Interview mit Hans G. Angrick „Wir müssen uns mehr unters Volk mischen“

Alfter · Nach siebeneinhalb Jahren hat die Alfterer SPD einen neuen Vorsitzenden. Seit Ende März steht der Oedekovener Hans G. Angrick an der Spitze der Partei. Über seine Ziele sowie den Schulz-Effekt im Vorgebirge sprach der 53-Jährige mit GA-Redakteur Christoph Meurer.

 Hans G. Angrick ist seit Ende März 2017 Vorsitzender der Alfterer Sozialdemokraten.

Hans G. Angrick ist seit Ende März 2017 Vorsitzender der Alfterer Sozialdemokraten.

Foto: Christoph Meurer

Sie sind mit 100 Prozent der Stimmen gewählt worden. Ist der Schulz-Effekt im Vorgebirge angekommen?

Hans G. Angrick: (lacht) Ich habe schon überlegt, ob ich selbst gegen mich stimme. 100 Prozent sehen immer ein bisschen blöd aus. Aber Spaß beiseite: Das ist die maximale Zustimmung, und ich habe mich sehr darüber gefreut.

Martin Schulz sorgt für einen Aufschwung der SPD. Ist das auch in Alfter zu spüren?

Angrick: Seit März 2016 haben wir 13 neue Mitglieder. Das sind gut zehn Prozent unserer Mitgliederzahl. Davon sind sechs seit November eingetreten. Es gibt also nicht nur einen Schulz-, sondern auch einen Trump-Effekt.

Wie äußert sich dieser?

Angrick: Die Menschen interessieren sich wieder für Politik. Sie merken, dass Demokratie nicht nur etwas ist, was man einfach konsumieren kann und wollen sich wieder daran beteiligen.

Sie sind selbst erst seit 2013 SPD-Mitglied. Was hat Sie damals bewogen, in die Partei einzutreten?

Angrick: Das waren damals noch nicht Trump und Konsorten. Zum einen hat mich die Energiepolitik umgetrieben. Ich bin seit meiner Schulzeit ein Gegner der Kernkraft. Dazu kommt die Wirtschaftspolitik. Ich glaube, dass dem Raubrittertum von Konzernen staatlich Einhalt geboten werden muss. Wir brauchen keine marktkonforme Demokratie, sondern demokratiekonforme Märkte.

Und warum jetzt der Posten des Vorsitzenden?

Angrick: In meiner Bewerbungsrede habe ich einige Überschriften genannt: Wir wollen mehr, weiblicher, jünger, politischer, integrierter und wahrnehmbarer werden. Mein Vorgänger Helmut Teßmer ist fast 74 Jahre alt. Ich bin zwar auch aus dem Juso-Alter heraus, aber dennoch geht es darum, eine jüngere Generation heranzuführen – auch mit Blick auf das Durchschnittsalter unserer Ratsmitglieder. Man kann absehen, dass einige vermutlich bei der nächsten Kommunalwahl nicht mehr antreten werden. Ebenso müssen wir alle Wahlbezirke in Alfter mit Kandidaten bestücken. Auch in der gesamten Partei ist der Altersdurchschnitt hoch.

Sind junge Leute denn (wieder) an Politik interessiert?

Angrick: Das kann man sagen. Eines unserer neuen Mitglieder ist ein 14 Jahre altes Mädchen. Sie ist exakt an ihrem 14. Geburtstag – das ist das Mindestalter – eingetreten.

Eines der Stichworte Ihrer Rede war „mehr“. Wovon hatte die Alfter SPD dann bislang zu wenig?

Angrick: Das „Mehr“ bezieht sich in erster Linie auf mehr Köpfe, mehr Mitglieder. In der Folge wollen wir mehr Menschen von uns überzeugen und bessere Ergebnisse erzielen. Auch bei der kommenden Landtagswahl. Was wir inhaltlich mehr machen müssen, ist sich unters Volk zu mischen. Wir sind nicht richtig im Ortsleben drin und müssen uns noch mehr einbringen – sei es in Vereinen oder bei Veranstaltungen.

Welche Themen spielen dabei eine Rolle?

Angrick: Die Themen in Alfter liegen auf der Hand. Da ist die Verkehrsproblematik, etwa auf der Almabrücke. Mit einem Kreisverkehr an der Ecke Medinghovener Straße/Ziegelweg könnte man mindestens zwei Ampeln abschaffen. Wenn die Sanierung des Bonner Tausendfüßlers beginnt, wird die Verkehrssituation dort noch übler. Außerdem brauchen wir mehr bezahlbaren Wohnraum in Alfter. Es sind nicht nur die demnächst anerkannten Flüchtlinge, die Wohnungen suchen. Das Dritte ist der Wunsch, in Alfter eine weiterführende Schule zu haben. Ich bin aber nicht optimistisch, dass das in absehbarer Zukunft zusammen mit Rheinbach funktioniert. Ein großer Klotz für die Gemeinde sind die Verschuldung und das Haushaltssicherungskonzept.

Ein weiterer Punkt in Ihrer Rede war, dass die SPD Alfter integrativer werden soll. Wie kann man mehr Menschen mit Migrationshintergrund für Politik begeistern?

Angrick: Wichtig ist, die gleiche Sprache zu sprechen. Ich bin ja auch Sprachpate im Asylkompass Alfter. Wir wollen aber auch von der anderen Seite herangehen. Wir haben nun einen ehemaligen afghanischen Diplomaten im Vorstand, um die Integration voranzutreiben. Er hat auch ein gutes Händchen, mit den Menschen, die im Container am Rathaus wohnen, zu kommunizieren.

Die nächste Kommunalwahl ist im Jahr 2020. Wo soll die SPD Alfter am Tag nach der Wahl stehen?

Angrick: Gestärkt. Ich glaube nicht, dass die SPD nur die drittstärkste Kraft in Alfter sein darf. Da muss mehr drin sein.

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