Pendleratlas für Autofahrer Den meisten Stau gibt es in NRW

Düsseldorf · Nordrhein-Westfalen bleibt deutschlandweit Stauland Nummer Eins. Das hat der ADAC ermittelt. Autofahrer müssen immer länger warten.

 Autos stehen im Stau. (Symbolfoto)

Autos stehen im Stau. (Symbolfoto)

Foto: dpa/Sina Schuldt

Weniger Staus, längere Wartezeiten – so lässt sich die Bilanz des Allgemeine Deutsche Automobil-Clubs (ADAC) für die Verkehrslage auf den Autobahnen in 2019 zusammenfassen. Der Verkehrsclub veröffentlichte am Donnerstag seine ausführliche Staubilanz – im Vorjahr noch Anlass für großen Ärger mit dem Verkehrsministerium in Nordrhein-Westfalen. Und dieses Jahr?

■ Was besagt die Statistik?

453 000 Kilometer Stau hat der ADAC in 2019 auf den 31 Autobahnen im Land ermittelt, verursacht durch 264 000 Staus. Beide Werte sind im Vergleich zum Vorjahr leicht gesunken, um 6,8 Prozent beziehungsweise vier Prozent. Deutlich gestiegen ist jedoch die Dauer der Verkehrsstörungen: Rund 171 000 Stunden steckten Autofahrer im vergangenen Jahr auf den knapp 4400 Autobahn-Kilometern in NRW im Stau oder stockenden Verkehr – ein Anstieg um elf Prozent.

Diese Zahl zeigt, dass es den Autofahrern nur wenig nützt, dass es weniger Staus und weniger Staukilometer gibt, wenn aber die verbleibenden Staus umso schlimmer sind. Weil es viele große Autobahnbaustellen gibt, hängen Pendler oft länger als eine Stunde in der Schlange.

Gibt es andere Zahlen?

Ja, der Landesbetrieb Straßenbau NRW erfasst mittels Induktionsschleifen eigene Stauwerte. Diese weichen traditionell stark von den Werten des ADAC ab. So kommt Straßen NRW für 2019 auf einen Stauwert von rund 131 000 Kilometern – weniger als ein Drittel des ADAC-Werts.

Welche Reaktionen gab es aus dem Verkehrsministerium?

Hitzig ging es zu im vergangenen Jahr zwischen dem Verkehrsministerium und dem ADAC Nordrhein. Als „wenig plausibel“ bezeichnete Staatssekretär Hendrik Schulte die damals vorgestellten Stauzahlen. In der Folge kam es zu mehreren Treffen zwischen Schulte und ADAC-Verkehrsexperte Roman Suthold, bei denen man sich letztlich einigte, die verschiedenen Messverfahren als Ursache für die deutlichen Differenzen zu akzeptieren.

 Und siehe da: Nachdem der Club am Donnerstag seine neusten Zahlen verkündete, zeigte sich Verkehrsminister Hendrik Wüst (CDU) zufrieden: „Es freut mich, dass der ADAC einige gute Entwicklungen in Nordrhein-Westfalen dokumentiert.“

Was sind die staureichsten Strecken in NRW?

Elf der 15 bundesweit am stärksten belasteten Streckenabschnitte liegen in Nordrhein-Westfalen.  Besonders betroffen waren die Autobahnen in den Ballungsräumen Rheinland und Ruhrgebiet: die A 1, A 40, A 3 und A 46. Fast 16 000 Staus auf dem Ruhrschnellweg zwischen Essen und Dortmund bedeuten den landesweiten Höchstwert. Die längste Wartezeit mussten Autofahrer auf der A 1 zwischen Köln und Dortmund einplanen; hier staute es sich 2019 über 12 700 Stunden.

■ Wann gab es die meisten Staus?

Die Monats-Auswertung des ADAC belegt, was Autofahrer gefühlt Jahr für Jahr erleben: Sobald es früher dunkel und das Wetter schlechter wird, werden die Straßen voller. So sind die mit Abstand staureichsten Monate der Oktober (46 177 Kilometer) und November (45 393 Kilometer). Am wenigsten los ist im August (30 928 Kilometer), wenn weite Teile des Landes die Sommerferien genießt. Bemerkenswert: Bundesweit ist der August der Monat mit den längsten Staus – den Urlauberströmen Richtungen Norden und Süden wegen.

Was sind die Stauursachen?

„Die gewaltigen Pendlerströme und der starke Transitverkehr in NRW sorgen in Kombination mit der hohen Anzahl von Baustellen unverändert für großes Staupotenzial“, sagt ADAC-Verkehrsexperte Suthold. Seit 2010 ist die Zahl der Pkw in NRW um 13 Prozent gestiegen, die tägliche Verkehrsbelastung liegt 22 Prozent über dem Bundesdurchschnitt. Gleichzeitig investierte das Land im vergangenen Jahr allein 800 Millionen Euro in die Sanierung und knapp 270 Millionen Euro für Neu- und Ausbau von Autobahnen. Investitionen, die Stau verursachen, die aber für Minister Wüst unerlässlich sind: „Der Verkehrsstau von heute ist der Sanierungsstau von gestern. Die Investition von heute ist die freie Bahn von morgen.“

■ Wie geht es weiter?

Der ADAC rechnet damit, dass die Lage sich im Jahr 2020 nicht wesentlich bessert, vorrangig weil viele große Baustellen noch den Verkehr behindern. „Bauzeit bleibt leider Stauzeit“, sagt Suthold. „Die Autofahrer brauchen wieder viel Geduld.“ Erst 2030 könnte es sich „in NRW etwas entspannen, wenn der Investitionsstau abgebaut ist und große Bauprojekte abgeschlossen sind.“

Straßen NRW bestätigt auf Nachfrage die Einschätzung. So gäbe es große Bauprojekte in 2020 im Rheinland unter anderem auf der A 1 zwischen dem Autobahnkreuz Leverkusen und dem Autobahnkreuz Köln-Nord, auf der A 46 zwischen Haan-Ost bis Wuppertal, auf der A 3 zwischen Hilden und Solingen bis Ende 2021 und auf der A 3 zwischen Köln-Heumar und dem Autobahnkreuz Bonn/Siegburg. Für eine hohe Belastung wird außerdem führen, dass das Autobahnkreuz Duisburg-Kaiserberg zu großen Teilen bis 2024 erneuert werden soll.

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