Kokain im Buchrücken der Bibel

Für die 300 Zöllner am Köln/Bonner Flughafen ist Hochsaison: Als Geschenke deklarierte Sendungen werden zum Drogenschmuggel benutzt - Gefragt ist der "Röntgenblick"

Kokain im Buchrücken der Bibel
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Köln/Bonn. (dpa) Kokain in der Bibel, Ecstasy-Pillen im Stofftier, Marihuana in einer Keramik-Statue - die Fantasie von Rauschgiftschmugglern bei Luftfrachtsendungen kennt keine Grenzen. Knapp 300 000 Päckchen, Pakete und Briefsäcke aus aller Welt und in alle Welt werden pro Nacht am Köln/Bonner Flughafen, einem der großen europäischen Luftfracht-Drehkreuze, umgeschlagen.

In der Vorweihnachtszeit schwillt der Warenstrom sogar auf 350 000 Sendungen täglich an, berichtet Harry Brandt vom Zollamt Flughafen der Oberfinanzdirektion (OFD) Köln. Brandt: "Gerade als Geschenke deklarierte Sendungen werden verstärkt zum Drogenschmuggel benutzt. Das eskaliert vor Weihnachten."

Zur Abfertigung und Kontrolle verdächtiger Päckchen und Pakete arbeiten 300 Zöllnerinnen und Zöllner am Flughafen, verstärkt durch Rauschgiftspürhunde. So kratzte der Vierbeiner "Brandy" an einem Paket aus Venezuela nach Belgien, in dem laut Inhaltsliste Süßigkeiten, Haarspangen und drei Fläschchen Shampoo waren.

Die Shampooflaschen enthielten jedoch insgesamt 200 Gramm Kokain im Schwarzmarktwert von 15 000 Euro. In einem Geschenkpaket aus Ecuador an eine Maria in Madrid war außer Büchern und einer Langspielplatte auch eine Bibel - alle Buchrücken waren präpariert und enthielten immerhin rund ein Kilo Kokain.

Erich Schlautmann, Zoll-Pressesprecher für Nordrhein-Westfalen: "Das Drogenproblem wird immer größer und wird uns in den kommenden Jahren vehement in Anspruch nehmen. Die Zöllner werden durch noch intensivere Schulung auf diese Problematik vorbereitet." Mit ausgeprägtem "Röntgenblick" entdecken die Beamten immer wieder schnell verdächtige Sendungen - so etwa ein Päckchen aus Amsterdam nach Kanada und eines aus Brüssel in die USA mit je einem Stofftier als Inhalt.

Der Bauch der Schildkröte enthielt 1 054 Ecstasy-Pillen, ein Pok‚mon-Stofftier gleich 6 200 Trips der gefährlichen aber populären Disko- und Party-Droge. In illegalen europäischen Labors wird eine Ecstasy-Tablette für zwei Cent hergestellt und in Nordamerika für 20 bis 40 Dollar verkauft - das 1000- bis 2000fache. Brandt: "Die Dunkelziffer beim Drogenschmuggel ist nicht im entferntesten einzuschätzen. Bei der Masse an Fracht sehen die Dealer das Risiko als gering an. Und die Verstecke sind so ausgefallen, dass es immer schwieriger wird, etwas zu entdecken."

In zwei Duftkerzen aus Bangkok für einen Empfänger in Niedersachsen waren 2 800 Betäubungsmittel-Pillen verborgen. Fünf kleine tibetanische Gebetstrommeln für einen Adressaten in Oberschwaben enthielten zwei Kilo Haschisch. Fünf Kilo Opium waren in einem Paket versteckt, das einen zerlegten Fernsehschrank enthielt, der von Hamburg in die USA verschickt werden sollte.

Und aus Zimbabwe kam eine Keramik-Männerstatue mit einem Kilo Marihuana im Körper - adressiert an eine Frau im Kreis Mettmann.

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