2600 Stellen werden gestrichen Köln verliert Zentrale von Kaufhof an Essen

Köln · Im Zuge der Fusion mit Karstadt verliert Köln die Zentrale von Kaufhof. Demnächst fallen die Entscheidungen in Essen. Insgesamt werden 2600 Stellen gestrichen. Das entspricht etwa jeder fünften Vollzeitstelle.

Nach wenigen Minuten war alles gesagt. Die Mitarbeiterversammlung in der Kölner Kaufhof-Zentrale fand am Freitagmittag unter freiem Himmel im Innenhof statt. In ihren dicken Winterjacken und im Stehen hörten die Beschäftigten die Details zur Aufteilung der Konzernzentralen von Kaufhof und Karstadt. Mit zwei Boxen und einer fahrbaren Videowand war eine Laderampe kurzerhand zur Bühne umfunktioniert worden. Viele Mitarbeiter verließen später schweigend und sichtlich niedergeschlagen das Haus an der Leonhard-Titz-Straße in der Innenstadt. „Das ist keine schöne Situation“, sagte einer, als er sich auf den Heimweg machte.

Wie viele Stellen fallen weg?

Insgesamt 2600 Stellen fallen im Zuge der Fusion von Karstadt und Kaufhof sowie der Sanierung von Kaufhof weg. Das entspricht etwa jeder fünften Vollzeitstelle bei Kaufhof.

1000 Stellen entfallen laut einer Mitteilung der Warenhäuser dadurch, dass die Zentralen zusammengelegt werden. Dabei gehen die wesentlichen Funktionen nach Essen, wo Karstadt seine Zentrale hatte, die in den vergangenen Jahren neu aufgestellt wurde. Hier arbeiten bislang 1000 Mitarbeiter. Kaufhof wurde von 1600 Mitarbeitern von Köln aus gesteuert. Ein Effizienzprogramm hier, das 400 Stellen kosten sollte, hatte noch Kaufhof angeschoben. In der Verwaltung der rund 240 Filialen fallen weitere 1600 Stellen weg, weil hier schlanker gearbeitet werden soll. Weil es in Warenhäusern traditionell viele Teilzeitstellen gibt, könnten auch 4000 Mitarbeiter ihren Job verlieren. In beiden Warenhausgruppen arbeiten insgesamt etwa 30.000 Mitarbeiter.

Was bleibt in Köln?

Nicht viel. Die auf Effizienz getrimmte Zentrale von Karstadt hat das Rennen gemacht. Begünstigt wurde das bestimmt auch dadurch, dass die Karstadt-Mutter Signa im Gemeinschaftsunternehmen Warenhaus die Mehrheit hat. HBC, die Kaufhof vor drei Jahren übernommen hatten, halten nur 49,99 Prozent. Außerdem haben Karstadt-Leute wie Warenhauschef Stephan Fanderl die Schlüsselpositionen inne.

Köln bekommt ein Kompetenzzentrum für Digitalisierung, der Onlinehandel und das Geschäft mit reduzierter Markenware. Die Lohnbuchhaltung als Kern eines künftigen Personalbereichs bleibt in Köln. Außerdem soll in Köln-Porz das Gastronomie- und das Lebensmittelgeschäft zusammengefasst werden. Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker und der Präsident der IHK Köln, Werner Görg, bedauerten die Entscheidung. „Auch meine persönlichen intensiven Gespräche mit René Benko haben bedauerlicherweise zu keinem für Köln befriedigenden Ergebnis geführt“, sagte Görg. Beide gegrüßten, dass nicht alle Arbeitsplätze abwandern. Und Reker nannte es eine „gute Nachricht für die Einkaufsstadt Köln, dass die Kaufhausstandorte in Köln erhalten bleiben“. Die Häuser von Karstadt und Kaufhof seien „Flaggschiffe“ und die Filialen in den Stadtteilen wichtig für ein stadtweites attraktives Einkaufsangebot.

Was passiert mit den Filialen?

Zunächst soll es keine sanierungsbedingten Filialschließungen geben, heißt es in einer Mitteilung. Doppelstandorte böten Chancen zur Schwerpunktbildung und Spezialisierung. Das ist freilich keine Garantie auf Dauer. Zuvor war bereits betont worden, dass einzelne Filialen saniert werden müssten. Wenn das nicht gelingt, könnte es doch noch zur Schließung kommen. Viel hängt auch von der Laufzeit von Mietverträgen ab.

Die Outlet-Konzepte Saks Off 5th und Look&Viel werden zusammengeführt und neu positioniert. Das neue Format startet mit Shops in den Warenhäusern von Karstadt und Kaufhof. Im Warenhaus ist Saks Off 5th teils heute schon angesiedelt. Daneben gibt es eigene Geschäfte. Es werde geprüft, ob die weiter verwendet werden können zum Verkauf von Sportartikeln, heißt es in einer Mitteilung. Sport sei ein Wachstumsfeld für das gesamte Unternehmen.

Wo soll noch gespart werden?

Natürlich geht es auch um Sachkosten. Aber auch die Mitarbeiter, die an Bord bleiben, müssen sich auf Einschnitte einstellen. Für Kaufhof strebt Fanderl einen Sanierungstarifvertrag an. So etwas gibt es bei Karstadt bereits. Es war freilich eine schrittweise Annäherung an den Tarif vereinbart worden. Aus dem Tarifvertrag steigt Kaufhof aus mit der Folge, dass zukünftige Lohnerhöhungen nicht ohne weiteres für Kaufhof Anwendung finden, wie es heißt.

Warum erfolgen so harte Schnitte?

Warenhäuser haben es derzeit nicht leicht. Online-Handel und Discounter machen ihnen das Leben schwer. Zudem nimmt die Frequenz in den Innenstädten ab. Da fehlt es an Laufkundschaft.

In dem Umfeld hat der kanadische Handelskonzern HBC in drei Jahren Kaufhof an den Rand des Ruins geführt. Manager wechselten in schneller Folge. Mit den Besonderheiten des deutschen Marktes kannten sich kaum einer aus. Kaufhof habe auch das klassische Warenhausgeschäft vernachlässigt, kritisierten Branchenexperten. Zuletzt hatten die Banken HBC dann zur Fusion von Kaufhof mit Karstadt gedrängt, das der Signa-Gruppe von René Benko gehört.

Der Zustand von Kaufhof ist aber offenbar schlimmer als befürchtet. Das Unternehmen brauche eine Millionengeldspritze im November und eine weitere im dreistelligen Millionenbereich im Frühjahr. „In seinem derzeitigen Zustand ist Galeria Kaufhof langfristig nicht überlebensfähig“, sagte Fanderl. Warenhäuser könnten perspektivisch aber erfolgreich und profitabel betrieben werden. Karstadt hat Fanderl auf Kurs gebracht. Die bei Karstadt laufende Strategie des vernetzten Marktplatzes funktioniere, sagte Fanderl jetzt. Sie könne aber nur auf Kaufhof ausgerollt werden, wenn dieses Unternehmen wieder auf einer stabilen Grundlage stehe.

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