Gravierende Auswirkungen hat eine Änderung des Verteilungsverfahrens, die seit November 2015 gilt. Danach werden die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge nach einem bestimmten Schlüssel auf die Bundesländer und in den Bundesländern auf die Kommunen mit eigenem Jugendamt verteilt. Laut dem Kreisjugendamtsleiter Jürgen Ulrich und seinem Stellvertreter Uwe Kukla wurden in der Vergangenheit im Laufe eines Jahres etwa sieben bis acht minderjährige Flüchtlinge vom Kreisjugendamt betreut. Bis Anfang Juli dieses jahres verzeichneten sie einen Anstieg auf 65 Fälle.

Die minderjährigen Flüchtlinge werden in Einrichtungen der Jugendhilfe oder in Betreuten Wohnformen genauso untergebracht wie in Pflegefamilien. Nach erstmaliger Erfassung im Landkreis Neuwied erfolgt eine Unterbringung in der Notaufnahme der Evangelischen Kinder- und Jugendhilfe Oberbieber, in der auch ein sogenanntes Clearing durchgeführt wird (derzeit zehn Fälle). Dann wird über die weitere Unterbringung entschieden.

Auf den Aufruf des Kreises haben sich viele Gastfamilien gemeldet

44 Kinder und Jugendliche befinden sich zurzeit nach erfolgtem Clearing in „Anschlussmaßnahmen“: 20 Kinder und Jugendliche werden in Einrichtungen der Jugendhilfe betreut, 13 ältere Jugendliche im Betreuten Wohnen, und in acht weiteren Fällen erfolgt die Betreuung durch ambulante sozialpädagogische Dienste oder durch das Jugendamt. Hallerbach lobte die „außerordentlich gute Resonanz“ auf eine Werbeaktion für Pflegefamilien („Gastfamilien“). Die Unterbringung in Gastfamilien laufe nun ebenfalls an, nachdem die ersten Jugendlichen ihre Clearing-Maßnahmen abgeschlossen hätten. Bislang seien drei Kinder in Gastfamilien untergebracht worden.

Ein Teil der minderjährigen Flüchtlinge lebe bei anderen Familienmitgliedern oder Angehörigen. Auch in diesen Fällen kümmere sich das Kreisjugendamt um weitere Maßnahmen der Jugendhilfe, so Hallerbach. Die Kreisverwaltung habe angesichts der gestiegenen Belastung zusätzliche Fachkräfte im Bereich des Allgemeinen Sozialen Dienstes, der Verwaltung und im Bereich Vormundschaften eingestellt. Positiv sei die Kooperation mit den freien Trägern der Jugendhilfe im Kreis, die für die Betreuung von jungen Flüchtlingen in Zusammenarbeit mit dem Jugendamt Konzepte entwickelt haben.

Laut Kreisjugendamtsleiter Ulrich hat Rheinland-Pfalz die Quote an minderjährigen Flüchtlingen im bundesweiten Vergleich bislang erst zu etwa 81 Prozent erfüllt, sodass die Jugendämter im Land noch rund 590 weitere minderjährige Flüchtlinge übernehmen müssen. „Die Thematik wird uns daher noch das gesamte Jahr 2016 hindurch schwerpunktmäßig beschäftigen“, so Hallerbach. Man werde dem Jugendhilfeausschuss weiterhin regelmäßig berichten.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort