"Diva Colonia" Unbeschreiblich weiblich

KÖLN · Bei "Diva Colonia" werden Frauenrollen durch Männer gespielt - auch durch den Bonner Wolfgang Ferber.

Als Dominic Ferber seinen Vater im Januar 2012 am Eingang der Oper traf, wo der ihm die Eintrittskarten fürs Divertissementchen - das alljährliche Bühnenspiel der "Cäcilia Wolkenburg" - geben wollte, "da guckte der ganz verstört". Was jeder andere Sohn an Dominic Ferbers Stelle wohl auch getan hätte. Denn die Masken- und Kostümbildner der Oper hatten ganze Arbeit geleistet. Mit Make-Up, Perücke, maßgeschneiderter Garderobe und Pumps war aus dem Vater, sonst Verwaltungsbeamter im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, eine Frau geworden.

Begeisterte Divertissementchen-Fans waren Ferber senior und seine Frau Elisabeth schon lange. "Wir sind da über 20 Jahre jedes Mal hingefahren", erzählt der 58-jährige Bonner. Vor zehn Jahren wurden die beiden Ferbers Fördermitglieder. Seit 2011 ist Wolfgang Ferber selbst beim "Zillche", wie die Kölner die "Cäcilia Wolkenburg" liebevoll nennen, aktiv. Für Elisabeth Ferber war das keine Option. Denn die Bühnenspielgemeinschaft, da sie den Reihen eines Herrenchors entstammt, ist eine reine Männerdomäne. Was es mit sich bringt, dass die Frauenrollen vom "starken Geschlecht" übernommen werden. Und das unbeschreiblich weiblich.

So auch im Divertissementchen 2015, das den Titel "Diva Colonia" trägt, und noch bis zum 17. Februar im Musical Dome, dem derzeitigen Interimsquartier der Kölner Oper am Dom, aufgeführt wird. Ein hinreißendes Stück, turbulent, komisch und zugleich hochprofessionell. Inszeniert von Kalle Kubik mit rund 46 Sängern, plus 13, die im Ballett tanzen, den "Bergischen Symphonikern" und einer Band. Es spielt in der "Casa di Colonia", einem noblen Seniorenheim für Künstler, in dem einstige Dirigenten, Operndiven und Heldentenöre, Ex-Entertainer, -Chorsänger und -Musiker das Leben immer noch als ganz großen Auftritt in Szene setzen. Auch hier ist Ferber wieder mit von der Partie. Im gelben Kostüm, mit Baskenmütze, Blöckchen und Brille mimt der Bonner, der in der Gruppe 1. Bass singt, eine Reporterin, die mit ihren Kollegen von der Presse den immer noch glamourösen Ex-Bühnenstar Josepha von Pringsheim (Johannes Stolz) belagert.

Wer Ferber kennt - und ganz, ganz genau hinsieht -, erkennt ihn vielleicht schon vorher, beim hinreißenden "Einzug der Senioren" in den Saal. Inmitten der weißhaarigen, gebeugten und mit Gehstöcken bewehrten Schar mimt er eine Bewohnerin der "Casa di Colonia" im weißen Rock mit blauen Pünktchen, um sich, ganz zum Schluss, erneut zu verwandeln. In eine Dame mit Rokokoperücke. "Wir müssen uns mehrfach umziehen", sagt er, "aber dabei haben wir Hilfe, das wäre sonst gar nicht zu schaffen." In die Rolle einer Frau zu schlüpfen - auch als Aufrührerin, Ballbesucherin oder leichtes Mädchen war er schon in den drei vergangenen Jahren beim Divertissementchen zu sehen -, findet er immer noch faszinierend. "Das ist ja was ganz anderes als im Anzug im Beruf. Man versucht sich reinzufühlen, die Rolle ganz und gar auszufüllen."

Das Tragen von Strumpfhosen und Damenschuhen - in Größe 45/46 nicht eben leicht aufzutreiben -, so räumt er ein, sei allerdings anfangs "schon ungewohnt" gewesen. Am "Zillchen" reizt ihn besonders das Professionelle, "dass wir so toll von den Maskenbildnern und den Ausstattern der Oper zurechtgemacht werden, aber auch die Liebe, die Variationsbreite und der Einfallsreichtum, die in jedem Stück stecken." Die Proben für das, mit Pause dreistündige, Bühnenspiel, beginnen schon im Oktober: "Da treffen wir uns zweimal die Woche, im Januar dann jeden Tag." Die Rollen werden bereits im Sommer vergeben, je nach Eignung und Stimmlage. So spielt etwa in der aktuellen Inszenierung der Rheinbacher Dirk Pütz die liebreizende, aber dennoch handfeste Betty, die Tochter von Angela Ammon-Delfosse (Martin Hillebrand), der ärgsten Rivalin der adligen Diva. Deren Sohn Wilhelm (Johannes Fromm) sich prompt in das "lecker kölsch Mädche" verliebt. Romeo und Julia lassen grüßen.

Das Repertoire von "Diva Colonia" - Schlager, Volks- und Karnevalslieder, Pop-, Soul- und Rockstücke, Arien, klassische und geistliche Chorliteratur - ist überaus umfangreich und es stellt hohe Anforderungen an Ferber und seine Kollegen im Alter von Anfang 30 bis weit über 70. Auch jedes Jahr rund 20 Mal vor fast 2000 Menschen aufzutreten, war für Ferber eine Umstellung: "Vorher hatte ich nur ein bisschen gesungen. Im Projektchor an der Schule meiner Tochter Jaqueline, der Liebfrauenschule, der aus Eltern, Schülern und Lehrern besteht."

Divertissementchen 2015: Aufführungen bis Dienstag, 17. Februar, Kölner Oper am Dom, Goldgasse/Breslauer Platz. Karten: 0221/ 22 128 400 oder operkoeln.com.

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