Musik mit langem Bart ZZ Top zelebrieren im Tanzbrunnen vor 7000 Fans eigenen Kult

KÖLN · Solider Bluesrock schallt durch den Kölner Tanzbrunnen. Die Menge wippt, die Haare auch. Für manche der gut 7000 Besucher mag es ein Deja-vu sein, eine Rückbesinnung auf die guten alten 80er, die durch einen Blick Richtung Bühne nur bekräftigt wird.

 Zeitlose Bluesrocker: ZZ Top im bewährtem Outfit auf der Open-Air-Bühne am Tanzbrunnen in Köln.

Zeitlose Bluesrocker: ZZ Top im bewährtem Outfit auf der Open-Air-Bühne am Tanzbrunnen in Köln.

Foto: Thomas BRill

Seit 35 Jahren haben sich ZZ Top kaum verändert, weder optisch noch musikalisch. Gut, dem fast kahlen Frank Beard sieht man das Alter inzwischen an, bei Dusty Hill und Billy Gibbons sorgen dagegen die riesigen Bärte und die schwarzen Sonnenbrillen, die ihr Markenzeichen geworden sind, für eine bemerkenswerte Zeitlosigkeit.

Alles scheint noch so wie damals, 1980 bei der WDR-Rocknacht: Die Posen, die Outfits, die Songs. "Got me under Pressure" eröffnet das Konzert, "Gimme all your lovin'" folgt kurze Zeit später. Eben das, was die Fans hören wollen.

Und doch ist irgendetwas anders. Am Anfang fehlt der Druck, der Drive, dieser drängende, rockende und rollende Rhythmus, den ZZ Top mit Blues-Legenden wie John Lee Hooker gemeinsam haben und der für Hits wie "La Grange" essenziell ist.

Stimmlich bleiben die ersten Songs ebenfalls etwas schwach, auch wenn Gibbons und Hill so herrlich knarzig klingen wie zwei schwere Eichentüren auf nur mäßig geölten Angeln. Doch ohne Power bringt das nichts.

Dem Publikum ist das zunächst egal - auf "I'm Bad" antworten sie im Chor "I'm nationwide", bejubeln selbst die beiden eingestreuten Tracks vom aktuellen Album "La Futura", auch wenn in diesen von Zukunft nichts zu hören ist, sie sich nahtlos in den typischen ZZ-Top-Sound einfügen. Dann jedoch geht es steil bergauf.

Spätestens mit ihren beiden Covernummern "Foxy Lady" (Jimmi Hendrix) und "Catfish Blues" (Muddy Waters) haben ZZ Top Betriebstemperatur erreicht. Gibbons wendet sich von nun an öfters mal ans Publikum, Beard trommelt fröhlich nach vorne, auch Hill macht am Bass Druck. Geht doch. Nicht länger strahlen nur die im Scheinwerferlicht gülden glänzenden Bärte - erst jetzt, so scheint es, hat das Trio so richtig Lust auf das Konzert, wirkt gelöst, gibt sich mit "Cheap Sunglasses" selbstironisch und dichtet das wunderbar bluesige "My head's in Mississippi" kurzerhand auf Deutschland um.

So ganz scheinen ZZ Top trotz der nun spürbaren Leidenschaft, trotz des gefeierten "Sharp Dressed Man" und trotz Plüsch-Gitarren dennoch nicht gezündet zu haben. Der Schlussapplaus wirkt überraschend dünn, vor allem am Rand der Menge dominiert Passivität.

Trotzdem kommt die Band noch einmal auf die Bühne - und zeigt mit einem erstklassigen "La Grange", warum sie bis heute Kult ist. Auch oder gerade weil sie noch so klingt wie vor 35 Jahren.

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