Campus Remagen Bischof und Präses stellen Studie zur Langzeitarbeitslosigkeit vor

REMAGEN · "Arbeitsmarktpolitische Maßnahmen dürfen nicht allein ein Instrument der Integration in den ersten Arbeitsmarkt sein, sondern müssen auch ein Instrument der Teilhabe sein." Das sagte der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Manfred Rekowski, bei der Vorstellung der Studie "Endstation Arbeitsgelegenheit!? Teilhabeperspektiven in Ein-Euro-Jobs - Die Sicht der Betroffenen" in Trier.

 Vorstellung (von links): Stephan Ackermann, Stefan Sell und Manfred Rekowski.

Vorstellung (von links): Stephan Ackermann, Stefan Sell und Manfred Rekowski.

Foto: GA

Die unabhängige Studie wurde vom Institut für Bildungs- und Sozialpolitik (ibus) am Remagener Campus unter Leitung von Professor Stefan Sell erstellt. Längst sei nachgewiesen, dass Menschen in Gesellschaften am glücklichsten sind, wenn die sozialen Unterschiede nicht aus dem Ruder laufen, sagte Rekowski. "Dies betrifft neben der Bildung vor allem die Bereiche von Arbeit und Einkommen."

Maßnahmen, die ausschließlich auf den so genannten ersten Arbeitsmarkt zielten, würden jedoch viele Menschen von vornherein ausschließen. "Wir können es uns als Gesellschaft nicht leisten, dass Menschen dauerhaft ?abgehängt' werden."

Professor Sell verdeutlichte die Grundfrage der Studie: "Was machen die Budgetkürzungen und der steigende Anteil der Langzeitarbeitslosen mit den betroffenen Menschen?" Er erinnerte daran, dass arbeitsmarktpolitische Mittel in Rheinland-Pfalz und im Saarland in den vergangenen Jahren um knapp 50 Prozent reduziert wurden.

Die Studie habe in Interviews mit 45 Personen die individuellen Erwerbsverläufe betrachtet. Denn, so Sell: "Was als soziale Teilhabe oder Ausgrenzung wahrgenommen wird, können nur die Teilnehmenden selbst beantworten." So habe sich gezeigt, dass sich die soziale Teilhabe in Dimensionen wie soziale Kontakte und Kollegialität, Gestaltung der Tagesstruktur oder Gesundheit äußern - und der wichtigste Faktor für die Betroffenen sei.

Als größte Schwierigkeit benannte Sell die knappe zeitliche Befristung der Maßnahmen. Er forderte eine systematische Nachbetreuung beim Übergang in die Erwerbstätigkeit.

Es müsse Beschäftigungsangebote für die Menschen "ganz unten" und "ganz außen" geben, die Befristung müsse "konsequent einzelfallbezogen" gehandhabt werden und die Betroffenen müssten sinnvolle und "echte" Arbeit leisten können. Und schließlich dürfe man auch "auf die Kraft der Freiwilligkeit vertrauen".

Von den beiden großen Kirchen wünschte er sich, dass sie die Gesellschaft immer wieder darauf hinweisen, dass "es diese Menschen immer noch gibt" und entsprechend ihren Einfluss geltend machen, um Arbeitgeber und Funktionäre mit den Anbietern der Maßnahmen in Kontakt zu bringen.

Der Trierer Bischof, Stephan Ackermann, lobte das Projekt: "Hier wird den Menschen ins Gesicht geschaut." Die qualitative Studie sei eine notwendige Ergänzung zur Wirkungsforschung und mache eine Grundspannung "Mensch versus Effizienz" deutlich - und die "Unterbelichtung" der sozialpolitischen Dimension des Themas.

Die Studie gibt's in einer Zusammenfassung als Broschüre und als Langfassung (ab Juni) unter www.rheinahrcampus.de/ibus.

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