Tanit Koch ist Leiterin der RTL-Zentralredaktion „Wir wissen oft mehr, als wir schreiben dürfen“

Bonn · Tanit Koch war Chefin der Bild und leitet heute die RTL-Zentralredaktion. In der Reihe „Ich stelle mich“ berichtet Koch über ihren Werdegang und ihre Erfahrungen in nationalen Medien.

 Tanit Koch im Gespräch mit Helge Matthiesen.

Tanit Koch im Gespräch mit Helge Matthiesen.

Foto: Martin Wein

Nähere Kenntnisse zur Ehe von Roberto Blanco gehören üblicherweise nicht zu den Hauptthemen eines Vorstellungsgesprächs. Wenn der Schlagerstar just an diesem Tag in Badehose auf dem Titel der Bild-Zeitung prangt und der Kolumnist des Blattes seiner betrogenen Ehefrau schnodderig Durchhalten empfiehlt, mag sich eine fundierte Meinung aber demjenigen empfehlen, der beim Flaggschiff des deutschen Boulevard-Journalismus anheuern möchte. Tanit Koch hat den damaligen Chefredakteur Kai Diekmann offenbar überzeugt. So konnte die in Bad Godesberg aufgewachsene Juristin 2005 ihr Volontariat bei der Axel-Springer-Journalistenschule beginnen. Elf Jahre später wurde sie als erste Frau in diesem Amt Diekmanns Nachfolgerin.

Genug Stoff also für ein gepflegtes Werkstattgespräch mit GA-Chefredakteur Helge Matthiesen im Pastoralzentrum St. Marien in Bad Godesberg. In der Reihe „Ich stelle mich“ berichtete Koch über ihren Werdegang und ihre Erfahrungen in nationalen Medien. Seit 2018 leitet Koch die Zentralredaktion der Mediengruppe RTL Deutschland.

Nach 15 Jahren im Beruf zieht sie durchaus gemischte Bilanz. Dem Journalismus fehle es an unterschiedlichen Blickwinkeln. Fast alle Journalisten hätten studiert und lebten in Großstädten. In der Freiwilligen Feuerwehr oder einem Schützenverein engagiere sich kaum einer. Dass auch in den Medien nur wenige Frauen Führungsverantwortung übernehmen, sei hingegen geringeren gesellschaftlichen Erwartungen an das weibliche Geschlecht geschuldet. Viele Kandidatinnen hätten auch ihr gegenüber entsprechende Angebote abgelehnt.

In wachsenden Beeinflussungsversuchen von Medien-Anwälten sieht Koch eine Gefahr für die freie Berichterstattung. Bisweilen versuchten Juristen im Auftrag ihrer prominenten Mandanten bewusst mit Unwahrheiten eine Berichterstattung zu unterbinden. „Wir wissen oft mehr, als wir schreiben oder senden können“, erklärt Koch. Dabei seien es Prominente oder deren Agenten oft selbst, die Medien Tipps zu ihren Aufenthaltsorten oder Lebensereignissen gäben.

Als Bad Godesberger Mädchen habe sie stets Funkenmariechen werden wollen, gestand Koch zum Thema Karneval. Heute dankt Tanit Koch ihrer Mutter, dass die sie vor kompromittierenden Fotos bewahrt habe. Als erfahrene Journalisten weiß sie ja mittlerweile, wie schnell so etwas in die Öffentlichkeit kommt.

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