Interview zur Situation in Rheinbach Stille Kritiker setzten den Stadtsoldaten zu

Rheinbach · Die Spatzen pfeifen es bereits von den Dächern: Bei den Stadtsoldaten, dem mit rund 350 Mitgliedern nach eigenen Angaben größten Verein in Rheinbach, herrscht dicke Luft. Willi Hohn und Alfred Eich stehen Rede und Antwort.

 Stdtsoldaten: Elfred Eich als Zugleiter in seiner Eigenschaft als amtierender Vorsitzender des Festausschusses Rheinbacher Karneval

Stdtsoldaten: Elfred Eich als Zugleiter in seiner Eigenschaft als amtierender Vorsitzender des Festausschusses Rheinbacher Karneval

Foto: Axel Vogel

Herr Hohn: Was ist genau auf der letzten Jahreshauptversammlung passiert?

Willi Hohn: Nach der Entlastung des Vorstands ist der komplette Vorstand zurückgetreten, weil wir den Weg für einen Neuanfang freimachen wollten.

Warum war der nötig?

Hohn: Weil dem Verein und dem Vorstand bereits seit über einem Jahr eine kleine Gruppe von Mitgliedern das Leben schwer macht, die einfach nicht mit konstruktiver Kritik aufwarten kann oder will, dafür aber hinter den Kulissen viel schlechte Stimmung erzeugten. Etwa indem sie kurzfristig ihre Mitwirkung an unseren Karnevalsveranstaltungen infrage gestellt hat und wir aufwendig neu planen mussten. Das hat uns viel Zeit und Nerven gekostet, aber wir haben es geschafft.

Sie gehören seit über 40 Jahren den Stadtsoldaten an, davon rund zwei Jahrzehnte in leitender Funktion. Müssen Sie sich den Vorwurf gefallen lassen, auch einer zu sein, der nicht loslassen kann?

Hohn: Nein, das ist nicht richtig. Ich wollte ja schon längst den Vorsitz abgeben. Das wäre vor allem nach einem schweren Unfall vor zwei Jahren, bei dem ich etwa sechs Monate außer Gefecht war, ganz in meinem Sinne gewesen. Aber das war genau das Problem: Manches war in dieser Zeit in dem Verein aus dem Ruder gelaufen und viele Mitglieder baten mich 'Willi, mach weiter'. Trotzdem wollten wir jetzt ganz offiziell auf der Jahreshauptversammlung mit unserem Rücktritt all jenen Kritikern die Chance geben, selbst Verantwortung zu übernehmen.

Aber aus einem Neuanfang wurde nichts, die Kritiker kamen nicht aus der Deckung?

Hohn: Genau. Es hatte sich zunächst niemand für die Wahl zum Vorsitzenden gemeldet! Da in dem Fall ein Notvorstand von Gerichts wegen hätte bestellt werden müssen, erklärte sich aus guter Absicht heraus ein Mitglied zur Kandidatur als Vorsitzende bereit – und wurde auch gewählt. Allerdings nur, um zwei Tage später wieder zurückzutreten. Auch der neugewählte Zahlmeister kündigte seinen Posten wenige Tage nach der Wahl auf. Das bedeutet: Es gibt derzeit keinen handlungsfähigen Vorstand.

Immer wieder gibt es Kritik an dem Vereinsmitglied und bekannten Rheinbacher Unternehmer Wilfried Eichen. Dieser würde dank seines großzügigen Sponsorings den Verein „fernsteuern“, der Vorstand sei quasi seine Marionette, heißt es.

Hohn: Das ist völliger Unsinn. Wilfried Eichen unterstützt uns unbestritten seit Jahren äußerst großzügig, aber das tut er im Hintergrund. Er ist überhaupt kein Mensch, den es in die erste Reihe drängt. Außerdem ist er jemand, der bei jeder Veranstaltung mit anpackt, er ist der Erste und der Letzte, und dabei nimmt er sich total zurück. Obwohl er in erster Linie zusätzlich einen großen Betrieb leitet. Aus meiner Sicht können die Stadtsoldaten froh sein, einen solchen Förderer zu haben, der etwa maßgeblichen Anteil daran hat, dass wir in unserem Verein mit 18 Mann das größte Kavalleriekorps im Rhein-Sieg-Kreis stellen. Das könnten wir uns ansonsten mit unseren erhobenen 36 Euro Mitgliedsbeitrag pro Person überhaupt nicht leisten.

Alfred Eich: Man muss in dem Zusammenhang auch ganz klar sagen: Ohne einen Sponsor wie Wilfried Eichen müssten die Stadtsoldaten viele Aktivitäten zurückschrauben beziehungsweise ganz aufgeben. Was beispielsweise der Autokonzern VW für den Bundesligisten VFL Wolfsburg ist, ist Herr Eichen für die Stadtsoldaten und da ist es doch dann auch völlig legitim, dass er sich auch an der ein oder anderen Stelle erkennbar etwa mit Werbung in den Verein einbringt. Auch das sei hier gesagt: Andere Bonner Karnevalsvereine würden ihn mit Kusshand nehmen und mit der Sänfte abholen.

Herr Eich, für Sie als amtierender Vorsitzender des Festausschusses Rheinbacher Karneval ist gerade Streit in Karnevalsvereinen nichts Ungewöhnliches.

Eich: Lassen Sie es mich einmal so sagen: Im Festausschuss sind alle Rheinbacher Karnevalsvereine Mitglied. Es gibt überall immer mal wieder Diskussionen. Das kann aber auch eine Chance sein. Wichtig ist, dass die Diskussionen und Kritiken konstruktiv geführt werden ohne Polemik und ohne Populismus. Man sollte schon wissen, was man kritisiert. Ich wünsche den Stadtsoldaten, dass die Angelegenheit sehr bald wieder in ruhiges Fahrwasser kommt.

Herr Hohn, wie geht es jetzt weiter mit den Stadtsoldaten? Haben die überhaupt eine Zukunft?

Hohn: Für den 16. August ist eine außerordentliche Mitgliederversammlung angesetzt und auf der soll ein neuer Vorstand gewählt werden.

Werden Sie antreten?

Hohn: Lassen Sie uns erst einmal abwarten, was da passiert. Auf jeden Fall bin ich hundertprozentig davon überzeugt, dass die Stadtsoldaten weiter bestehen werden. Wir sind ein wirtschaftlich höchst gesunder und vor allem im Grundsatz sehr vitaler Verein, der auch noch viele Pläne hat. Erinnern möchte ich daran, dass die Mitglieder 2017 beschlossen haben, dass unser Verein eine Wagenhalle bauen soll. Das Gelände im Gewerbegebiet hierfür haben wir bereits, sodass wir bauen können. Hierbei hat uns die Stadt Rheinbach tatkräftig unterstützt. Auch die Banken stehen hier an unserer Seite. Dieses Vertrauen dürfen wir nicht verspielen.

Eich: Auch ich gehe davon aus, dass wir bald einen handlungsfähigen Vorstand bei den Stadtsoldaten haben werden. Denn ich kann mir einen Karneval ohne diesen Verein schlichtweg nicht vorstellen, der nun schon über 100 Jahre besteht. Allerdings muss bald gehandelt werden: In gut drei Monaten ist Sessionsbeginn und es stehen zahlreiche Veranstaltungen auf dem Programm, die viel Organisationsvorlauf haben. Hier müssen auch Verträge geschlossen werden, die keinen Aufschub zulassen.

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